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Seit der Gründung der Sowjetunion war die Politik des Staates grundsätzlich gegen jede Auswanderung gerichtet. Die Emigration von Sowjetbürgern galt als Bedrohung für das Sowjetregime, da die zu Grunde liegende Ideologie die Einheit von Individuum und Staat behauptete und somit die Flucht bzw. das Sich-Absetzen seiner Bürger nicht akzeptieren konnte. Das Verlassen der UdSSR wurde als Akt der Illoyalität gedeutet, häufig sogar als Landesverrat, als Angriff auf die sowjetischen Autoritäten.[1] Juden und Deutsche gehörten zu den wenigen Bevölkerungsgruppen im Vielvölkerstaat Sowjetunion, für die in den Nachkriegsjahrzehnten im Rahmen der Familienzusammenführung jedoch eine Möglichkeit zur Auswanderung bestand. Seit Ende der 1960er Jahre bemühte sich eine wachsende Zahl von Angehörigen der jüdischen und deutschen Minderheit[2] auf dieser Grundlage um die Emigrationsgenehmigung. Insgesamt konnten zwischen 1970 und 1984 etwa 74.000 Deutsche und 260.000 Juden auswandern.[3]
Die Zahl der Antragsteller lag in dem gesamten hier betrachteten Zeitraum für beide Bevölkerungsgruppen jedoch weitaus höher als die Zahl der Emigranten. Da die sowjetischen Behörden über die Anträge mit großer Willkür entschieden, musste nahezu jeder Antragsteller mit Repressalien und einer Ablehnung des Antrags rechnen. Der Emigrationsprozess stellte sich für die Ausreisewilligen daher meist als langwieriger und mehrschichtiger Prozess der „Ablösung“ von der Sowjetunion dar – von der Entstehung des Auswanderungswunsches bis zur letztendlichen Emigration, d.h. von der inneren, mentalen Ablösung, die bis zur völligen Ablehnung reichen konnte, zur äußerlichen, physischen Ablösung, dem Verlassen der Sowjetunion. Da die Möglichkeit zur Auswanderung jedoch zahlreichen Restriktionen unterworfen war, entstanden innerhalb beider Bevölkerungsgruppen Protestbewegungen.[4]
Der folgende Beitrag untersucht, in welchem Kontext sich die jüdische und die deutsche Emigrationsbewegung entwickelten, welche Parallelen und Unterschiede zu erkennen sind und welche Verbindungen und Verflechtungen zwischen den beiden Ablösungsprozessen sichtbar werden.
Juden und Deutsche erlebten in der Sowjetzeit eine sehr wechselhafte Geschichte, es gab Phasen der kulturellen Blüte und der Akzeptanz durch den Staat sowie Zeiten der radikalen Beschneidung der nationalen Rechte, der Repression und Verfolgung. Innen- und außenpolitisches Kalkül der Sowjetregierung hatte stets einen großen Einfluss auf die Stellung beider Minderheiten.[5] Der Zweite Weltkrieg mit den Massenmorden an Juden und den Deportationen der Deutschen bedeutete für die Minderheiten einen tiefen Einschnitt. Auch nach dem Krieg waren beide Gruppen weiterhin zeitweise negativer Propaganda ausgesetzt − Antisemitismus und Deutschenhass wurden staatlicherseits direkt oder indirekt gefördert, oder es wurde vonseiten des Staates wenig zur Bekämpfung dieser Stimmungen getan. In der Nachkriegszeit lebten beide Völker in der Zerstreuung: Die autonome Wolgarepublik [s. Abbildung 1] der Deutschen war nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiedererrichtet worden; Birobidžan, das entlegene autonome Gebiet der Juden an der chinesischen Grenze, erfüllte eher eine Alibifunktion. Trotz ihrer Bevölkerungsstärke − die Juden nahmen bei der Volkszählung von 1970 den zwölften Platz unter den über 100 sowjetischen Nationalitäten ein (2.139.627 Einwohner) [6], die Deutschen standen an vierzehnter Stelle (1.846.317 Einwohner)[7] − blieben ihnen wichtige Minderheitenrechte versagt.
Während der überwiegende Teil der Juden in den großen Städten der RSFSR, der Ukraine und Weißrusslands lebte, waren die Hauptsiedlungsgebiete der Deutschen Kasachstan, die RSFSR (vor allem Sibirien) und Kirgisien; der Urbanitätsgrad der deutschen Bevölkerung war vergleichsweise gering. Sowohl die deutsche als auch die jüdische Minderheit hatte in den Anfangsjahren der Sowjetunion über ein eigenes Bildungswesen und nationale Kultureinrichtungen verfügt; unter der Herrschaft Stalins waren diese Grundlagen jedoch nach und nach zerstört worden. In beiden Bevölkerungsgruppen nahm der Verlust der Muttersprache zu: Die sprachliche Russifizierung der jüdischen Bevölkerung war bereits sehr weit fortgeschritten; der Staat bot keine Möglichkeit, Kenntnisse des Jiddischen oder des Hebräischen zu erwerben. Die Sprachsituation der Deutschen stellte sich etwas besser dar. Unterricht von Deutsch als Muttersprache war erlaubt, doch das tatsächliche Angebot war oft nur ungenügend, sodass auch unter den Deutschen die Kenntnisse der Muttersprache immer weiter zurückgingen.
Nationale Kultureinrichtungen bestanden in den 1960er und 1970er Jahren weder für die deutsche noch für die jüdische Minderheit. Zudem mangelte es in beiden Fällen an einer Aufarbeitung der Geschichte: Besonders das Schicksal der Juden und Deutschen während des Zweiten Weltkriegs wurde von offizieller Seite verschwiegen bzw. verfälscht dargestellt; das Gedenken an die Opfer wurde unterbunden.
