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Wenn man die Leitfragen des Themendossiers „Deutsche und Juden im östlichen Europa“ in die Vormoderne hinein erweitert, können die Begrifflichkeiten, wie sie im Eingangsbeitrag angeführt sind, nicht ohne weiteres übernommen werden. Dort wird von klar definierten Gruppen „als Minderheiten mit eigenem Glauben, eigener Sprache und eigenem kulturellen Selbstbewusstsein“ ausgegangen, die in ihren gegenseitigen Verflechtungen wie in den Beziehungen „zu den fremden Mehrheitsbevölkerungen“ zu betrachten seien. Hier wird zunächst erst einmal zu fragen sein, ob und wie Migrantinnen und Migranten in ihrer neuen Umgebung als Angehörige von Gruppen zusammengedacht wurden – und wie sich diese Gruppenzuschreibungen dann zu unseren modernen Begriffen verhalten.
Die Quellen zur Migrationsgeschichte benutzen die lateinischen Termini „Judaei“ und „Teutonici“. Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob und inwieweit diese Bezeichnungen mit unseren modernen Begriffen von „Juden“ und „Deutschen“ übersetzt werden können. Er fragt zudem auch nach der Verortung dieser Menschen in der Zielgesellschaft – nach persönlichen Kontakten, nach lokalen und regionalen Gemeinschaftsbildungen. Wenn wir so das Augenmerk auf „Aspekte einer historischen Verflechtung“ legen, müssen wir uns, zumindest für die hier betrachtete Epoche, vom Begriff der „Minderheit“ verabschieden. Die Vorstellung von „Minderheiten“ ist ein dezidiert neuzeitliches Konzept und setzt ein politisches Denken voraus, welches „Mehrheiten“ als gesellschaftlich wirkende Kräfte begreift.[1] Es stellt nicht die Menschen als Individuen in den Vordergrund, sondern definiert Gruppen als Kollektivakteure. Dies entspringt der Vorstellungswelt des nationalen Zeitalters, die als „methodischer Nationalismus“ mittlerweile nicht nur in der Ethnologie, sondern auch in der historischen Migrationsforschung überwunden wird.[2]
Daher greift dieser Text ein anderes aktuelles Stichwort auf: Menschen mit Migrationshintergrund – das sind nicht diejenigen, die sich auf den Weg machen, um in einem anderen Land eine neue Zukunft zu gewinnen. Es sind Menschen, die am Ziel der Migration angekommen sein möchten, die neue Nachbarn gefunden und ihr Leben in der neuen Gesellschaft eingerichtet haben. Doch nicht nur jene Menschen, die selbst migriert sind, werden damit belegt, sondern zumeist ihre Kinder, ja nicht selten auch noch die Enkelgeneration. Damit verändert sich aber die Perspektive: nicht mehr die eigenen Erfahrungen stehen nun im Mittelpunkt, sondern eine gesellschaftliche Zuschreibung, die jene Menschen als fremd und damit nicht zugehörig betrachtet. Nicht jeder Mensch, der an einem anderen Ort ansässig wird, erfährt diese Zuschreibung. Ob der „Migrationshintergrund“ früher oder später, oder überhaupt, uninteressant wird, weil die Menschen „angekommen“ sind, hängt nicht nur von Ihnen selbst oder Ihren Nachbarinnen und Nachbarn ab, sondern auch von politischen wie gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
Das bedeutet allerdings nicht aus „politischer Korrektheit“ jegliche Gruppenzuschreibungen zu ignorieren. In der mittelalterlichen Gesellschaft wurden die Vorstellungen vom Platz eines Menschen in der Gesellschaft nicht weniger als in der Moderne von der Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Gruppe geprägt. Dabei war aber jeder Mensch zur gleichen Zeit unterschiedlichen Gruppen zugeordnet, die je nach Kontext mehr oder weniger wichtig für seine soziale Verortung waren: so erhielt die Zuordnung als Christ Bedeutung in Abgrenzung zu Nichtchristen. Im zeitlichen und geographischen Horizont dieses Beitrags begründeten die christlichen Herrscher und ihre Gefolgschaften damit im 10. bis 12. Jahrhundert ihre Unterwerfungspolitik gegen pagane („heidnische“) Bevölkerungen zwischen Elbe und Oder, im 13. und 14. Jahrhundert gegen Pruzzen und Litauer, oder in den so genannten Kreuzzügen gegen Muslime im Mittelmeerraum seit 1096.[3] Ohne dass sie explizit als Ziele solcher „Heiliger Kriege“ benannt worden wären, wurden die in Europa ansässigen Juden seit den Verfolgungen im Gefolge des ersten Kreuzzugs immer wieder zu Opfern von Gewalt, weil sie in einer solche Gleichung auf der Seite der „anderen“ verortet wurden.[4] In der Nachbarschaft katholischer und orthodoxer Christen wurde die religiöse „Wir-Gruppe“ dann auf die katholische Bevölkerung verengt, wobei im selben Gebiet ansässige armenische Christen je nach Situation als Schismatiker ausgegrenzt oder als enge Verbündete der katholischen Kirche umworben werden konnten.[5]
Jenseits des Religiösen begründeten Zuschreibungen zu sozialen Gruppen, – vor allem im Rahmen einer säkularen Ständeordnung als Bauern, Bürger, Adelige – regional und teilweise auch konfessionell übergreifende Wir-Gruppen.
Diese erfassten auch Menschen unterschiedlicher regionaler Zugehörigkeit oder Umgangssprache, was besonders in den umfangreichen Migrationsprozessen im Rahmen des sogenannten Landesausbaus seit dem späten 12. und frühen 13. Jahrhundert spürbar wurde. Im Folgenden stehen hier die polnischen Lande im Vordergrund – die von der Dynastie der Piasten regierten Herzogtümer und das spätere Königreich Polen. [Abbildung 1 und 2] Obwohl der wirtschaftliche und demographische Wandel ganz Mitteleuropa erfasste, waren die politischen Rahmenbedingungen und damit die Bedingungen für die ins Land kommenden Menschen in jedem Territorium verschieden.
Der Begriff Landesausbau steht für eine zielgerichtete landesherrliche Entwicklungspolitik, in deren Rahmen neue Wirtschafts- und Rechtsmodelle eingeführt und systematisch Menschen aus anderen Territorien angeworben wurden. An die Stelle der früheren getrennten Markt- und Handwerkssiedlungen, welche direkt den fürstlichen Amtsträgern unterstanden, trat ein Netz von weitgehend selbstverwalteten Rechtsstädten; auf dem Land wurde das Dienst- und Abgabensystem ergänzt und später verdrängt durch Dorfanlagen mit fest vermessenen Feldern, welche den Bauern in erbliches Eigentum überlassen wurden. Die Landesherren sowie später auch grundbesitzende Geistliche und Adelige stellten Ländereien zur Verfügung und sorgten für Infrastrukturmaßnahmen, indem sie z.B. auf eigene Kosten ein zentrales Kaufhaus (wie die berühmten Tuchhallen in Krakau) und Kirchen errichten ließen. Die konkrete Ausgestaltung der neuen Siedlungen wie die Vermessung der Grundstücksparzellen in der Stadt oder der Felder auf dem Dorf, aber vor allem die Anwerbung neuer Siedler oblag privaten Unternehmern, den sogenannten Lokatoren. Dies galt nicht allein für die Neugründung von Städten und Dörfern, sondern selbst für die Neuorganisation der fürstlichen Zentren wie Breslau (1242 und 1262), Krakau (1257) und Posen (1253).[7] Im Lokationsprivileg für Posen ist beispielsweise ein „Martin aus Guben“ (das heutige Guben/Gubin an der Neiße) als Lokator benannt.
