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Deutsche und Juden im lokalen Raum: Eine galizische Verflechtungsgeschichte?

 

Einführung

Wird nach der deutsch-jüdischen Verflechtungsgeschichte im Ostmitteleuropa des 19. Jahrhunderts gefragt, so steht meist die Ebene der Hochkultur im Mittelpunkt: gegenseitige Kontakte in der Haskala- und Reformbewegung[1] oder in der Kunst (z. B. deutschsprachige Literatur im Osten, Architektur der Reformsynagogen usw.).[2] Es handelt sich dabei grosso modo um elitäre Phänomene, vor allem, wenn man ein allgemein niedriges Niveau der Alphabetisierung berücksichtigt. Weit weniger populär sind dagegen Themen, die sich den möglichen gegenseitigen Abhängigkeiten und Interferenzen der Deutschen und Juden im Alltag widmen und das Zusammenleben im begrenzten lokalen Raum in einer konkreten Periode untersuchen.

Dieser Essay möchte Unterschiede im Status der Juden und Deutschen in Galizien beleuchten. [Abbildung 1 und 2] In der gesellschaftlichen und rechtlichen Stellung beider Bevölkerungsgruppen werden nämlich Ursachen für die Nichtberücksichtigung des Problemfeldes der alltäglichen gegenseitigen Kontakte in der Forschung vermutet.[3] Die konkreten Möglichkeiten deutsch-jüdischer Verflechtung werden später am Beispiel der Rechtspraxis zweier galizischer Großstädte an der Peripherie der Habsburger Monarchie im 19. Jahrhundert untersucht: Lemberg (pol. Lwów, ukr. L'viv) und Krakau (pol. Kraków, jid. Kroka). [Abbildung 3 und 4]

 

Beide Großstädte wurden oftmals als Inseln der Zivilisation in einem Meer der agrarischen Rückständigkeit bezeichnet.[4] Während Lemberg die politische Hauptstadt Galiziens wurde, blieb Krakau ein Verwaltungszentrum für Westgalizien und eine polnische Bildungs- und Kulturstätte. Krakau galt zudem als konservativ und „todernst“, Lemberg als demokratisch und lebendig.[5] Haben sich diese politischen Präferenzen in irgendeiner Form auf die Verflechtungen zwischen den dortigen Deutschen und Juden ausgewirkt?

Dabei ist anzumerken, dass ausgerechnet diese Themen, die konkrete deutsch-jüdische Verflechtungen genauer betrachten könnten, bis heute wissenschaftlich kaum erforscht worden sind. So steht etwa eine Analyse der durchaus interessanten Gruppe von Angehörigen des k.u.k. Militärs aus, die seinerzeit in Krakau, einer Festungsstadt, und in Lemberg, einer Garnisonstadt, stationiert waren. Darunter befanden sich auch „deutsche Juden“, d.h. Anhänger der Reformbewegung. Manche knüpften Kontakte zu den hiesigen Tempelgängern (pol. postępowcy). Allerdings geht es auch in diesem Fall um ein elitäres Phänomen und um sehr wenige Personen.

Größeren Ausmaßes waren weitverzweigte verwandtschaftliche und berufliche Netzwerke, die oft beide galizischen Städte mit Wien oder mit anderen österreichischen und deutschen Ortschaften miteinander verbanden.[6] Dies führte sicherlich zu Verflechtungen und Interferenzen, die bis heute jedoch kaum untersucht wurden, und wenn doch, dann lediglich ansatzweise und von Galizien in Richtung Wien und nicht umgekehrt.[7]

 

Statistik

Die damaligen Statistiker mieden die Kategorie von Nationen und Nationalitäten. Sie teilten dagegen die Bevölkerung entlang konfessioneller Unterschiede ein. Die Volkszählung von 1857 verzeichnete für Lemberg 28.026 römisch-katholische, 4.209 griechisch-katholische sowie 31 russisch-orthodoxe Christen. Daneben werden 808 Protestanten, 22.586 Juden und 2 Personen anderen Glaubens aufgeführt.[8] In Krakau dagegen waren 20.909 Römisch-Katholische, 45 Griechisch-Katholische, 28 Russisch-Orthodoxe, 291 Protestanten sowie 12.937 Juden ansässig.