Von Einschränkungen bei der Religionsausübung waren sowohl Juden als auch Deutsche betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Der Religion kam innerhalb der jüdischen und der deutschen Bevölkerung jedoch eine bedeutende Rolle zu. Die gemeinsame Religionsausübung hatte bei den Deutschen in der Kriegs- und Nachkriegszeit mit zur Bewahrung der nationalen Identität beigetragen. Für viele Juden stellte die Religion einen Sammelpunkt bei der Identitätssuche dar.
Während die jüdische Bevölkerung in der Sowjetunion einen außerordentlich hohen Bildungsgrad aufwies, war das Bildungsniveau der Deutschen − besonders infolge der Deportationen − relativ niedrig. Große Unterschiede zeigen sich infolgedessen bei einer Gegenüberstellung der Berufsstruktur der beiden Minderheiten: Juden waren in technischen Berufen, im Bereich der Lehre und Wissenschaft und auf künstlerischem Gebiet stark vertreten, Deutsche hingegen arbeiteten eher in Handwerksberufen, als Kraftfahrer und Traktoristen und waren als Arbeiter in der Industrie und im landwirtschaftlichen Bereich zu finden. Bezüglich der Mitwirkung im Staat ist festzustellen, dass Deutsche und Juden als Volksgruppe nicht ihrer Bevölkerungsstärke entsprechend in politischen Gremien vertreten waren. In vielen Bereichen existierten Beschränkungen; bestimmte Posten, vor allem Führungspositionen, waren Angehörigen dieser Minderheiten nicht zugänglich.
Ein großer Teil der Juden und viele Deutsche waren in den späten 1960er Jahren bereits weitgehend assimiliert. Der vollständigen Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft stand jedoch häufig die Fremdzuweisung der jüdischen bzw. deutschen Identität durch den Nationalitäteneintrag im Pass entgegen, der in bestimmten Bereichen der beruflichen Karriere hinderlich sein konnte.
In den Nachkriegsjahrzehnten, besonders seit den 1960er Jahren, kam es in Teilen der jüdischen und der deutschen Bevölkerung aus verschiedenen Gründen zu einem „nationalen Erwachen“ in unterschiedlichen Ausprägungen: Das Spektrum reichte von Bemühungen um die Bewahrung der jüdischen bzw. deutschen Identität bis hin zu einer Neuentdeckung des nationalen Selbstbewusstseins, insbesondere innerhalb der jungen Generation. Verschiedene Faktoren, deren Ursachen in den Erfahrungen der Vergangenheit und in der Entwicklung der Situation beider Minderheiten seit dem Zweiten Weltkrieg begründet lagen, riefen in Teilen der jüdischen und deutschen Bevölkerung eine Tendenz zur Dissimilation hervor − bereits vollständig oder teilweise assimilierte bzw. russifizierte Juden und Deutsche suchten erneut nach ihren ethnischen Wurzeln und bemühten sich um die Bewahrung von nationalen sprachlichen und kulturellen Elementen. Die in den Nachkriegsjahrzehnten staatlicherseits betriebene Verdrängung des Schicksals beider Bevölkerungsgruppen während des Zweiten Weltkriegs war für das „nationale Erwachen“, das häufig mit einem neuentstehenden Interesse an der Religion einherging, innerhalb der jüdischen und deutschen Bevölkerung sehr bedeutsam.
Ethnische Gründe spielten als Auswanderungsmotiv sowohl innerhalb der jüdischen als auch innerhalb der deutschen Bevölkerungsgruppe eine große Rolle. Viele Deutsche, die keine Möglichkeit mehr sahen, in der Sowjetunion ihre ethnische Identität zu bewahren, betrachteten die Emigration in die Bundesrepublik Deutschland als einzigen Ausweg. Jüdische Ausreisewillige betonten besonders in der ersten Phase der Emigration ihre religiöse, traditionelle Gebundenheit an den Staat Israel. Wie die Juden aus anderen Ländern wollten auch sie die Möglichkeit haben, ihren eigenen Staat mit aufzubauen und inmitten des jüdischen Volkes zu leben. Sowohl deutsche als auch jüdische Emigrationswillige, die nationale Gründe nannten, sprachen häufig von „Repatriierung“, von einer Auswanderung in die „historische Heimat“. Deutschland und Israel stellten die Identifikationsfaktoren dar; diese Zielländer wurden von vielen Ausreisewilligen als nationalkulturelles Ideal betrachtet.[8]
Neben den ethnischen Gründen veranlassten weitere Motive − religiöse, familiäre, wirtschaftliche und politische − Deutsche und Juden zur Auswanderung. Obwohl auch die deutschen Ausreisewilligen keine homogene Gruppe bildeten, sondern oft sehr individuelle Gründe zum Entstehen des Auswanderungswunsches führten, zeigt sich hinsichtlich der jüdischen Emigration ein weitaus differenzierteres Bild. Anders als die deutsche lässt sich die jüdische Auswanderung in zwei Phasen unterteilen: Bis 1973 emigrierten Juden aus der Sowjetunion überwiegend nach Israel, danach stieg die Zahl der in die USA Auswandernden sprunghaft an. In dieser zweiten Phase kamen die Emigranten zunehmend aus dem Kernland der UdSSR, aus Gebieten, in denen sich viele Juden assimiliert hatten. Etwa gleichzeitig war eine Verschiebung der Emigrationsmotive zu verzeichnen: In zunehmendem Maße veranlassten pragmatische Gründe, wie der Wunsch, in einer Demokratie oder in einem Land zu leben, in dem man kulturelle Freiheiten genießen konnte bzw. einen höheren Lebensstandard hatte, die Menschen zur Auswanderung. Bei der Frage nach den Emigrationsmotiven der Juden müssen die Anziehungsfaktoren des jeweiligen Ziellandes in besonderer Weise mitberücksichtigt werden.[9]
Obwohl die Sowjetunion das Recht auf Freizügigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Unterzeichnung internationaler Vereinbarungen wie der Deklaration der Menschenrechte, des Paktes über bürgerliche und politische Rechte und der Helsinki-Schlussakte anerkannt hatte, handhabten die sowjetischen Behörden die Frage der Ausreise bis in die zweite Hälfte der 1980er Jahre restriktiv. Die Emigration aus der Sowjetunion war Deutschen und Juden in dem hier betrachteten Zeitraum – in den Nachkriegsjahrzehnten bis zum Beginn der Perestrojka – offiziell nur zum Zwecke der Familienzusammenführung möglich.