Die Lokationsunternehmer sollten ihre Kontakte nutzen, um neue Menschen zur Niederlassung in den Territorien zu bewegen. [Abbildung 3] Die neuen Strukturen sollten zunächst die vorhandenen ergänzen und so die Einnahmen des Landesherrn mehren. Erst in einer zweiten Phase wurden dann bisherige Siedlungen auf die neuen Wirtschafts- und Rechtsformen umgesetzt. Einen kleinen Teil der Zuwanderer bildeten eigens angeworbene Fachkräfte, wie die Wallonen in Schlesien, die wegen ihrer Kenntnisse bei der Trockenlegung von Sumpfland begehrt waren, oder Bergbauspezialisten, die z.B. in Sachsen Erfahrungen gesammelt hatten. Handwerker und Kaufleute kamen hingegen häufig aus benachbarten Territorien – nach Schlesien aus Sachsen, Thüringen und Franken, nach Kleinpolen dann häufig bereits aus Sachsen, nach Großpolen z.B. aus Brandenburg, usw. Urkunden des frühen 13. Jahrhunderts erwähnen neben den „Teutonici“ als Zielgruppe auch „Romani“ (Wallonen), vor allem als Spezialisten für Textilgewerbe und Bergbau.[8] Sie brachten ihre Fertigkeiten und Kontakte, aber auch Vorstellungen, wie sie das Leben in ihrer neuen Heimat organisieren wollten. Die unterschiedlichen Größen der flämischen und der fränkischen Hufe verweisen auf regionale Unterschiede. Doch die konkrete Herkunft der Einwanderer trat schnell in den Hintergrund; zusammenfassend wurden die neuen Einwohner in der Regel als „Teutonici“/ „Deutsche“ bezeichnet. [Abbildung 4]
Auch die neuen Formen von Stadt- und Dorfrecht wurden als „ius teutonicum“/„Deutsches Recht“ bezeichnet. Dies ist jedoch nicht gleichzusetzen mit „in Deutschland“ oder auch im Heiligen Römischen Reich geltendem Recht, welches die Siedler „aus ihrer Heimat“ mitgebracht hätten, wie dies in der älteren deutschsprachigen Forschung häufig angenommen wurde. Benedykt Zientara hat vielmehr deutlich gemacht, dass im „ius teutonicum“ Rechtsvorstellungen der Zuwanderer mit Elementen des einheimischen Rechts zu einer neuen Einheit verschmolzen wurden – im Heiligen Römischen Reich war der Begriff hingegen nicht gebräuchlich.[9]
In einigen Privilegien finden sich Klauseln, welche das neue Recht den Zuwanderern vorbehalten und die ansässige Bevölkerung explizit ausschließen. In der Urkunde Herzog Bolesławs des Schamhaften für Krakau 1257 wird die Motivation des Landesherrn für diesen Schritt deutlich ausgesprochen: „Die Vögte haben uns auch versprochen, dass sie keinen Hörigen von uns, der Kirche oder von sonst wem, auch keinen freien Polen, der bislang auf dem Lande gewohnt hat, zum Mitbürger machen, damit nicht durch solche Maßnahme Unsere oder die bischöflichen Landgüter bzw. die der Domherren oder anderer Herren veröden.“[10] Für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts hat Andrzej Janeczek für Rotreußen und das Großfürstentum Litauen eine Reihe von Urkunden Königs Władysław Jagiełłos und Großfürste Witolds analysiert, in denen eine solche Ausschlussklausel in eine religiöse Formulierung gekleidet war (exceptis schismaticis). Er arbeitet heraus, dass nicht die religiöse Diskriminierung der orthodoxen Bevölkerung durch den katholischen Herrscher im Zentrum dieser Vorschriften stand. Auch wenn die Kriterien religiös formuliert waren, stand in der Praxis eine ethnische Zuschreibung, nämlich der Ausschluss der ansässigen ruthenischen Bevölkerung dahinter.[11]
Sowohl in Polen im 13. Jahrhundert als auch in den ruthenischen Gebieten zu Beginn des 15. Jahrhunderts versuchten die Landesherren mit solchen Klauseln zu verhindern, dass die alten Strukturen zusammenbrächen, bevor die neuen begannen, Ertrag zu bringen. Wenn keine alten Strukturen in der Nachbarschaft gefährdet waren, gab es auch keine Ausschlussklauseln, bzw. sogar den Aufruf, Menschen jeden Standes, Geschlechts, jeder Art und Herkunft zusammenzurufen („hominibus cuiuscunque status aut sexus condicionis et generis collocare“), wie es in einem Privileg König Władysław Jagiełłos für den jüdischen Lokator(!) Wołczko aus Drohobycz im Jahre 1425 hieß.[12]
Juden waren nicht nur in einem solch einzigartigen Fall Teil der Landesausbaupolitik. In der Mitte des 13. Jahrhunderts erließen ostmitteleuropäische Landesherren Urkunden für Juden, die an kaiserliche Rechtssetzungen angelehnt waren. Kaiser Friedrich II. erließ 1236 ein Privileg für die Juden im Reich und 1238 ein erweitertes speziell für die Juden in der Stadt Wien. Als Herzog Friedrich von Österreich 1244 dann selbst eine Urkunde für die Juden in seinem Herrschaftsbereich ausfertigen ließ, ging es nicht so sehr um eine zusätzliche rechtliche Absicherung der jüdischen Bevölkerung, sondern der Herzog stellte damit das bisher vom Kaiser beanspruchte „Judenregal“ in Frage. In der Krise des staufischen Imperiums beanspruchte er eines der bislang exklusiv kaiserlichen Vorrechte für einen Territorialfürsten – mit dem Rechtsschutz ging immerhin auch die Steuerhoheit einher.
Nur wenige Jahre später folgten der König von Ungarn (1251), der König von Böhmen (1262 und 1268) sowie der Herzog von Großpolen (1264). Dieses erste polnische Judenprivileg orientierte sich in wesentlichen Punkten an der böhmischen Urkunde von 1262; es enthielt aber auch grundlegende Anpassungen an die großpolnischen Verhältnisse. Das Original ist nicht erhalten, doch der Text ist in der ersten Bestätigungsurkunde König Kasimirs des Großen von 1334 überliefert.[13] Somit hatten auch die herrscherlichen Privilegien für die jüdische Bevölkerung einen „Migrationshintergrund“. [Abbildung 5]
Die eingewanderten Handwerker und Kaufleute schlossen sich zu Bürgergemeinden zusammen, wie sie in ähnlicher Form auch in ihren Herkunftsregionen existierten. Besonderen Einfluss als Vorbilder für die Rechtsordnung der neuen Städte gewann das sogenannte Magdeburger Recht, das in seinen Grundlagen auf ein Privileg Erzbischof Wichmanns von Magdeburg aus dem Jahr 1188 zurückging. [Abbildung 6]
Es regelte die Teilhabe der Kaufleute am Gerichtsverfahren und bot ihnen damit eine Möglichkeit Einfluss auf die städtische Ordnung zu nehmen. In den Regionen an der Ostseeküste wurde das Recht der Seehandelsstadt Lübeck zu einem bevorzugten Muster, während in Bergbaustädten das sächsische Freiberg zum Vorbild wurde. Auch diese „Mutterstädte“ des sogenannten Deutschen Rechts (ius teutonicum) hatten ihre Ordnungen im Zuge herrschaftlicher Landesausbaupolitik im späten 12. Jahrhundert entwickelt. Die Stadtrechte dienten dazu, migrantischen Bevölkerungsgruppen einen stabilen Rechtsrahmen und attraktive Niederlassungs- und Partizipationsmöglichkeiten zu bieten. [Abbildung 7]
Ursprünglich sah die Magdeburger Urkunde von 1188 vor, dass dem Stadtherrn, der zugleich den Vorsitz im Gericht innehatte, sogenannte Schöffen aus den Reihen der Bürger gegenüberstanden. Diese sollten als Rechtskundige das Urteil finden, welches der Gerichtsherr dann verkündete und umsetzen ließ. Für die praktische Verwaltung der Bürgergemeinde entwickelte sich bald ein weiteres Gremium: der Rat. Wo der Stadtherr nicht selbst den Vorsitz im Gericht übernehmen konnte – also fast überall – setzte er einen Stellvertreter ein: den Vogt. Häufig wurde dieses Amt anfangs dem Lokationsunternehmer übertragen, der damit zum Stellvertreter des Herrschers gegenüber der Stadtbevölkerung wurde. Die Räte wiederum bemühten sich, die Machtfülle des Vogtes zugunsten der bürgerlichen Selbstverwaltung zu beschränken. Bei einem Wechsel im Vogtsamt oder bei Konflikten zwischen Vogt und Herrscher bot sich die Gelegenheit, gegen eine Geldsumme, die Übertragung des Amtes auf den Rat zu erreichen. Dies stärkte die bürgerliche Selbstverwaltung gegen hoheitliche Eingriffe. Im Rahmen der sogenannten Stadtrechtsfamilien hatten die Selbstverwaltungen in den neugegründeten Städten die Möglichkeiten, sich mit Rechtsfragen an die Mutterstädte zu wenden.