In den späteren Volkszählungen kombinierte man die Kategorien Konfession und Sprache, allerdings wurde Jiddisch nicht als offizielle Sprache anerkannt.[9] Im Jahr 1900 gaben von den 159.877 Einwohnern von Lemberg 120.634 an, polnischsprachig, 20.408 deutschsprachig und 15.159 ruthenischsprachig zu sein. Von den Einwohnern Lembergs hingen 44.258 dem „mosaischen Glauben“ und 2.844 dem Protestantismus an.

In Krakau wohnten 91.323 Personen, davon sprachen 78.563 Polnisch, 6.576 Deutsch und 249 Ruthenisch. Es wurden 25.670 Juden gezählt. [Abbildung 5]

Protestanten stellten in beiden Städten eine verschwindend geringe Gruppe dar: Es war weit ungewöhnlicher, einem Protestanten zu begegnen, als etwa einem Juden oder einem Katholiken. In beiden Kommunen, in Lemberg wie in Krakau, lebten multikonfessionelle und multiethnische Bevölkerungen, obwohl wie in ganz Galizien die christlichen Konfessionen klar überwogen. In beiden Städten bildeten die „Israeliten“ – so wurden damals Jüdinnen und Juden bezeichnet – mehr als 30% der Stadteinwohner. Damit waren die Mitglieder der jeweiligen Konfessionsgemeinde gemeint. Jeder Jude hatte – so wie jeder Angehörige einer bestimmten Glaubensgemeinschaft – einer Konfessionsgemeinde anzugehören. Galizische Juden waren überwiegend orthodoxe Gläubige und mehrheitlich Chassidim; sie bewohnten in der Regel geschlossene Stadtviertel, die von den christlichen Vierteln abgesondert waren: dies war besonders in Krakau sichtbar, dessen jüdisches Viertel aus der früheren „jüdischen Stadt“ hervorgegangen war, eigene Stadtmauern besaß und von einem Fluss vom Stadtzentrum abgetrennt war. [Abbildung 6]

 

Die ethnisch-konfessionellen Verhältnisse gestalteten sich in Lemberg viel komplizierter als in Krakau – hier waren mehrere jüdische Viertel um das Stadtzentrum verstreut.[10] Während Juden hauptsächlich Kaufleute und seltener Handwerker waren, waren Protestanten und Katholiken meistens entweder Handwerker, Bedienstete oder Angestellte.[11] Juden gehörten zwar zu den Gruppen der Stadtbevölkerung, die am höchsten besteuert wurden, aber dies traf nur auf eine sehr kleine Gruppe zu.[12] Weit zahlreicher waren die jüdischen Armen, die auch als „Luftmenschen“ bezeichnet wurden.[13]

 

Schwierigkeiten mit der Definition

Wenn es um Galizien geht, wird oft eine Affinität der dortigen Juden zur deutschen Sprache erwähnt. Diese Vorliebe führte zu einer „Verfälschung“ der Statistiken im Habsburger Reich, weil sich galizische Juden als deutschsprachig ausgaben, obwohl sie mehrheitlich Jiddisch sprachen. In diesem Zusammenhang wird oft auf Schulsysteme und Schulexperimente verwiesen: es gibt mehrere Arbeiten, die sich den deutschen Schulen in Galizien und ihren jüdischen Schülern widmen.[14] Diese Arbeiten entstanden im Umfeld der dominierenden Forschungstrends zur Untersuchung von Haskala und jüdischen Reformgruppierungen. Die Schulexperimente wurden von der Habsburger Verwaltung initiiert und die entbehrungsgewohnten, deutschsprachigen Maskilim verwirklichten sie – dabei gleichsam als Entsandte einer jüdischen Selbstzivilisierungsmission handelnd. Die Ideale der jüdischen Aufklärung sowie der „zivilisatorischen Hebung“ der galizischen Juden werden deswegen – so wie allgemein im Ostmitteleuropa – mit der Akkulturation an deutsche Sprache und Kultur assoziiert.[15] Wenig beachtet wird dabei, dass sich diesbezügliche kulturelle Erwartungen eher an einem paradiesisch verklärten Deutschland ausrichteten und an ein fernes Ideal appelliert wurde: „Man las heimlich Schiller und Lessing, verborgen hinter Talmudfolianten“.[16] Diese in der Forschung fortwirkende Idealisierung hatte jedoch herzlich wenig mit den in Galizien lebenden Deutschen und mit einem mit ihnen geteilten Alltag zu tun.