Die Erteilung einer Ausreisegenehmigung erfolgte sozusagen als ein Zugeständnis der Behörden, das von verschiedenen außenpolitischen und innenpolitischen Faktoren abhängig war. Für Auswanderungswillige beider Minderheiten galt ein Antragsverfahren, das den Behörden viel Raum für eine willkürliche Handhabung bot. Das Ein- und Ausreiseverfahren regelte eine Verordnung des Ministerrates, die eine Emigration aus der Sowjetunion von der Genehmigung durch die zuständigen Organe abhängig machte, die Entscheidungskriterien aber offenließ [s. Abbildung 2]. Das Verfahren zielte nicht auf eine schnelle, möglichst problemlose Abwicklung der Emigrationsangelegenheiten, vielmehr wurden den Betroffenen zahlreiche Hindernisse in den Weg gestellt, die allein die Beantragung der Auswanderungsgenehmigung als kaum zu überwindende Hürde erschienen ließen. Die Antragstellung konnte sich in unterschiedlichem Maße negativ auf die Lebensbedingungen der Betreffenden auswirken. Die Ablehnung eines Ausreiseantrags, die oft mündlich und ohne Begründung übermittelt wurde, ging häufig einher mit dem Versuch, die Antragsteller durch Druck dazu zu bewegen, ihre Emigrationsbemühungen einzustellen.[11]
Die Repressalien im Zusammenhang mit der Antragstellung trafen Juden und Deutsche in ähnlicher Weise. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen (Ausbildungs- und Berufsstruktur, Parteizugehörigkeit) waren Juden jedoch stärker von Parteiausschlüssen, dem Entzug von Diplomen und dem Ausschluss aus Berufsverbänden betroffen; die Arbeitsbedingungen konnten sich aber auch für deutsche Antragsteller erheblich ändern. Die restriktive Handhabung der Emigrationsfrage seitens der sowjetischen Regierung hatte auf der einen Seite eine abschreckende Wirkung, sie führte aber auf der anderen Seite auch dazu, dass innerhalb der jüdischen und der deutschen Emigrationsbewegung Protestbewegungen entstanden.
Für die jüdische Emigrationsbewegung, die einige Jahre früher als die deutsche begann, spielte das Vorbild der sowjetischen Menschenrechtsbewegung eine wichtige Rolle. Jüdische Emigrationswillige konnten in ihren Bemühungen und Protesten auf Anregungen und Erfahrungen der Menschenrechtler zurückgreifen. Der Erfolg der jüdischen Bewegung in den Anfangsjahren − abzulesen an der wachsenden Zahl der Emigranten − hatte auch Einfluss auf die Auswanderungsbewegung der Deutschen. In beiden Bewegungen gab es in der Anfangszeit Bemühungen, städte- bzw. republikübergreifende Aktivitäten der Ausreisewilligen zu organisieren. Die Prozesse und Repressalien, mit denen der Staat auf die Emigrationsbewegungen reagierte, führten in beiden Bewegungen jedoch dazu, dass Zusammenschlüsse von Emigrationswilligen wieder zerfielen.
Für beide Gruppen war das Abfassen von Petitionen an Adressaten innerhalb der Sowjetunion und im Westen eine grundlegende Aktionsform. Sowohl deutsche als auch jüdische Petenten begründeten schriftlich ihren Auswanderungswunsch, sie schilderten die bisher unternommenen Schritte, beklagten sich über Diskriminierungen und Repressalien und baten um Hilfe. Eine erste Welle von jüdischen kollektiven Appellen begann in der zweiten Hälfte des Jahres 1969 mit der Petition, die achtzehn jüdische Familien aus Georgien am 6. August 1969 an die UNO sandten.[12] Kurz nach der Veröffentlichung dieses Appells erreichten zahlreiche weitere kollektive Briefe, alle mit der Forderung nach Emigration, den Westen. Seit Anfang der 1970er Jahre versuchten auch die deutschen Auswanderungswilligen, mit ihren Petitionen eine breite Öffentlichkeit im In- und Ausland zu erreichen.[13]
Auswanderungswillige beider Bewegungen bemühten sich darum, durch Protestaktivitäten in der Unionshauptstadt Moskau in besonderer Weise auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen; Vorsprachen bei den zentralen Regierungsstellen sollten die Dringlichkeit des Problems verdeutlichen, mit „Märschen“ und Demonstrationen wollten Antragsteller auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit in der Sowjetunion und im Ausland erregen.[14]
Der Hungerstreik wurde von Auswanderungswilligen beider Bewegungen als Mittel genutzt, um der Wichtigkeit ihrer Forderungen und ihrer Entschlossenheit Nachdruck zu verleihen. Hungerstreiks von größeren Gruppen, oft auch in verschiedenen Städten, sind, ebenso wie ausgedehnte Hungerproteste zur Bekundung der Solidarität mit inhaftierten Emigrationswilligen, eher aus der jüdischen Bewegung bekannt.[15] Mit der Ablegung der Staatsbürgerschaft unterstrichen sowohl jüdische als auch deutsche Antragsteller ihren Protest gegen die Verweigerung der Ausreisegenehmigung sowie gegen die Repressionsmaßnahmen des Staates. Jedoch scheint diese Methode, ebenso wie die Wehrdienstverweigerung, in der jüdischen Bewegung weiter verbreitet gewesen zu sein. Massenhafte Ablegungen der Staatsbürgerschaft sind aus beiden Bewegungen bekannt.[16]