Auf der anderen Seite bemühten sich die Landesherren die Einholung von Rechtsauskünften von jenseits ihres Territoriums zu unterbinden, um so ihre eigene Rechtshoheit zu unterstreichen. Im 13. Jahrhundert wurde das schlesische Neumarkt (Środa Śląska), das ursprünglich nach dem Vorbild des Stadtrechts von Halle an der Saale gegründet worden war, später zum sogenannten Oberhof für schlesische Städte. Im Jahr 1356 ernannte König Kasimir der Große Krakau zum Oberhof für das gesamte Königreich Polen. [Abbildung 8]
Der Unternehmenscharakter der Stadtlokationen führte dazu, dass die lokalen Eliten ihre Stellung gegen Konkurrenz abzusichern suchten. Dies geschah zumeist über informelle Barrieren wie die Kooptation neuer Mitglieder, sodass das Patriziat in der Regel über mehrere Generationen fast vollständig in der Hand der zugewanderten Familien lag.[14]
Derartige Schranken existierten hingegen bei der Aufnahme neuer Bürger in die Stadt zumeist nicht. Die Aufnahmen ins Bürgerrecht zeigen z.B. in Krakau im 15. Jahrhundert einen ständig wachsenden Anteil polnischer Neubürger und einen langsamen Rückgang deutscher Zuwanderer, während die Posener Neubürger sich um 1450 bereits ganz überwiegend aus dem näheren Umland rekrutierten und Einwanderer aus dem Heiligen Römischen Reich oder Ungarn nur einen geringen Prozentsatz ausmachten.[15] Insgesamt ließ die Dynamik der Lokations- und Migrationsprozesse in den polnischen Kernlanden im Lauf des 15. Jahrhunderts merklich nach. Die Stadtgesellschaften stabilisierten sich und neue soziale Konflikte traten in den Vordergrund, besonders die Handwerkerschaften (Zünfte) versuchten ihren politischen Einfluss gegenüber den von den Kaufleuten dominierten Räten zu vergrößern.
Ebenfalls seit dem späten 15. Jahrhundert wuchs die Akzeptanz das Polnische nicht nur als mündliche Umgangssprache, sondern auch in der schriftlichen Kommunikation zu nutzen. Der Rektor der Krakauer Universität, Jakub Parkosch de Żorawicze (Parkossius, gest. 1452), verfasste vor 1470 ein Traktat über die polnische Orthografie, der in mehreren Handschriften überliefert ist, aber nicht gedruckt wurde.[16] Im 16. Jahrhundert wurde das Polnische auch in den Akten und Protokollen des Krakauer Magistrats etabliert. In den vorausgehenden Polemiken hatten die Zünfte die Sprachfrage genutzt, um ihrer Forderung nach Veränderungen in den Strukturen auch kulturell Nachdruck zu verleihen. Die Räte, die zu einem großen Teil aus ehemaligen Migrantenfamilien stammten, unterstützten den kulturellen Wandel, um sich in personalen Fragen dann umso beharrlicher zu zeigen.[17]
Im Humanismus veränderte sich auch das historische Bewusstsein der gelehrten Welt – an die Stelle christlicher Universalgeschichten traten nun nationale Geschichtsentwürfe, welche auf die historische Herleitung des jeweils „eigenen“ Territoriums zielten. Damit veränderte sich auch die Wahrnehmung migrantischer Menschen im gelehrten Diskurs. Ein frühes und von der nationalistischen Geschichtsschreibung gern zitiertes Beispiel ist ein Zitat von Rudolf Agricola (1490-1521), ein von Kaiser Maximilian als Dichterfürst („poeta laureatus“) geehrter Gelehrter, der seit 1510 den größten Teil seines Lebens in Krakau verbrachte. Agricola beobachtete die Haltung der deutschsprechenden Bürger während des Krieges zwischen dem Deutschen Orden und Polen 1519 bis 1521 und wunderte sich über deren fehlendes „nationales Bewusstsein“: „Es tut mir sehr leid, länger in Krakau zu verweilen. Es gibt keinen Deutschen, der nicht schlechter als die Juden behandelt würde. Es gibt keinen Grund, dem ganzen Krakau und insbesondere den polonisierten Deutschen (polonicati Germani) zu glauben, die uns Ausländer mit keinerlei Liebe umgeben. Sie folgen nämlich dem Schicksal des Krieges. Wenn die Deutschen siegen, freuen sie sich mit ihnen. Wenn die Polen – dann mit den Polen“.[18]
Während sich die Migrationen der „Teutonici“ von Anfang an klar an territorialen Grenzen orientierte, bewegten sich die „Judaei“ anfangs in einem gemeinsamen Raum. Der biblische Begriff „Aschkenas“ stand zwar seit dem Mittelalter für das Heilige Römische Reich bzw. den deutschen Sprachraum, aber das Adjektiv „aschkenasisch“ bezeichnete allgemeiner die jüdische Kultur in Mitteleuropa, von Norditalien und dem Elsass bis nach Ungarn und Litauen. „Polin“ etablierte sich erst zu Beginn der Frühen Neuzeit, und nicht als Abgrenzung gegenüber Deutschland, wohl aber als erläuternde Ergänzung. In der Doppelform „Aschkenas u-Polin“ spiegelte sich weiterhin die räumliche Einheit, aber auch die Verschiebung der kulturellen Zentren seit dem 16. Jahrhundert.[19]
Seit dem 19. Jahrhundert wurde in der Historiographie die jüdische Migration nach Polen meist als Flucht vor Verfolgungen und Vertreibungen im Reich interpretiert, als Wellen von Einwanderung beginnend nach dem ersten Kreuzzug (1096) über die Pestverfolgungen 1348-1350 bis hin zu den Vertreibungen zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit Regensburg 1519 als Endpunkt.[20] Diese Interpretation war von Anfang an mehr von modernen Vorbildern inspiriert – vor allem von der sogenannten Großen Emigration von Polen nach dem Scheitern des Novemberaufstandes 1830/31, als die geschlagenen Aufständischen in geschlossenen Verbänden bis nach Frankreich zogen. Untersuchungen zu den jüdischen Migrationen im Reich nach 1350 haben gezeigt, dass die Menschen damals vor allem in benachbarte Städte oder Territorien zogen und enge Kontakte in ihre alte Heimat aufrechterhielten.[21]
Hinweise auf jüdische Anwesenheit in Polen finden sich sporadisch seit der Mitte des 11. Jahrhunderts, wo eine Gemeinde mit einem innerjüdischen Gericht („bet din“) in einer rabbinischen Quelle belegt ist. Im 13. Jahrhundert gibt es dann weitere Belege, die eine Präsenz an den Zentren der Fürstenmacht zeigen (Breslau 1203, Płock 1237, Kalisz 1287).[22] Das oben erwähnte Privileg des Herzogs von Großpolen aus dem Jahre 1264 ist bereits im Zusammenhang mit der Landesausbaupolitik zu sehen. Wie es Urkunden für die Anwerbung von Bauern, Handwerkern und Kaufleuten oder auch Bergleuten gab, so betraf auch das jüdische Privileg einen Wirtschaftszweig, der besonders gefördert werden sollte: dies war das Kreditwesen. Der größte Teil der wirtschaftlichen Regelungen im Generalprivileg (13 von 36 Paragraphen) war diesem Feld gewidmet, während zum Handel nur gesagt werden musste, dass Juden, ebenso wie Christen, völlige und unumschränkte Handelsfreiheit besaßen. Ähnlich wie in den Lokationsprivilegien sah die Urkunde Regelungen für eine Selbstverwaltung der neuen Untertanen vor. Sie grenzte die jüdische deutlich von der städtischen Gerichtsbarkeit (im Sinne der stadtbürgerlichen) ab. Der oberste Beamte des Herrschers, der Wojewode, solle einen geeigneten Adeligen als Judenrichter (Iudex Judeorum) einsetzen, gegen den an das Gericht des Wojewoden und später des Herrschers appelliert werden konnte. Der Judenrichter war in Streitfällen zwischen Juden und Nichtjuden der erste Ansprechpartner; bei innerjüdischen Konflikten war hingegen das jüdische „Bet Din“ unter Vorsitz des Rabbiners und/oder der Gemeindeältesten zuständig. Als Gerichtsort war die Synagoge vorgesehen, außer bei Fällen, die vor dem Gericht des Wojewoden oder Monarchen verhandelt wurden.[23]
Die jüdischen Viertel in den Lokationsstädten wurden jeweils am Rande in die neu angelegten Stadtgrundrisse einbezogen. Es gibt Hinweise darauf, dass hier ähnlich wie bei vormaligen Kaufmannssiedlungen, die häufig den Kern der neuen Stadtanlage bildeten, auch bereits bestehende Siedlungskerne in die Lokationsstadt integriert wurden.[24] Dies lässt die Randlage der jüdischen Viertel mit der Synagoge als Zentrum nicht als Ausgrenzung erscheinen, sondern im Gegenteil, als bewusste Einbeziehung in den Schutz der Stadtmauern. [Abbildung 9] Die ältesten städtischen Akten, die in Krakau bis an den Anfang des 14. Jahrhunderts zurückreichen, bestätigen, dass Juden ohne Einschränkungen Immobilien in der Stadt erwerben und verkaufen konnten.[25] [Abbildung 10]