Die Reformschulen und somit deren Einflusszonen waren geographisch unterschiedlich verteilt. So gab es etwa in Krakau keine deutsche Schule, da dort die jüdische Orthodoxie so stark blieb, dass sie die Gründung von Reformschulen erfolgreich verhindern konnte. In Lemberg dagegen sowie in ganz Ostgalizien gab es mehrere deutschsprachige Schulen unterschiedlichen Niveaus.[17] Dirk Sadowski hat die Tendenzen der Schulreform von Herz Homberg analysiert. [18] [Abbildung 7] Entgegen der früheren Forschung, die deren germanisierende Absichten in den Vordergrund stellte, vertritt Sadowski die Meinung, dass vor allem die Verbürgerlichung der galizischen Juden im Vordergrund stand. Diese Ansicht teilt auch die neueste polnische Forschung.[19] Die Schulen sollten deswegen nicht primär als ein Instrument der Germanisierung angesehen werden, obwohl sie sicherlich zur Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur unter den Juden in Galizien beitrugen. Das Interesse der Monarchie an galizischen Juden war insgesamt jedoch zu schwach, um ihretwegen eine aggressive Germanisierungspolitik zu betreiben. Für dieses mangelnde Interesse oder vielleicht einfach für eine gewisse Ratlosigkeit im Umgang mit „dem Fremden“ spricht eine sehr zögerliche Regulierung des rechtlichen Status jüdischer Gemeinden, die erst im Jahr 1890 erfolgte und die diesen Gemeinden schließlich ihre Autonomie ließ sowie Interventionen von außen auf ein Minimum begrenzte.[20]

Polen-Litauen [Abbildung 8] wurde am Ende des 18. Jahrhunderts von seinen Nachbarstaaten (Preußen, Österreich-Ungarn und dem Russischen Reich) aufgeteilt [Abbildung 9]. Das österreichische Teilungsgebiet Galizien wurde rechtlich in die Habsburgermonarchie integriert, d.h. dort galten die Rahmengesetze, die auch in anderen Orten und Territorien der Monarchie bindend waren.

Demzufolge wurden alle Einwohner Galiziens, unabhängig von Geburt und Konfession, mit der Verfassung vom 21. Dezember 1867, der „Dezemberverfassung“, gleichberechtigt.[21] [Abbildung 10] Seitdem wurden jüdische Individuen ihren christlichen Nachbarn gleichgestellt; sie konnten sich in den ihnen bis dato versperrten Stadtteilen niederlassen, dort arbeiten und überall – nicht nur in den mehrheitlich von Jüdinnen und Juden bewohnten Stadtteilen – an der Verwaltung mitwirken.[22] Als Kollektiv wurden Juden allerdings bis zum Ende der Donaumonarchie nicht im nationalen Sinne anerkannt. Sie galten lediglich als Religionsgemeinschaft und konnten somit keine nationalen Rechte beanspruchen.

In seinem viel zitierten Buch zu den Nationalitäten im Verfassungsrecht Österreichs hat Gerald Stourzh minutiös beschrieben, welche Schwierigkeiten die Habsburger Staatsverwaltung mit Juden allgemein hatte.[23] Während es klar zu sein schien, dass Juden wegen des ihnen fehlenden geschlossenen Siedlungsgebietes und einer „landesüblichen“ Sprache keine Nation sein konnten, gelang es nicht, sich auf eine korrekte Bezeichnung zu einigen. Was lag nun im Falle der Juden Österreich-Ungarns vor: ein Stamm, ein Volksstamm oder ein „Sprachstamm“? Dies waren sämtlich Bezeichnungen, die zu unterschiedlichen Perioden präferiert wurden.

Die Gewährung der Gleichberechtigung brachte der Monarchie und ihrer deutschsprachigen Verwaltung die Sympathie und Loyalitäten jener neuen jüdischen Bürger ein, die den habsburgischen Zentralismus als Garanten individueller Rechtsgleichheit unterstützten und die von der alten Landesautonomie präferierten Privilegien und Diskriminierungen fürchteten.[24] Wie Börris Kuzmany in seiner Studie zur Grenzstadt Brody herausgearbeitet hat, schwächte sich diese Loyalität gegenüber dem Zentrum im Laufe der Zeit ab; um die Jahrhundertwende war sie weitgehend durch die Loyalität gegenüber der Provinz abgelöst worden.[25] Kuzmany beschreibt dies als „natürliche“, gewissermaßen pragmatische Entwicklung innerhalb der jüdischen Gemeinschaft Galiziens.