Unter den abgelehnten jüdischen Ausreisewilligen befanden sich viele Akademiker − Künstler und Wissenschaftler −, die wegen ihrer Auswanderungsbemühungen ihren Beruf nicht mehr ausüben konnten und sich in unterschiedlicher Weise in der jüdischen Bewegung engagierten. Schon aufgrund ihrer Ausbildung, ihrer Kenntnisse und ihrer oft weitreichenden Kontakte hatten sie ganz andere Möglichkeiten als deutsche Emigrationswillige. Dieser wesentliche Unterschied muss bei einem Vergleich der Protestaktivitäten, vor allem auch in Bezug auf die Samisdat[17]-Aktivitäten deutscher und jüdischer Emigrationswilliger in besonderem Maße berücksichtigt werden. Das jüdische Samisdat enthält zahlreiche, in ihrem Anspruch sehr unterschiedliche Zeitschriften, die sich auf vielfältige Art und Weise mit den Problemen der Juden in der Sowjetunion, mit der Emigrationsbewegung und der Frage nach der jüdischen Identität sowie mit kulturellen Themen auseinandersetzen. Die verschiedenen Samisdat-Publikationen, die über die Probleme jüdischer Auswanderungswilliger, über ihre Proteste und über Repressalien gegen Antragsteller in verschiedenen Städten berichteten, stellten eine Art Plattform für die Emigrationsbewegung dar. Potentielle Antragsteller konnten sich über die Schwierigkeiten und über Möglichkeiten zu deren Überwindung informieren; ausländischen Lesern wurde ein detailliertes Bild von der Emigrationsbewegung und den Problemen der Ausreisewilligen vermittelt.[18]
Mit diesen im Untergrund erscheinenden Zeitschriften schufen jüdische Intellektuelle eine wichtige Grundlage für die jüdische nationale Bewegung. Auch mit anderen inoffiziellen kulturellen Aktivitäten, wie Hebräischkursen und Seminaren zur jüdischen Kultur und Geschichte, sollte der Mangel einer offiziellen jüdischen Kultur in der Sowjetunion ausgeglichen werden. Zwar gehörte nur ein kleiner Teil der jüdischen Ausreisewilligen zu den Kreisen, die an Samisdat-Veröffentlichungen beteiligt waren oder sich auf kulturellem Gebiet betätigten, dennoch prägten diese Aktivitäten die jüdische Emigrationsbewegung in besonderem Maße. Auf der einen Seite leisteten sie einen Beitrag zur Herausbildung bzw. Bewahrung der jüdischen Identität unter sowjetischen Juden, auf der anderen Seite waren sie Ausdruck des Protestes gegen die Realität in der Sowjetunion, das heißt gegen die Einschränkung des Rechts auf Auswanderung und der kulturellen Rechte sowjetischer Juden. Darüber hinaus darf die Bedeutung der Sprach- und Kulturseminare als Sammelpunkte jüdischer Auswanderungswilliger nicht unterschätzt werden; sie stellten, ebenso wie die inoffiziellen Aktivitäten auf wissenschaftlichem Gebiet, ein verbindendes Element innerhalb der Gemeinschaft der jüdischen Abgelehnten dar. Wegen ihres Ausreisewunsches arbeitslos gewordene jüdische Wissenschaftler waren bemüht, durch selbstorganisierte inoffizielle wissenschaftliche Seminare, Vorträge und Tagungen das staatlich verordnete Arbeitsverbot zu umgehen. Obwohl diese Veranstaltungen in erster Linie wissenschaftlichen Zwecken dienten, drückten die Beteiligten auf diese Weise auch ihren Protest aus: Sie zeigten sich entschlossen, ihre Situation selbst zu ändern. Mit ihrer Eigeninitiative signalisierten sie eine gewisse Unabhängigkeit vom Staat – indem sie staatliche Vorgaben und Verbote umgingen, demonstrierten sie deutlich, dass sie diese Entscheidungen des Staates nicht akzeptieren wollten.[19]
Das deutsche Samisdat beinhaltet neben einer Vielzahl von Petitionen nur eine Nummer der Zeitschrift Re Patria[20], einige Aufsätze zur Lage der Deutschen in der Sowjetunion sowie einige Berichte über Repressalien; die deutsche Auswanderungsbewegung wurde bei weitem nicht so gut dokumentiert wie die jüdische. Die Zeitschrift Re Patria war jedoch ein erster Ansatz; für die unterschiedlichen Rubriken zu Rechtsfragen, zur Geschichte und Kultur sowie zur Emigrationsbewegung scheint das jüdische Samisdat Vorbild gewesen zu sein.
Inoffizielle kulturelle Aktivitäten sind aus der deutschen Bewegung kaum bekannt, was sicherlich zum großen Teil auf die oben bereits genannten unterschiedlichen Ausgangsbedingungen (Bildungsgrad, Berufsstruktur, geographische Situation) zurückzuführen ist. Auch muss berücksichtigt werden, dass ein solches Engagement für deutsche Aktivisten, die in sowjetischen Dissidentenkreisen und im Ausland unbekannt waren, gefährlicher war als für bekannte jüdische Intellektuelle, da die sowjetischen Behörden gegen Personen ohne weitreichende Kontakte wesentlich leichter − unbemerkt von der Öffentlichkeit − vorgehen konnten.
Insgesamt erzielten jüdische Aktivisten mit ihrem Protest auf Grund der hohen Urbanisierungsrate der jüdischen Bevölkerung in der UdSSR und ihrer Kontakte zur Menschenrechtsbewegung größere Aufmerksamkeit als deutsche Protestierende. Moskauer Aktivisten der jüdischen Emigrationsbewegung hatten gute Kontakte zu ausländischen Journalisten, an die sie Informationen weitergaben und für die sie Pressekonferenzen organisierten. Der deutschen Bewegung fehlten bis auf wenige Ausnahmen Ansprechpartner in Moskau und ein so gutes Informationsnetz wie jenes der jüdischen Bewegung. Daher erreichten Nachrichten über Aktivitäten deutscher Emigrationswilliger den Westen oft erst mit großer Verspätung; über manche Protestaktionen wurde nur Ungenaues bekannt.