Früheste Belege zur Wirtschaftstätigkeit weisen deutliche Parallelen zum früh- und hochmittelalterlichen Reich auf. Dort waren Juden seit dem 10. Jahrhundert als Händler anzutreffen, zunächst im Fernhandel und später auch lokal. Ab dem 12. Jahrhundert sieht man sie eingebunden in Herrschaftsaufgaben, als Verwalter von Münzstätten und Zollstellen. Seit dem 13. Jahrhundert ließ die jüdische Handelstätigkeit im Reich jedoch nach und das Kreditwesen trat in den Mittelpunkt.[26] Analog, wenn auch etwas später, berichten die polnischen Quellen seit dem spätem 12. Jahrhundert von Juden als Münzmeistern im Dienst verschiedener polnischer Herzöge.[27] Im 14. Jahrhundert übertrug König Kasimir dem Juden Lewko aus Krakau die Leitung der Saline in Wieliczka; dabei war er Teilhaber eines Konsortiums mit Krakauer Bürgern. Seit dem 15. Jahrhundert amtierten Juden in großer Zahl als Leiter von Zollstellen, besonders im Südosten des Königreichs.[28] Bemerkenswert sind die Belege zum Kreditverkehr. Die sehr ausführlichen Regelungen des Generalprivilegs legen nahe, hier einen Schwerpunkt des jüdischen Wirtschaftslebens zu suchen. In den Krakauer städtischen Akten bildet sich aber eine andere Situation ab: während die ältesten Einträge zu Juden bis ins Jahr 1301 zurückreichen, ist erst im Jahre 1365 ein erster Kreditvertrag zwischen einem Juden, Lewko aus Krakau, und einem Bürger verzeichnet. Am Ende des 14. Jahrhunderts wurde dieser Lewko dann zu einem wichtigen Kreditgeber, nicht nur in der Stadt, sondern auch gegenüber dem König und Adeligen.[29]
Die Dominanz der aktiven Kreditvergabe im jüdischen Wirtschaftsleben endete in Krakau allerdings in der folgenden Generation, ungefähr zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Handelsoperationen und damit auch die Kooperation mit Bürgern traten in den Vordergrund; Juden erschienen in den Quellen zunehmend als Kreditnehmer. In Posen und Lemberg vollzog sich diese Entwicklung etwas später, aber ebenfalls in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Im Wirtschaftsleben zeigen sich im Verlauf des 15. Jahrhunderts enge Verbindungen zwischen Juden und Nichtjuden – Bürgern ebenso wie Adeligen. Juden waren nicht nur Kreditnehmer und Kreditgeber von Bürgern und Adeligen, jene traten auch als Bürgen für Juden gegenüber auswärtigen Gläubigern in Erscheinung. In Posen wurden in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts Schuldbriefe bei einem jüdischen Gläubiger zwischen Bürgern als Sicherheiten eingesetzt. Intensive Kreditbeziehungen sind somit nicht, wie es die ältere Historiographie oft behauptete, ein Zeichen für Ausbeutung und Überschuldung, sondern sie belegen im Gegenteil, ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen, welches die Finanzierung von Unternehmungen begünstigte, die von einer Person allein so nicht durchgeführt werden konnte. Wenn man den Kreditmarkt insgesamt betrachtet, so waren Juden an fünf Prozent der Transaktionen beteiligt – die meisten Geschäfte fanden also immer zwischen nichtjüdischen Partnern statt. [30]
Seit dem späten 15. Jahrhundert verschoben sich die wirtschaftlichen Strukturen im Königreich allmählich. Auf der einen Seite gewannen Fernhandelsbeziehungen zu den Ostseestädten, ins Großfürstentum Litauen und in Richtung Schwarzes Meer (erneut seit dem zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts) an Bedeutung, zum anderen verschlechterte sich die Lage in den Städten. Soziale Konflikte innerhalb der Bürgerschaft, vor allem zwischen den Ratsfamilien und den nach politischer Beteiligung strebenden Zunftmeistern sollten kanalisiert werden, indem der Unmut auf andere Gegner abgeleitet wurde. In Krakau und später in Posen wurden die Juden zur Ursache wirtschaftlicher Probleme stilisiert, in Lemberg traf es zunächst die Bewohner der Vorstädte und dann neben den Juden auch die in der Stadt lebenden Armenier.[31]
Eine solche Ausgrenzungspolitik diente zur Ablenkung von anderen Problemen in den Städten. Deren politische Einflussmöglichkeiten auf Reichsebene gingen im Zuge des sich organisierenden polnischen Parlamentarismus zurück,[32] der Fernhandel wurde durch die anhaltenden Probleme mit dem Deutschen Orden an der Ostsee sowie die Eroberung der nördlichen Schwarzmeerküste beeinträchtigt. Doch auch beim polnischen Adel fand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts antijüdische Polemik zunehmend Gehör. Mit ihr ließ sich der Konflikt mit dem König um Partizipationsrechte des mittleren und niederen Adels (Szlachta) auf einen Nebenschauplatz umlenken.[33] Ihren Höhepunkt erreichte die antijüdische Kampagne auf dem Reichstag 1538, wo eine Reihe einschneidender Restriktionen gegen die jüdische Wirtschaftstätigkeit beschlossen wurde. Diese Maßnahmen wurden aber nicht in die Wirklichkeit umgesetzt. Denn dass es sich bei den antijüdischen Gesetzen um eine Form von Symbolpolitik gehandelt hatte, mit der ganz andere Konfliktfelder adressiert werden sollte, zeigte sich im direkten Umfeld der Reichstagsverhandlungen. Dort traten Abgesandte des Danziger Magistrats auf und wollten sich auf eben jene gegen die Juden gerichtete Legislation berufen. Den Gesandten erteilte der König jedoch die Auskunft, dass die Juden genau wie andere Untertanen des Königreichs Steuern zahlten und daher auch dieselben Rechte genössen. Juden die Handelsrechte in der Stadt abzuerkennen, sei daher nicht statthaft, und die königlichen Amtsträger seien angewiesen, etwaige Verstöße gegen dieses Dekret mit aller Strenge zu ahnden.[34]
Vor dem Hintergrund der Verfolgungen gegen Juden in Mittel- und Westeuropa an der Wende zur Neuzeit ließen sich derartige Diskussionen nicht einfach als unbedeutend abtun; auf der anderen Seite war die rechtliche und gesellschaftliche Lage der jüdischen Bevölkerung im Königreich Polen doch unvergleichlich besser als in den Nachbarländern. Aus der Mitte des 16. Jahrhunderts sind Äußerungen zweier herausragender jüdischer Gelehrter zu dieser Frage überliefert. Rabbi Moshe Isserles aus Krakau[35] äußerte sich gegenüber einem Bekannten, der eine Stelle als Rabbiner im Heiligen Römischen Reich antreten sollte, sich dann aber zur Rückkehr entschloss: „Besser ein Stück trocken Brot in Frieden, wie in diesen Gegenden ..., in denen ihr Hass nicht über uns zusammenschlägt wie in den deutschen Ländern“.[36] [Abbildung 11] Ähnlich schrieb Rabbi Hayyim ben Betsalel Friedberg,[37] der mit Isserles zusammen in Krakau studiert hatte: „Im Lande des Rabbi Moses Iserlin (Isserles) wird bekanntermaßen das Volk Gottes nicht beschämt oder getreten, wie in diesen Landen, und jeder Christ, der die jüdische Gasse betritt, ist beeindruckt und wagt es nicht, den Juden ein Leid zu tun“.[38]
Diese Reflektionen betonen den Kontrast zum Heiligen Römischen Reich, wo die Marginalisierung der jüdischen Bevölkerung auch dort ins Auge fiel, wo Juden weiter leben und wirken konnten. Angesichts der Konflikte und Einschränkungen vor allem in den Städten wurde bei Moshe Isserles aber auch Unsicherheit deutlich: „Der König und der Adel bevorzugen und fördern uns, solange da keine Schwätzer im Dunkeln sind, die wie mit scharfen Schwertern stechen“.[39]
Polemiken gegen Zuwanderer gab es nicht erst seit dem 16. Jahrhundert. Auch in früheren Jahrhunderten fanden fremdenfeindliche Argumente Eingang in die politische Debatte, um Anhänger zu mobilisieren und gesellschaftliche Spannungen emotional umzulenken. Die Zuwanderer wurden dabei jeweils als eine äußere Gefahr dargestellt, welche die Einheit der polnischen bzw. christlichen Gemeinschaft zerstören wolle und der ansässigen Bevölkerung Schaden zufüge.
Schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts fand ein Konflikt über die Landesgrenzen hinaus große Beachtung, in dem es um deutsche Zuwanderer in Schlesien ging. Die Bischöfe von Krakau und Breslau beklagten einen Sittenverfall durch die Zuwanderer. Diese pflegten vor Ostern eine Fastenzeit von 40 Tagen einzuhalten (also von Aschermittwoch bis Karfreitag), während die ansässige Bevölkerung traditionell 70 Fastentage (ab Septuagesimä, dem neunten Sonntag vor Ostern – drei Wochen vor Aschermittwoch) einhielt. Die Kritik der Bischöfe zielte nun nicht auf Auseinandersetzungen zwischen Eingesessenen und Zuwanderern, sondern darauf, dass die ansässige Bevölkerung die neuen Bräuche übernahm und ebenfalls zur kürzeren Fastenzeit überging. Die Kirchenfürsten sahen dadurch ihre Autorität unter den Gläubigen in Gefahr.[40]
Im Jahre 1285 wandte sich der Gnesener Erzbischof Jakub Świnka mit einem Brief an mehrere Kurienkardinäle und führte heftige Klagen gegen die „gens teutonica“ in Polen an. Dabei nahm er ältere Streitpunkte (Fastenregelung, Peterspfennig, Kirchenzehnt) auf, beschwor aber vor allem die äußere Bedrohung des Landes und stellte sie in einen Zusammenhang mit der deutschen Zuwanderung: „Nun kommen auch deutsche Ritter und Bauern nach Polen und besetzen Dörfer und andere Orte, die bisher Polen besessen hatten... denn das polnische Volk wird durch sie bedrängt, verachtet, durch Kriege erschüttert, der löblichen Rechte und Gewohnheiten des Landes beraubt, im Schweigen der tiefen Nacht auf seinem Eigentum gefangengenommen und, was noch schlimmer ist als dies, die Freiheit der Kirchen verletzt und die Kirchenzucht von ihnen verächtlich und überhaupt geringschätzig behandelt.“[41] Im Mittelpunkt seiner Anklage standen aber innerkirchliche Belange – die Unterstützung der schlesischen Franziskaner für Herzog Bolesław Rogatka im Streit mit Bischof Thomas II. von Breslau und vor allem das Verhalten der schlesischen Franziskaner. [Abbildung 12 und 13] Die Mönche weigerten sich, Einheimische aufzunehmen und ergänzten ihre Reihen ausschließlich mit deutschen Zuwanderern.[42] Diese Abgrenzungspolitik wurde noch verstärkt durch den Beschluss, dass sich die schlesischen Franziskaner der sächsischen Ordensprovinz anschließen wollten und nicht der polnisch-böhmischen.
Der Vorstoß des Erzbischofs hatte keine direkten Konsequenzen und bewirkte in diesen Jahren auch noch keine politische Mobilisierung.[43] Anders lagen die Verhältnisse in den ersten Jahren des 14. Jahrhunderts als sich die Auseinandersetzung um die polnische Krone zu einem Kampf zwischen dem Lager Herzog Władysław Łokieteks und Wenzels II. von Böhmen (sowie später Wenzels III.) zugespitzt hatte. In dieser Lage strengte Jakub Świnka in den Jahren 1306/08 mehrere kanonische Prozesse gegen den Krakauer Bischof Jan Muskata an.[44] Die Vorwürfe trugen nun einen eminent politischen Charakter. Jan Muskata, ein Anhänger Wenzels II. von Böhmen, der Ansprüche auf die polnische Krone erhob, wurde beschuldigt, sich gegen den „verus heres“, das heißt gegen Władysław Łokietek, verschworen zu haben, welchen der Gnesener Erzbischof unterstützte. Daneben wurde dem Bischof in zahlreichen Punkten immer wieder vorgehalten, dass er bei der Besetzung von Ämtern und Pfründen Polen zugunsten von Deutschen zurückgesetzt habe.[45]
In dieser politisch aufgeheizten Atmosphäre bemerkte ein französischer Dominikanermönch im Jahre 1308 in einer Länderbeschreibung, es gebe ein „naturale odium“, eine natürliche Abneigung zwischen Deutschen und Polen.[46] Nach dem Sieg Władysław Łokieteks und der Vereinigung der polnischen Länder im wiedererrichteten Königreich seit 1320 verschwanden die „nationalen“ Gegensätze dann wieder von der politischen Tagesordnung.
Auch die antijüdische Polemik in Polen geht in ihren Ursprüngen bis in das 13. Jahrhundert zurück. Die polnischen Bischöfe verkündeten ein umfangreiches Reformprogramm, welches tief in die Gebräuche des Klerus einschnitt wie etwa. die endgültige Durchsetzung des Zölibats, aber auch, wie angesprochen, das Verhältnis der Kirche zur weltlichen Obrigkeit neu zu definieren suchte. In diesem Zusammenhang polemisierten die Bischöfe gegen die engen Kontakte der nichtjüdischen Obrigkeit zu den jüdischen Eliten. Auf der Breslauer Synode von 1267 hatte der päpstliche Legat darauf gedrungen, die Kontakte zwischen Christen und Juden auf ein Mindestmaß zu beschränken und die Juden nur in abgeschlossenen Wohnvierteln siedeln zu lassen. Als Begründung führte er an, dass das Christentum in Polen noch ein junges Pflänzchen sei, dass vor den schädlichen Einwirkungen durch den Kontakt mit Nichtchristen geschützt werden müsse. Im Jahre 1285, auf der Synode von Łęczyca wurde dieser Forderungskatalog noch durch das Verbot der Vergabe öffentlicher Ämter an Juden ergänzt. Die kirchlichen Beschlüsse reflektierten weniger die konkreten Verhältnisse in Polen als einen allgemeinen Anspruch auf Marginalisierung der jüdischen Bevölkerung im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben der christlichen Gesellschaften. Ihre Formelhaftigkeit verdeutlichen die Resolutionen der Synode von Wieluń und Kalisz aus dem Jahre 1420, auf der nicht allein die alten Forderungen gegenüber den Juden fast wörtlich wiederholt wurden, sondern auch der Verweis auf das noch junge Christentum in Polen als Rechtfertigung erneut herangezogen wurde.[47]
In diesem Beitrag habe ich versucht zu zeigen, welche Voraussetzungen geschaffen wurden, um „Teutonici“ und „Judaei“ als Zuwanderer zu gewinnen, um die herrscherliche Landesausbaupolitik auf ganz unterschiedlichen Ebenen zu fördern. Es ging auch darum, wie diese dann in die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen des Landes hineinwuchsen und ihrerseits Impulse für die weitere Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft gaben. Die Verflechtungen zwischen Zugewanderten und ansässiger Bevölkerung, aber auch untereinander waren immer individueller Natur; Ausgrenzung hingegen bemühte Gruppenzuschreibungen. So entstanden Erzählungen von „den Deutschen“ und „den Juden“ als vermeintliche Bedrohungen für „die Polen“ oder „die Christen“. Sie folgten politischen Konjunkturen und verschwanden aus den politischen Debatten, wenn sich die Gesamtlage änderte.
Gerade bei der antijüdischen Gesetzgebung zeigt sich, dass die Zeitgenossen sehr wohl zwischen Polemik und Wirklichkeit zu unterscheiden wussten. Die Gefährlichkeit dieser inszenierten Konflikte liegt darin begründet, dass sie eine „nutzbare Vergangenheit“ („usuable past“) schufen. Spätere Generationen konnten für ihre eigenen Zwecke auf diese Beispiele zurückgreifen und sie mit der Aura einer „historischen Wahrheit“ ihrem Publikum präsentieren. Damit entwickelten die Geschichten von „deutsch-polnischer Erbfeindschaft“ und „jüdischen Gottesfeinden“ ein Eigenleben, welches gerade im geschichtsverliebten 19. und 20. Jahrhundert die gesellschaftlichen Beziehungen auf manche Weise vergiften sollte.[48]
[1] Müller, Michael G., „Städtische Gesellschaft und territoriale Identität im Königlichen Preußen um 1600. Zur Frage der Entstehung deutscher Minderheiten in Ostmitteleuropa“ in: Nordost-Archiv 6.2, 1997, S. 565-584; Mühle, Eduard, „The real and perceived influence of minority groups in Poland in the twelfth and thirteenth centuries“ in: Journal of Medieval History 45.3, 2019, S. 389-404.