 

Deutsche

Im Unterschied zu Juden wurden Deutsche in der Donaumonarchie von Anfang an als eine Nation anerkannt und die deutsche Sprache als landesüblich bezeichnet. Wenn man über Deutsche in Galizien spricht, wird üblicherweise hervorgehoben, dass diese oft habsburgische Beamte und katholisch waren. Sie wurden aus Wien nach Galizien entsandt, um die Provinz in ihrem Sinne zu verwalten und zu befrieden. Die Ära der Deutschen ging mit der Zuerkennung der sogenannten galizischen Autonomie im Jahr 1866 zu Ende, da durch diese Polnisch neben Deutsch und „Ruthenisch“ (Ukrainisch) als eine der Sprachen der Verwaltung eingeführt wurde. Die aus Österreich entsandten Beamten mussten nun ihre Schreibtische für polnische Kollegen räumen. Wie Isabel Röskau-Rydel ausführt, entschloss sich jedoch eine Gruppe von Beamten, in der Provinz zu bleiben.[26] Ihr Deutschtum verlor sich aber relativ schnell durch die Akkulturation an die polnische Umgebung. Da die deutschen Beamten in vielen Fällen Katholiken waren, konnte die kulturelle Distanz auf dem Feld der Religion schnell überwunden werden.[27] Das katholische Bekenntnis in Galizien schwächte die in den beiden anderen Teilungsgebieten so wirkmächtige Verbindung zwischen dem fremden Glauben und der sprachlichen wie ethnischen Fremdheit der nichtpolnischen Verwalter ab. Eine Verknüpfung zwischen den beiden Identitäten, der nationalen und konfessionellen kam hier nicht zu Stande; die besondere Sichtbarkeit ihrer Träger und ihrer sich gegenseitig verstärkenden Elemente (preußisch=protestantisch, russisch=orthodox) war im Falle der teilweise aus Böhmen stammenden katholischen Beamten nicht gegeben. Der Konnex zwischen fremdem Glauben und fremder Ethnizität ist aber im Fall der galizischen Juden erhalten geblieben, woran auch die formale Gleichberechtigung wenig änderte.

In letzter Zeit wurde die Perspektive, in der die Habsburgermonarchie als „Völkergefängnis“ erschien, deren Einwohner sich entlang ethnischer Grenzziehungen unterschieden und bekämpften oder aber sich verbrüderten, hinterfragt.[28] Man weist nun darauf hin, dass nationale Identitäten im Alltag keine große Rolle spielten, dass es unterschiedliche Identitäten und Loyalitäten gab, die sich überlagerten und von denen des Öfteren situativ Gebrauch gemacht wurde. Diese Skepsis gegenüber der älteren Habsburg-Forschung ist gerade auf den Fall und das Beispiel Galiziens anwendbar, denn diese Provinz ist insbesondere als ethnischer Konfliktherd und auch als Piemont der Ukrainer und – mit Abstrichen – der Polen – nicht aber der Deutschen –[29] wie auch als Geburtsregion des „Nationaljudentums“ dargestellt worden. Gleichzeitig brachte sie nachweisbar multiple Identitäten hervor. In Galizien blieb es möglich, als „Deutscher“ Katholik, Protestant oder Jude zu sein. Das Gleiche galt für Polen, die wie selbstverständlich unterschiedlichen Konfessionen angehören konnten. Daraus wird ersichtlich, dass die nationalen Zuschreibungen im Vergleich zum preußischen und zum russländischen Teilungsgebiet uneindeutig und weniger festgelegt waren und nur nach Situation angewandt wurden. Man kann deswegen – das pointierte Urteil Svjatoslav Pacholkivs über das polnische-ukrainische Zusammenleben paraphrasierend – behaupten, dass die nationalen Identitäten „Ergebnis mehr oder weniger freiwilliger persönlicher Entscheidung“ waren.[30] Gleiches galt nicht im gleichen Maße für die konfessionellen Identitäten, die im 19. Jahrhundert stabil blieben und weit wichtiger waren. Sie besaßen gegenüber nationalen Identifikationen eine weit größere Ausstrahlungskraft; entsprechende Angaben sind aussagekräftiger. Es hatte schon seinen Sinn, dass österreichische Statistiker nach der Konfession und Sprache, nicht aber nach der Nationalität fragten.