Die sowjetische Führung verfolgte hinsichtlich der jüdischen und der deutschen Auswanderungsbewegung in der Anfangsphase eine ähnliche Taktik: Herausragende Aktivisten erhielten eine Auswanderungsgenehmigung, insgesamt wurde einer steigenden Zahl von Juden und Deutschen die Emigration erlaubt. Offensichtlich hegte die sowjetische Regierung die Hoffnung, auf diese Weise den Druck in der Sowjetunion zu mindern und die Bewegungen zum Stillstand zu bringen. Gleichzeitig sollten Prozesse gegen einige Aktivisten − innerhalb der Bewegungen auch als „Schauprozesse“ bezeichnet − auf Auswanderungswillige abschreckend wirken und sie zur Aufgabe ihres Vorhabens bewegen. Dieses Vorgehen erzielte jedoch in beiden Bewegungen nicht den gewünschten Erfolg, vielmehr wurden durch die vermehrte Erteilung von Auswanderungsgenehmigungen immer mehr Menschen zur Antragstellung ermutigt und die Protestbewegungen weiteten sich aus.
Das gerichtliche Vorgehen der sowjetischen Behörden gegen jüdische und deutsche Aktivisten war durchaus ähnlich. Beispielsweise folgten in beiden Fällen auf die ersten Prozesse, in denen die Anklage meist eher politischen Charakters war („Verbreitung wissentlich falscher Behauptungen“, „antisowjetische Propaganda“ etc.), Bemühungen, die Ausreisewilligen zu kriminalisieren, das heißt ihnen Vergehen ohne politischen Bezug zur Last zu legen. Auch die repressiven Maßnahmen, die staatlicherseits gegen Emigrationswillige ergriffen wurden, waren vergleichbar. Aussagen darüber, ob die Sicherheitskräfte jeweils mit unterschiedlicher Härte gegen die Bewegungen vorgingen, können nicht getroffen werden; ein Vergleich ist nicht nur aufgrund der Quellenlage, sondern auch wegen der Individualität der einzelnen Fälle schwierig. Für die Vorgehensweise der Behörden gegen einen Aktivisten waren sicherlich mehrere Faktoren, wie z. B. der Wohnort, der Bekanntheitsgrad des Aktivisten, besonders im Ausland, und die bisherige Tätigkeit, ausschlaggebend. Es lässt sich jedoch feststellen, dass die Sicherheitskräfte ähnliche Repressionsmaßnahmen zur Unterdrückung der Emigrations- und Protestbewegungen anwendeten, und dass sowohl Juden als auch Deutsche von der Unberechenbarkeit und Willkür der Behörden betroffen waren und kaum eine Möglichkeit hatten, rechtliche Schritte dagegen zu unternehmen.[21]
Die rasch wachsende Emigrationsstimmung innerhalb der jüdischen Bevölkerung wurde seitens der sowjetischen Führung als große Gefahr für die internationalistische Idee in der Sowjetunion betrachtet, da man einen negativen Einfluss der jüdischen Emigration auf die Stimmung anderer Nationalitäten in der UdSSR, namentlich auch der deutschen Bevölkerung wahrnahm.[22] Die Propaganda gegen die Auswanderung der Juden wurde von allgemeiner antizionistischer und antiisraelischer Propaganda begleitet.[23] Gleichzeitig gab es Bemühungen, den Einfluss der Juden in der sowjetischen Gesellschaft zurückzudrängen, die jüdische Kultur weiter zu unterdrücken und somit die Assimilierung voranzutreiben; möglicherweise in der Hoffnung, auf diesem Wege den Emigrationsdruck zu mindern. Bezüglich der Deutschen wurde diese Propaganda gegen die Auswanderung von Maßnahmen begleitet, die die Lage der deutschen Bevölkerung an ihren Wohnorten verbessern sollten, um die Menschen auf diese Weise zum Bleiben zu bewegen.[24] Jedoch änderte sich an der tatsächlichen Situation wenig; die Emigrationsstimmung innerhalb der deutschen Bevölkerung wurde dadurch kaum gemindert.
Obwohl die repressiven Maßnahmen und die Propaganda seitens des sowjetischen Staates sicher auf viele Menschen abschreckend wirkten, brachten sie die Protestbewegungen nicht zum Stillstand. Vielmehr hatten verstärkte Repressionen oft eine Intensivierung der Aktivitäten der Betroffenen zur Folge. Die Verhängung von Haftstrafen gab vielfach Anlass zu weiteren Protesten [s. Abbildung 3, 4 und 5]; besonders die jüdische Bewegung wurde dabei durch die breite Unterstützung aus dem Ausland gestärkt.
Emigrationswillige Juden und Deutsche protestierten, je länger ihre Bemühungen dauerten, nicht mehr nur gegen die Verweigerung der Ausreisegenehmigung, sondern in zunehmendem Maße auch gegen Repressalien von Seiten der Behörden und der Sicherheitsorgane; vielfach äußerten sie eine wachsende Skepsis gegenüber der sowjetischen Bürokratie und Rechtspraxis. Die Druckmaßnahmen bestärkten sie in ihrer Ansicht, dass es für sie in der Sowjetunion keine Zukunft gebe; Repressalien führten somit häufig zu einer Verstärkung des Auswanderungswunsches und zu einer zunehmenden Ablehnung des sowjetischen Staatssystems, wie es sich in der Praxis darstellte.