[2] Brubaker, Rogers, Ethnicity without Groups. Cambridge [u.a.] 2004. [Brubaker, Rogers: Ethnizität ohne Gruppen, Hamburg 2007.]; Wimmer, Andreas, Nina Glick Schiller, „Methodological Nationalism and the Study of Migration“ in: European Journal of Sociology 43.2, 2002, S. 217-240; Oltmer, Jochen, Migration. Geschichte und Zukunft der Gegenwart, Darmstadt 2017, S. 9-16.
[3] Hardt, Matthias, „Westliche Zuwanderer im hochmittelalterlichen Landesausbau Ostmitteleuropas“ in: Meller, Harald, et al. (Hrsg.), Migration und Integration von der Urgeschichte bis zum Mittelalter. 9. Mitteldeutscher Archäologentag vom 20. bis 22. Oktober 2016 in Halle (Saale), Halle (Saale) 2017, S. 335-343; Gładysz, Mikołaj, The forgotten crusaders. Poland and the crusader movement in the twelfth and thirteenth centuries, Leiden 2012.
[4] Shepkaru, Shmuel, „The preaching of the First Crusade and the persecutions of the Jews“ in: Medieval encounters. Jewish, Christian and Muslim culture in confluence and dialogue 18, 2012, S. 93-135; Gąsiorowski, Stefan, „Żydzi na szlaku krzyżowców w drodze do Ziemi Świętej (Od pierwszej do czwartej krucjaty) “ [Juden auf der Route der Kreuzfahrer auf dem Weg ins Heilige Land (Vom Ersten bis zum Vierten Kreuzzug)] in: Kijas, Zdzisław Józef; Maciej Salamon (Hrsg.), IV krucjata. Historia, reperkusje, konsekwencje [Der Vierte Kreuzzug. Geschichte, Nachwirkungen, Ergebnisse], Kraków 2005, S. 149-171.
[5] Stopka, Krzysztof, Armenia Christiana. Armenian Religious Identity and the Churches of Constantinople and Rome (4th-15th Century), Kraków 2018.
[6] Hardt, Matthias, „Migrants in high medieval Bohemia“ in: Journal of Medieval History 45.3, 2019, S. 380-388; Szende, Katalin, „Iure Theutonico? German settlers and legal frameworks for immigration to Hungary in an East-Central European perspective“ in: Journal of Medieval History 45.3, 2019, S. 360-379; Erlen, Peter, Europäischer Landesausbau und mittelalterliche deutsche Ostsiedlung. ein struktureller Vergleich zwischen Südwestfrankreich, den Niederlanden und dem Ordensland Preussen, Marburg 1992.
[7] Słoń, Marek, „Warum nur ein Breslau? Versuch eines Vergleichs der Entwicklung der Städte Breslau, Prag, Krakau und Posen“ in: Mühle, Eduard (Hrsg.), Breslau und Krakau im hohen und späten Mittelalter. Stadtgestalt‒Wohnraum‒Lebensstil, Köln 2014, S. 9-26.
[8] Zientara, Benedykt, „Walonowie na Śląsku w XII i XIII wieku“ [Wallonen in Schlesien im 12. und 13. Jahrhundert] in: Przegląd Historyczny 66.3, 1975, S. 349-368; Wyrozumski, Jerzy, „Eine Lokation oder mehrere Lokationen Krakaus nach deutschem Recht?“ in: Mühle, Eduard (Hrsg.), Rechtsstadtgründungen im mittelalterlichen Polen, Köln 2011, S. 248; Menzel, Josef Joachim, Die schlesischen Lokationsurkunden des 13. Jahrhunderts, Würzburg 1977, S. 7 und 217-220.
[9] Zientara, Benedykt, „The Sources and origins of the „German Law“ (ius teutonicum) in the Context of the Settlement Movement in Western and Central Europe (Eleventh to Twelfth Century) “ in: Acta Poloniae Historica 107, 2013, S. 179-216. [Zientara, Benedykt, „Das deutsche Recht (ius Teutonicum) und die Anfänge der städtischen Autonomie“ in: Konrad Fritze (Hrsg.), Autonomie, Wirtschaft und Kultur der Hansestädte, Weimar 1984, S. 94-100.].
[10] Helbig, Herbert, Lorenz Weinrich (Hrsg.), Urkunden und erzählende Quellen zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter. Teil 2: Schlesien, Polen, Böhmen-Mähren, Österreich, Ungarn-Siebenbürgen, Darmstadt 1970, Nr. 77, S. 295; Wyrozumski, Eine Lokation oder mehrere Lokationen, S. 262; Zientara, Benedykt, „Die deutschen Einwanderer in Polen vom 12. bis zum 14. Jahrhundert“ in: Walter Schlesinger (Hrsg.), Die deutsche Ostsiedlung des Mittelalters als Problem der europäischen Geschichte. Reichenau-Vorträge 1970‒1972, Sigmaringen 1975, S. 333-348.
[11] Janeczek, Andrzej, „‚Exceptis schismaticis‘´. Upośledzenie Rusinów w przywilejach prawa niemieckiego Władysława Jagiełły“ [‚Exceptis schismaticis‘ Die Zurücksetzung der Rusinen in den Deutschrechts-Privilegien Władysław II. Jagiełło] in: Przegląd Historyczny 75, 1984, S. 531f.
[12] Akta grodzkie i ziemskie z czasów Rzeczypospolitej polskiej z archiwum tak zwanego bernardyńskiego we Lwowie [Städtische und Landschaftliche Akten aus der Zeit der Polnischen Republik aus dem sogenannten Bernhardinerarchiv in Lemberg ], 2.45, Lwów 1870, S. 75f (Wüstung Werbiż in Rotreußen); zu Wołczko vgl.: Bałaban, Majer, [Zwei Beiträge zu den Beziehungen Jagiełłos zu den Lemberger Juden. 1: Wołczko als Jagiełło's Hoffaktor und russischer Zollbeamter] in: ders., Z Historii Żydów w Polsce. Szkice i studja [Zur Geschichte der Juden in Polen. Skizzen und Studien], Warszawa 1920, S. 4-11 (zuerst in Kwartalnik Historyczny 25, 1911, S. 228-234). [Z historji Żydów w Polsce: szkice i studja von Bałaban, Majer (1877-1942?), 1920]. Die Vermutung Ignacy Schippers, Studia nad stosunkami gospodarczymi Żydów w Polsce podczas średniowiecza [Studien zu den Wirtschaftsbeziehungen der Juden in Polen im Mittelalter], Lwów 1911, S. 134f, 157-161, Wołczko habe damit den Grundstein für eine jüdische Siedlung in Rotreußen gelegt, weist Bałaban überzeugend zurück. Zu den Verbindungen jüdischer Wirtschaftseliten und den politischen Eliten des Königreichs vgl.: Heyde, Jürgen, Transkulturelle Kommunikation und Verflechtung. Die jüdischen Wirtschaftseliten in Polen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert, Wiesbaden 2014, S. 162-220; zu Wołczko als Lokator ebd., S. 182-187.
[13] Kowalska, Zofia, „Die großpolnischen und schlesischen Judenschutzbriefe des 13. Jahrhunderts im Verhältnis zu den Privilegien Kaiser Friedrichs II. (1238) und Herzog Friedrichs II. von Österreich (1244)“ in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 47.1, 1998, S. 1-20.
[14] Wyrozumski, Jerzy, Dzieje Krakowa. Tom 1: Kraków do schyłku wieków średnich [Geschichte Krakaus, Bd. 1: Krakau bis zum Ende des Mittelalters], Kraków 1992, S. 321.
[15] Ebd., S. 320 (Tabelle); Gąsiorowski, Antoni, „Ludność napływowa w strukturze społecznej późnośredniowiecznego Poznania“ [Einwandererbevölkerung in der Sozialstruktur des spätmittelalterlichen Poznań] in: Studia i Materiały do Dziejów Wielkopolski i Pomorza 22, 1975, S. 13.
[16] Kucała, Marian (Hrsg.), Jakuba Parkosza Traktat o ortografii polskiej [Das Traktat des Jakub Parkosz (Jacobus Parcossius) über die polnische Orthographie], Warszawa 1985; Adamska, Anna, „Od łaciny do języków wernakularnych ‒ i z powrotem. Język dokumentu średniowiecznego w świetle nowszych badań“ [Vom Latein zu den Umgangssprachen - und zurück. Die Sprache des mittelalterlichen Dokuments im Lichte jüngster Forschungen] in: Adamska, Anna, Paweł Kras (Hrsg.), Kultura pisma w średniowieczu. Znane problemy, nowe metody [Schreibkultur im Mittelalter. Altbekannte Probleme und neue Methoden], Lublin 2013, S. 51-100.