Die Perestrojka brachte nur langsam Veränderungen in der Situation der jüdischen und deutschen Minderheit. Erst im Laufe des Jahres 1987 stieg die Zahl der erteilten Ausreisen; gleichzeitig kündigten vorzeitige Freilassungen von aufgrund ihrer Auswanderungsbemühungen Inhaftierten Lockerungen im Umgang des Staates mit Emigrationswilligen an.
Weder die jüdische noch die deutsche Bevölkerung in der Sowjetunion stellte in den Nachkriegsjahrzehnten hinsichtlich ihrer Identität eine homogene Gruppe dar, sondern es existierten verschiedene Tendenzen, die zwischen den Extremen Assimilation und Betonung des nationalen Selbstbewusstseins schwankten. Die Entstehung des Auswanderungswunsches stellte für die jüdischen und deutschen Emigrationswilligen die erste Stufe im Prozess der Ablösung von der Sowjetunion dar. Bei vielen Juden und Deutschen riefen nationale Gründe oder Unzufriedenheit in bestimmten Lebensbereichen den Wunsch hervor, das Land zu verlassen. Negative Erfahrungen in der Sowjetunion, aber auch die Anziehungskraft der Zielländer ließen ein neues Heimatverständnis entstehen und bewirkten die innere Abwendung von der Sowjetunion sowie die gleichzeitige Hinwendung zum Zielland. Diese Abwendung musste jedoch noch nicht gleichbedeutend sein mit einer vollständigen Ablehnung des sowjetischen Staates.
Wurde die physische Ablösung − die Emigration − verweigert, kam es häufig zu einer zunehmenden Distanzierung vom sowjetischen Staat. Im Verlauf ihrer Bemühungen um die Emigrationsgenehmigung, im Kampf um das Recht auf Ausreise, wurden die Antragsteller besonders mit den Realitäten des Systems, vor allem im rechtlichen Bereich, konfrontiert. Ein Teil der Auswanderungswilligen drückte seine Unzufriedenheit in Protesten aus und demonstrierte offen seine Distanz zum Staat. Mit der Ablegung der sowjetischen Staatsbürgerschaft, der Ablehnung von staatlichen Auszeichnungen und der Weigerung, gewisse Staatsbürgerpflichten zu erfüllen, verdeutlichten manche Emigrationswillige, dass sie sich dem Staat nicht mehr als Bürger verbunden fühlten, dass sie sich innerlich bereits vollständig von ihm abgewandt hatten.
In beiden hier untersuchten Bevölkerungsgruppen handelte es sich bei den Emigrationsbewegungen nicht um organisierte Bewegungen mit einer einheitlichen Vorgehensweise. Vielmehr äußerten sich die Ablösungsprozesse der jüdischen und der deutschen Auswanderungswilligen in unterschiedlichen Aktivitäten und Protesten von Einzelpersonen, Familien oder Gruppen. Die Emigrationsbewegungen der Juden und der Deutschen gingen jeweils aus nationalen Bewegungen hervor. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass nur ein Teil der Auswanderungswilligen nationale bzw. ethnische Gründe hatte und nicht alle Anhänger der nationalen Bewegungen die Emigration anstrebten, sondern manche in erster Linie die Möglichkeit zur Bewahrung der ethnischen Identität in der Sowjetunion wünschten.
Emigrationsbewegungen und nationale Bewegungen waren jedoch nicht voneinander zu trennen. Zwar sah ein großer Teil der Auswanderungswilligen die Lösung seiner Probleme nur außerhalb der Sowjetunion – in einer Emigration vor allem nach Israel, in die USA oder nach Deutschland −, dennoch forderten auch Antragsteller immer wieder Verbesserungen innerhalb der Sowjetunion für die jüdische bzw. die deutsche Minderheit. Die aus dem Umkreis der jüdischen und deutschen Bewegungen geforderten Veränderungen zielten somit auf die Verbesserung der Lage der Minderheiten im Rahmen des sowjetischen Systems. Die Kritik betraf in erster Linie die mangelhafte Umsetzung der vorhandenen Grundlagen, die Verletzung der Verfassung, der Gesetze bzw. der internationalen Vereinbarungen. Auswanderungswillige Juden und Deutsche setzten sich weniger für die Einhaltung der Menschenrechte allgemein ein, sondern forderten neben dem persönlichen Recht auf Emigration vor allem bestimmte, die eigene nationale Gruppe besonders betreffende Rechte. Nur einige wenige − diese kamen vor allem aus den Reihen der jüdischen Bewegung − engagierten sich auch für die Rechte anderer Bevölkerungsgruppen und allgemein für die Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte in der UdSSR.
Obwohl die Emigrationswilligen der beiden Minderheiten nur in geringem Maße im direkten Austausch miteinander standen und jede der Protestbewegungen spezifische Besonderheiten aufwies, vollzogen sich ihre Ablösungsprozesse doch parallel und in vielerlei Hinsicht nach ähnlichem Muster: Die Ablösung von der Sowjetunion war in erster Linie eine Reaktion der Menschen auf ihre Lage und den Umgang des Staates mit der jüdischen und deutschen Minderheit sowie eine Folge der Geschichte dieser Minderheiten in der Sowjetunion. Die Versuche des sowjetischen Staates, diesen Ablösungsprozess − zum Teil auch mit Gewalt − aufzuhalten, verstärkten die mentale Ablösung der Auswanderungswilligen und riefen ihren Widerstand hervor. Durch Protestaktivitäten betonten jüdische und deutsche Emigrationswillige sowohl ihre Entschlossenheit, das Land zu verlassen, als auch die schwindende Bereitschaft, die Realitäten in der Sowjetunion zu akzeptieren. Die Protestbewegungen der auswanderungswilligen Juden und Deutschen waren somit Ausdruck des Vollzugs der inneren Ablösung vom Staat.
[1] Dowty, Alan, The Right to Leave and Return. Political and Social Factors, in: Brunner, Georg, Alan Kagedan (Hrsg.), Die Minderheiten in der Sowjetunion und das Völkerrecht, Köln 1988, S. 157-176, hier 161.