[17] Friedrich, Karin, „Cives Cracoviae. Bürgertum im frühneuzeitlichen Krakau zwischen Stadtpatriotismus und nationaler Pluralität“ in: Dmitrieva, Marina, Karen Lambrecht (Hrsg.), Krakau, Prag und Wien. Funktionen von Metropolen im frühmodernen Staat, Stuttgart 2000, S. 143-161; Noga, Zdzislaw, „Mehrsprachigkeit im Krakauer Stadtrat im späten 15. und 16. Jahrhundert“ in: Bömelburg, Hans-Jürgen, Norbert Kersken (Hrsg.), Mehrsprachigkeit in Ostmitteleuropa (1400-1700). kommunikative Praktiken und Verfahren in gemischtsprachigen Städten und Verbänden, Marburg 2020, S. 63-71.
[18] Noga, Mehrsprachigkeit, S. 71; Vgl. auch: Bömelburg, Hans-Jürgen, Frühneuzeitliche Nationen im östlichen Europa. Das polnische Geschichtsdenken und die Reichweite einer humanistischen Nationalgeschichte (1500‒1700), Wiesbaden 2006, S. 60-62; Bieniarzówna, Janina, Jan Małeck, Dzieje Krakowa. Tom 2: Kraków w wiekach XVI-XVIII [Geschichte Krakaus, Bd. 2: Krakau im 16.-18. Jh.], Kraków 21994, S. 75f.
[19] Heyde, Jürgen, „Juden zwischen Deutschland und Polen in Mittelalter und Früher Neuzeit“ in: Bingen, Dieter et al. (Hrsg.), Die Deutschen und die Polen. Geschichte einer Nachbarschaft, Darmstadt 2016, S. 122-131; Reiner, Elchanan, „The Rise of an Urban Community. Some Insights on the Transition from the Medieval Ashkenazi to the 16th Century Jewish Community in Poland“ in: Kwartalnik Historii Żydów / Jewish History Quarterly 207.3, 2003, S. 363-372.
[20] Zu den Vertreibungen siehe: Wenninger, Markus J., Man bedarf keiner Juden mehr. Ursachen und Hintergründe ihrer Vertreibung aus den deutschen Reichsstädten im 15. Jahrhundert, Wien, Köln 1981.
[21] Stampfer, Shaul, „Settling down in Eastern Europe“ in: Grill, Tobias (Hrsg.), Jews and Germans in Eastern Europe. Shared and Comparative Histories, Berlin 2018, S. 1-20; Stampfer, Shaul, „Violence and the Migration of Ashkenazi Jews to Eastern Europe“ in: Avrutin, Eugene M., Harriet Murav & John Klier (Hrsg.), Jews in the East European Borderlands. Essays in Honor of John D. Klier, Boston 2012, S. 127-146; Straten, Jits van, „Early Modern Polish Jewry. The Rhineland Hypothesis Revisited“, in: Historical Methods 40.1, 2007, S. 39-50; Toch, Michael, „Die Verfolgungen des Spätmittelalters“ in: Maimon, Arye, Mordechai Breuer & Yaacov Guggenheim (Hrsg.), Germania Judaica, Bd. III.3, Tübingen 2003, S. 2298-2327.
[22] Zaremska, Hanna, Juden im mittelalterlichen Polen und die Krakauer Judengemeinde, Osnabrück 2013, S. 61-103; Heyde, Jürgen, „Jüdische Siedlung und Gemeindebildung im mittelalterlichen Polen“ in: Cluse, Christoph (Hrsg.), Jüdische Gemeinden und ihr christlicher Kontext in kulturräumlich vergleichender Betrachtung. von der Spätantike bis zum 18. Jahrhundert, Hannover 2003 (Forschungen zur Geschichte der Juden, Abhandlungen; 13), S. 249-266.
[23] Zaremska, Juden im mittelalterlichen Polen, S. 105-137.
[24] Krasnowolski, Bogusław, „Muster urbanistischer Anlagen von Lokationsstädten in Kleinpolen“ in: Mühle, Eduard (Hrsg.), Rechtsstadtgründungen im mittelalterlichen Polen, Köln 2011, S. 275-322; Piechotka, Maria, Kazimierz Piechotka, Krajobraz z menorą. Żydzi w miastach i miasteczkach dawnej Rzeczpospolitej/Maria i Kazimierz Piechotkowie [Landschaft mit Menora. Juden in Städten und Schtetl des alten Polen], Wrocław 2008; Piechotka, Maria, Kazimierz Piechotka, Oppidum Judaeorum. żydzi w przestrzeni miejskiej dawnej Rzeczypospolitej [Oppidum Judaeorum: Juden im urbanen Räumen der Polnisch-Litauischen Adelsrepublik], Warszawa 2004; Wiesiołowski, Jacek, Socjotopografia późnośredniowiecznego Poznania [Soziotopographie des spätmittelalterlichen Poznań], Poznań 21997, S. 179-184.
[25] Heyde, Transkulturelle Kommunikation, S. 88-96.
[26] Wenninger, Markus J., „Juden als Münzmeister, Zollpächter und fürstliche Finanzbeamte im mittelalterlichen Aschkenas“ in: Toch, Michael (Hrsg.), Wirtschaftsgeschichte der mittelalterlichen Juden. Fragen und Einschätzungen, München 2008 (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien; 71), S. 121-138.
[27] Gorlińska, Dobrochna, Żydzi w administracji skarbowej polskich władców czasu rozbicia dzielnicowego [Juden in der Steuerverwaltung der polnischen Herrscher zur Zeit des Kreiszusammenbruchs], Kraków 2015.
[28] Heyde, Jürgen, „Jüdische Eliten in Polen zu Beginn der Frühen Neuzeit“ in: Aschkenas – Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden 13.1, 2003, S. 127-129; Horn, Maurycy, „Żydzi i mieszczanie na służbie królów polskich i wielkich książąt litewskich w latach 1386-1506. 1: Uwagi wstępne. Bankierzy i celnicy;2: Żupnicy, zarządcy mennic, dostawcy, rzemieślnicy i lekarze dworscy. Udział w podróżach dyplomatycznych“ [Juden und Bürger im Dienste der polnischen Könige und litauischen Großfürsten 1386-1506, 1: Einführende Bemerkungen, Bank- und Zollbeamte, 2: Salzhändler, Münzfachleute, Lieferanten, Handwerker und Hofdoktoren, Teilnehmer an diplomatischen Missionen]in: Biuletyn Żydowskiego Instytutu Historycznego 135-136, 1985, S. 3-19, Biuletyn Żydowskiego Instytutu Historycznego 137-138, 1986, S. 3-17.
[29] Zaremska, Juden im mittelalterlichen Polen, S. 389-405; Bałaban, Majer, Historia Żydów w Krakowie i na Kazimierzu 1304-1868 [Die Geschichte der Juden in Krakau und Kasimir], Bd. 1, Kraków 1931, S. 16-23.
[30] Heyde, Transkulturelle Kommunikation, S. 97-126.
[31] Ebd., S. 126-161; Nożyński, Tadeusz, „Żydzi poznańscy w XV wieku 1379-1502“ [Die Juden in Poznan im 15. Jh. (1379-1502)] in: Kronika miasta Poznania 10, 1932, S. 86-99, 249-263; Bałaban, Historia Żydów w Krakowie 1[Geschichte der Juden in Krakau], S. 55-66, 210-229; Charewiczowa, Łucja, „Ograniczenia gospodarcze nacyj schizmatyckich i Żydów we Lwowie XV wieku“ [Ökonomische Einschränkungen für Schismatiker und Juden in Lemberg im 15. Jh.] in: Kwartalnik Historyczny 39, 1925, S. 193-227.
[32] Burkhardt, Julia, Reichsversammlungen im Spätmittelalter. Politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland, Ostfildern 2011, S. 25-90.
[33] Heyde, Jürgen, „Ad cautelam defensionis contra iudeos. Juden als Thema politischer Debatten im Königreich Polen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts“ in: Gromelski, Tomasz, et al. (Hrsg.), Frühneuzeitliche Reiche in Europa. Das Heilige Römische Reich und Polen-Litauen im Vergleich, Wiesbaden 2016, S. 173-187; Heyde, Jürgen, „Polemics and Participation – Anti-Jewish Legislation is the Polish Diet (Sejm) in the 16th Century and its Political Contexts“ in: Kleinmann, Yvonne, Stephan Stach & Tracie L. Wilson (Hrsg.), Religion in the Mirror of Law. Eastern European Perspectives from the Early Modern Period to 1939, Frankfurt am Main 2016, S. 3-20.
[34] Heyde, Transkulturelle Kommunikation, S. 156–158.
[35] Rabbi Mose ben Israel Isserles wurde um 1520 in Krakau geboren und wirkte dort bis zu seinem Tod 1572. Zu seinen einflussreichsten Werken gehörte der Kommentar zur Rechtskodifikation „Schulchan Aruch“ des in Safed wirkenden Rabbiners Joseph Caro. Isserles adaptierte damit die sephardische Rechtstradition für die aschkenasische Judenheit. Vgl. Reiner, Elchanan, „The Ashkenazi Élite at the Beginning of the Modern Era: Manuscript versus Printed Book“ in: Polin 10, 1997, S. 85-98; Siev, Asher, „The RAMA“ in: Tradition 2, 1959/60, S. 132-144; Lew, Myer S., The Jews of Poland. Their Political, Economic, Social and Communal Life in the Sixteenth Century as reflected in the Works of Rabbi Moses Isserles, London 1944.
[36] Netzer, Shlomo, „Wanderungen der Juden und Neusiedlung in Osteuropa“ in: Brocke, Michael (Hrsg.), Beter und Rebellen. Aus 1000 Jahren Judentum in Polen, Frankfurt/Main 1983, S. 44.
[37] Rabbi Hayyim wurde zwischen 1520 und 1530 in Posen geboren. Nach dem Studium in Krakau und Lublin ging er um 1549 nach Worms, wo ein Onkel von ihm als Rabbiner wirkte, um seine Studien fortzusetzen. Im Jahre 1564 übernahm er schließlich das Amt des Rabbiners in Friedberg, wo er bis zu seinem Tod 1588 lebte und arbeitete. Sherwin, Byron L., „In the Shadows of Greatness. Rabbi Hayyim Ben Betsalel of Friedberg“ in: Jewish Social Studies 37/3-4, 1975, S. 35-60.
[38] So zitiert nach: Weinryb, Bernhard D., The Jews of Poland. A Social and Economic History of the Jewish Community from 1100 to 1800, Philadelphia 1972, S. 166.
[39] So zitiert nach: Rosman, Moshe J., „Jewish Perceptions of Insecurity and Powerlessness in 16th-18th century Poland“ in: Polin 1, 1986, S. 21, Anm. 19.
[40] Menzel, Josef Joachim, „Die Akzeptanz des Fremden in der mittelalterlichen deutschen Ostsiedlung“ in: Patschovsky, Alexander, Harald Zimmermann (Hrsg.), Toleranz im Mittelalter, Sigmaringen 1998, S. 211; Strzelczyk, Jerzy, „Die Wahrnehmung des Fremden im mittelalterlichen Polen“ in: Engels, Odilo (Hrsg.), Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Kongreßakten des 4. Symposions des Mediävistenverbandes in Köln [vom 11.‒14. März] 1991 aus Anlaß des 1000. Todesjahres der Kaiserin Theophanu, Sigmaringen 1993, S. 211f.
[41] Helbig, Weinrich (Hrsg.), Urkunden und erzählende Quellen 2.71, S. 273, 275; Menzel, Akzeptanz des Fremden, S. 217f.; Zientara, Benedykt, „Cudzoziemcy w Polsce X–XV wieku. Ich rola w zwierciadle polskiej opinii średniowiecznej“ [Fremde in Polen im 10.–15. Jh. - Ihre Rolle im Spiegel der polnischen mittelalterlichen Meinung] in: Zofia Stefanowska (Hrsg.), Swojskość i cudzoziemszczyzna w dziejach kultury polskiej [Vertrautheit und Fremdheit in der Geschichte der polnischen Kultur] , Warszawa 1973, S. 26-28.
[42] Vgl. den Brief der böhmischen Königin Kunigunde an Äbtissin Agnes von Trebnitz: Strzelczyk, Wahrnehmung des Fremden, S. 212.
[43] Gawlas, Sławomir, Die mittelalterliche Nationsbildung am Beispiel Polens, in: Bues, Almut, Rex Rexheuser (Hrsg.), Mittelalterliche nationes – neuzeitliche Nationen. Probleme der Nationenbildung in Europa, Wiesbaden 1995, S. 135f.
[44] Gawlas, Sławomir, „Człowiek uwikłany w wielkie procesy – przykład Muskaty“ [Der Mensch in übergreifenden Entwicklungen – Das Beispiel Johann Muskats (Jan Muskatas)] in: Michałowski, Roman (Hrsg.), Człowiek w społeczeństwie średniowiecznym [Der Mensch in der mittelalterlichen Gesellschaft], Warszawa 1997, S. 391-401.
[45] Zientara, Cudzoziemcy, S. 22.
[46] Górka, O. (Hrsg.), Anonymi Descriptio Europae Orientalis, Cracoviae 1916, S. 56; Zientara, Cudzoziemcy, S. 20.
[47] Heyde, Transkulturelle Kommunikation, S. 34-39; Kalik, Judith, „Ha-jachasim bein ha-knesiah hakatolit le-Jehudim be-memalkat Polin-Lita (The Catholic Church and the Jews in Poland)“ in: Bartal, Israel, Israel Gutman (Hrsg.), Kijum we-shever. Jehudei Polin le-doroteihem (The Broken Chain: Polish Jewry through the Ages), Bd. 1, Jerusalem 1997, S. 193-208; Vetulani, Adam, „The Jews in medieval Poland“ in: The Jewish Journal of Sociology 4, 1962, S. 274-293.
[48] Siehe dazu auch den Beitrag von A. Pufelska, „Deutsche und Juden als Feindbilder in Polen: Gemeinsamkeiten und Unterschiede“.
Adamska, Anna: „Od łaciny do języków wernakularnych ‒ i z powrotem. Język dokumentu średniowiecznego w świetle nowszych badań“ [Vom Latein zu den Umgangssprachen - und zurück. Die Sprache des mittelalterlichen Dokuments im Lichte jüngster Forschungen] in: Adamska, Anna, Paweł Kras (Hrsg.), Kultura pisma w średniowieczu. Znane problemy, nowe metody [Schreibkultur im Mittelalter. Altbekannte Probleme und neue Methoden], Lublin 2013, S. 51-100.
Bałaban, Majer: „Dwa przyczynki do stosunków Jagiełły z Żydami lwowskimi. 1: Wołczko nadworny faktor Jagiełły i celnik ruski“ [Zwei Beiträge zu den Beziehungen Jagiełłos zu den Lemberger Juden. 1: Wołczko als Jagiełło's Hoffaktor und russischer Zollbeamter] in: ders., Z Historii Żydów w Polsce. Szkice i studja [Zur Geschichte der Juden in Polen. Skizzen und Studien], Warszawa 1920, S. 4-11 (zuerst in Kwartalnik Historyczny 25, 1911, S. 228-234).
Bałaban, Majer, Historia Żydów w Krakowie i na Kazimierzu 1304-1868 [Die Geschichte der Juden in Krakau und Kasimir], Bd. 1, Kraków 1931.
Bieniarzówna, Janina, Jan Małecki, Dzieje Krakowa. Tom 2: Kraków w wiekach XVI-XVIII [Geschichte Krakaus, Bd. 2: Krakau im 16.-18. Jh.], Kraków 1994.
Bömelburg, Hans-Jürgen, Frühneuzeitliche Nationen im östlichen Europa. das polnische Geschichtsdenken und die Reichweite einer humanistischen Nationalgeschichte (1500‒1700), Wiesbaden 2006.
Brubaker, Rogers, Ethnicity without Groups. Cambridge [u.a.] 2004. [Brubaker, Rogers: Ethnizität ohne Gruppen, Hamburg 2007.].
Burkhardt, Julia, Reichsversammlungen im Spätmittelalter. Politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland, Ostfildern 2011.
Charewiczowa, Łucja, „Ograniczenia gospodarcze nacyj schizmatyckich i Żydów we Lwowie XV wieku“ [Ökonomische Einschränkungen für Schismatiker und Juden in Lemberg im 15. Jh.] in: Kwartalnik Historyczny 39, 1925, S. 193-227.
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Gąsiorowski, Antoni, „Ludność napływowa w strukturze społecznej późnośredniowiecznego Poznania“ [Einwandererbevölkerung in der Sozialstruktur des spätmittelalterlichen Poznań] in: Studia i Materiały do Dziejów Wielkopolski i Pomorza 22, 1975, S. 11-25.
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