[2] Zwar gab es nach sowjetischer Auffassung keine nationalen Minderheiten, sondern nur das alle in der Sowjetunion lebende Menschen umfassende Sowjetvolk, dennoch wurde im sowjetischen (Inlands-)Pass die Nationalität des betreffenden Sowjetbürgers angegeben: Kinder aus Mischehen konnten nach sowjetischem Recht im Alter von sechzehn Jahren zwischen den Nationalitäten ihrer Eltern wählen. Eine spätere Möglichkeit zur Änderung des Eintrags bestand nicht.
[3] Pinkus, Benjamin, Die Auswanderungsbewegung der Deutschen und Juden seit 1970, in: Kappeler Andreas, Boris Meissner & Gerhard Simon (Hrsg.), Die Deutschen im Russischen Reich und im Sowjetstaat, Köln 1987, S. 151-166, hier 164.
[4] Ausführlich siehe dazu: Armborst, Kerstin, Ablösung von der Sowjetunion. Die Emigrationsbewegung der Juden und Deutschen vor 1987, Münster u. a. 2001.
[5] Zur Situation der Deutschen in der Sowjetunion s. Pinkus, Benjamin, Ingeborg Fleischhauer, Die Deutschen in der Sowjetunion. Geschichte einer nationalen Minderheit im 20. Jahrhundert, bearb. u. hrsg. v. Ruffmann, Karl-Heinz, Baden-Baden 1987. Zur Geschichte der Juden in der Sowjetunion s. Levin, Nora, The Jews in the Soviet Union since 1917: Paradox of Survival, vol. II, London 1990.
[6] Mertens, Lothar, Alija. Die Emigration der Juden aus der UdSSR/GUS, Bochum, 1993, S. 36.
[7] Dietz, Barbara, Zwischen Anpassung und Autonomie. Rußlanddeutsche in der vormaligen Sowjetunion und in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1995, S. 35.
[8] Diese Begründungen von deutschen Ausreisewilligen finden sich s. z. B. in AS 1913; AS 1776, S. 82-84; AS 4020; AS 5181. Zu den von jüdischen Ausreisewilligen vorgebrachten nationalen Gründen s. z. B. die in AS 420 und AS 426 enthaltenen Petitionen. Die hier und im Folgenden mit „AS“ und einer Nummer bezeichneten Dokumente sind im Archiv Samizdata enthalten, das 1971 im Research Department des Senders Radio Liberty in München gegründet und in der Sammlung Sobranie dokumentov Samizdata bzw. Materialy Samizdata veröffentlicht wurde. Da die Dokumente vor der Aufnahme in das Archiv Samizdata sorgfältig auf Faktengenauigkeit geprüft und gegebenenfalls mit einem Kommentar versehen wurden, stellen sie einen sehr verlässlichen Quellenbestand dar.
[9] Pinkus, Benjamin, National Identity and Emigration Patterns among Soviet Jewry, in: Soviet Jewish Affairs, 15 (3), 1985, S. 3-28.
[10] Luchterhandt, Otto, UN-Menschenrechtskonventionen. Sowjetrecht – Sowjetwirklichkeit. Ein kritischer Vergleich, Baden-Baden 1980, S. 271f. S. die Verordnung des Ministerrats der UdSSR Nr. 660 vom 19. Juli 1959 in AS 420, S. 44-46.
[11] Pinkus/Fleischhauer/Ruffmann 1987, S. 544-546.
[12] AS 268.
[13] S. etwa den Aufruf von 10 Deutschen „An den amerikanischen Kongress, an alle Deutschen und alle Bürger der Vereinigten Staaten“ vom 10. September 1974 (AS 1865).
[14] S. z. B. AS 1390, S. 41-58; AS 4403; AS 4478.
[15] S. z. B. AS 1390, S. 22-40.
[16] S. z. B. AS 2745; AS 1391, S. 83.
[17] Mit Samisdat (sam = selbst, isdat‘ = herausgeben, izdatel’stvo = Verlag) werden Schriften bezeichnet, die unter Umgehung des staatlichen Publikationssystems hergestellt und verbreitet wurden.
[18] S. z. B. AS 420; AS 426; AS 1391.
[19] S. z. B. Belaja kniga o simpoziume: Evrejskaja kul’tura v SSSR. Sostojanie, Perspektivy, Hrsg. vom Organisationskomitee des Symposiums (Moskau 1977), in: Evrejskij Samizdat, Bd. 15, S. 1-145; AS 420; AS 426; AS 1391.
[20] AS 1776.
[21] S. z. B. AS 1391; AS 4478; AS 4715; AS 2725.
[22] Onikov, Leon, (Berater der Propagandaabteilung des ZK der KPdSU), O vyezde časti evrejskogo naselenija iz SSSR, in: Morozov, Boris (Hrsg.): Evrejskaja Ėmigracija v svete novych dokumentov, Tel Aviv 1998, Dokument Nr. 57, S. 199-204.
[23] S. etwa die Tätigkeit des „Antizionistischen Komitees“, untersucht von Korey, William, The Soviet Public Anti-Zionist Committee. An Analysis, in: Freedman, Robert (Hrsg.), Soviet Jewry in the 1980s. The Politics of Antisemitism and Emigration and the Dynamics of Resettlement, Durham u. London 1989, S. 26-50.
[24] Vorschläge des ZK der Kommunistischen Partei Kazachstans an das ZK der KPdSU über die Verbesserung der Arbeit unter der deutschen Bevölkerung, 25. Oktober 1973 (Dokument Nr. 140), in: Iz istorii Nemcev Kazachstana (1921-1975gg.). Sbornik dokumentov [Aus der Geschichte der Deutschen Kasachstans (1921-1975). Dokumentenband], Hrsg. im Namen d. Archivs des Präsidenten der Republik Kasachstan von G.A. Karpykova. Almaty und Moskau 1997, S. 261-265.
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Vorschläge des ZK der Kommunistischen Partei Kasachstans an das ZK der KPdSU über die Verbesserung der Arbeit unter der deutschen Bevölkerung, 25. Oktober 1973, Dokument Nr. 140, in: Iz istorii Nemcev Kasachstana (1921-1975gg.). Sbornik dokumentov [Aus der Geschichte der Deutschen in Kasachstan (1921–1975). Dokumentensammlung], hrsg. v. Archiv des Präsidenten der Republik Kasachstan, verantwortl. Redakteurin G. A. Karpykova. Almaty / Moskau 1997, S. 261-265.
Onikov, Leon [Berater der Propagandaabteilung des ZK der KPdSU], O vyezde časti evrejskogo naselenija iz SSSR [Über die Ausreise eines Teils der jüdischen Bevölkerung aus der UdSSR], in: Morozov, Boris (Hrsg.): Evrejskaja Ėmigracija v svete novych dokumentov, Dokument Nr. 57, Tel Aviv 1998, S. 199-204.
Organisationskomitee des Symposiums (Hrsg.), Belaja kniga o simpoziume: Evrejskaja kul’tura v SSSR. Sostojanie, Perspektivy [Weißbuch des Symposiums: „Jüdische Kultur in der UdSSR. Lage und Perspektiven“], in: Evrejskij Samizdat 15, 1977, S. 1-145.
Die Dokumente des Archiv Samizdata (gegründet 1971 im Research Department des Senders „Radio Liberty“ in München, das dann in den Bestand der Open Society Archives in Budapest übergegangen ist) wurden in der Sammlung Sobranie Dokumentov Samizdata und später in den Materialy Samizdata, einer wöchentlichen Publikation von Radio Liberty veröffentlicht. Da die Dokumente vor der Aufnahme in das Archiv Samizdata sorgfältig auf Faktengenauigkeit geprüft und gegebenenfalls mit einem Kommentar versehen wurden, stellen sie einen sehr verlässlichen Quellenbestand dar. Die Dokumente werden mit „AS“ und einer Nummer bezeichnet.
Deutsche Emigration
AS 1776 Re Patria
Materialsammlung zur Geschichte, Kultur und den Problemen der Deutschen in der Sowjetunion, Nr. 1, Moskau 1974.
AS 1865
Zehn Mitglieder von Komitees und Vereinigungen der Deutschen, „Appell an den Amerikanischen Kongress, an alle Deutschen, an die Bürger der USA“ im Namen einer Vereinigung von 7000 Deutschen im Baltikum und 3368 Familienoberhäuptern aus Kirgisien und Kazachstan, die in die BRD emigrieren möchte, 10. September 1974.
AS 1913
Komitee der „Vereinigung der in Estland lebenden Bürger deutscher Nationalität“, Brief an Bundeskanzler Helmut Schmidt und Außenminister Genscher, 18. Oktober 1974.
AS 2725
3 Appelle von Deutschen an das internationale Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte, Issyk, undatiert, möglicherweise Herbst 1974.
AS 2745
Deutsche in Kazachstan, „Appell an die Regierung der BRD, an das Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte bei der UNO, an alle Teilnehmerstaaten, die die Helsinki-Schlussakte unterzeichnet haben, 2. Oktober 1976.
AS 2811
Konstantin Wuckert, sowjetischer Deutscher, 4 Dokumente über die Frage der sowjetischen Deutschen; Novotroickoe, Džambulskaj Oblast‘, 1971-1976.
AS 4020
Vladimir Bär, Deutscher, Appell an den Radiosender „Deutsche Welle“, beigefügt ein anonymer Brief, Nartkala, KBASSR (um den 12. Mai 1980)
AS 5181
Marta Miller, abgelehnte Deutsche, „Offener Brief“ an das ZK der KPdSU mit der Bitte, die Zustimmung zum Ausreisegesuch der Familie Miller in die BRD zu geben, Alma-Ata, 8. Februar 1984.
Jüdische Emigration
AS 268
Brief von 18 georgischen Juden an israelischen Botschafter bei den Vereinten Nationen, Tekoa, 6. August 1969.
AS 420
Ischod (Exodus), Nr. 1. Dokumentensammlung zur jüdischen Frage in der UdSSR, 1970, 40 S.
AS 426
Ischod (Exodus), Nr. 1. Dokumentensammlung zur jüdischen Frage in der UdSSR, 1970, 40 S.
AS 1391 Bote des Exodus, Nr. 3, 101 S.
Deutsche und jüdische Emigration
AS 4478
3 Mitglieder der Moskauer Helsinki-Gruppe (Elena Bonner u.a.). Dokument Nr. 182: „Repressalien gegen Ausreisewillige aus der UdSSR“, Moskau 5. September 1981.
AS 4641
3 Mitglieder der Moskauer Helsinki-Gruppe (Elena Bonner u.a.). Dokument Nr. 192: „Die Verfolgung der Bürger, die aus der UdSSR ausreisen möchten, geht weiter“, Moskau, 2. März 1982.
Bundeszentrale für Politische Bildung, Dossier "Russlanddeutsche".
Eisfeld, Alfred, 30.10.2018, Leben und Kultur der Deutschen im Ural und Sibirien nach der Deportation, in: Dossier "Russlanddeutsche", hrsg. v. der Bundeszentrale für Politische Bildung.
Karte Deutsche in der Sowjetunion und deren Nachfolgestaaten nach 1945, in: Dossier "Russlanddeutsche", hrsg. v. der Bundeszentrale für Politische Bildung.
Karte Zwangsaussiedlung deutscher Sowjetbürger aus dem europäischen Teil der UdSSR 1991, in: Dossier "Russlanddeutsche", hrsg. v. der Bundeszentrale für Politische Bildung.