In dieser Hinsicht gab es zwischen Christen und Juden als „Konfessionsträger“ weiterhin einen unüberwindbaren Graben: interkonfessionelle Mischehen blieben verboten und waren sozial unerwünscht. Es wird zwar von einer sehr kleinen Gruppe jüdischer Konvertiten berichtet, die zum Protestantismus übertraten, allerdings weiß man nicht, ob dies mit einem Bekenntnis zum Deutschtum einherging.[31]

Es stellt sich außerdem die Frage, ob man die Nationsbezeichnungen des 19. Jahrhunderts tatsächlich immer als ein Bekenntnis zu einer Nation und ihrem kulturellen Referenzsystem verstehen sollte. Möglich wäre es immerhin, dass damit weniger die eigenen ethnischen oder nationalen Zugehörigkeiten unterstrichen wurden, sondern vielmehr die eigene soziale Position in der Gesellschaft, also etwa die Zugehörigkeit zur deutschen beziehungsweise polnischen Kultur hervorgehoben werden sollte. Denn mit „Polen“ bezeichnete man bis weit ins 19. Jahrhundert hinein vor allem eine prestigeträchtige soziale Formation Adliger unterschiedlicher christlicher Konfessionen – eine Zuschreibung, die nur sehr langsam an sozialer Überzeugungskraft verlor. Der jüdisch-polnische Soziologe Aleksander Hertz (1895–1983) hat darauf hingewiesen, dass zudem Jüdinnen und Juden im neuzeitlichen Polen einen eigenen quasi-Stand darstellten und damit dieser Kollektivbezeichnung ebenfalls eine soziale Komponente eigen ist.[32] In den Stand wurde man hineingeboren und es war nicht möglich, ihn zu verlassen, denn der einzige Weg heraus war ein radikaler Bruch mit der sozialen Umgebung durch die Konversion. In der ständischen Tradition waren alle Christen (Katholiken, Protestanten oder Orthodoxe) klar von den Juden separiert. Der jüdische Stand war von den anderen Ständen rechtlich abgesondert, er verfügte über weitgehende Autonomie und nahm an der Aufgabenteilung im Rahmen des Staates teil: Juden übernahmen die Christen verbotenen Geld- und Handelsgeschäfte. Christen – und das heißt auch den Protestanten – stand die Beamtenlaufbahn offen, die den Juden generell verwehrt blieb. Somit gab es im Fall der Juden eine doppelte Abgrenzung: „ständisch-beruflich“ und konfessionell. Zwar gab es auch innerhalb der christlichen Konfessionen eine Hierarchie,[33] aber Juden waren generell den Christen untergeordnet.

Zu fragen wäre hier nun, ob dieser ständische Unterschied die galizischen Juden und ihre christlichen Nachbarn nicht deutlich besser beschreibt als eine angenommene etwaige nationale Differenz. Es gab kein ausgeprägtes Interesse – weder von Seiten der Monarchie noch von Seiten der galizischen Verwaltung – den rechtlichen und sozialen Status der Juden in ihrer Gesamtheit grundlegend zu ändern; dagegen gab es eine starke Tendenz, den status quo – also den Status des quasi-Standes – zu konservieren. Zugleich gab es starke innerjüdische Tendenzen, Autonomie und traditionelle Verfasstheit der Konfessionsgemeinden auch unter den Bedingungen der Moderne zu verteidigen. Die Emanzipation und rechtliche Gleichstellung der galizischen Juden widersprach der oben erwähnten älteren Rechtspraxis, die Juden kollektiv als quasi-Stand behandelte. Dieser Widerspruch blieb für das gesamte 19. Jahrhundert charakteristisch.

 

Galizisches Rechtssystem

Das damalige Galizien wird in der Forschung als ein Gebiet der konservierten ständischen Hierarchien beschrieben, woran auch die Einführung der formalen bürgerlichen Gleichberechtigung wenig änderte. Die Struktur des nach 1861 etablierten Landesparlamentes (pol. Sejm krajowy) [Abbildung 11] gab dieses ständische Phänomen gut wieder: Es gab dort eine Kurie des Großgrundbesitzes (also „des Adels“), eine der Industrie-Kammern (der Großstädte), eine der Kleinstädte – wobei es sich teilweise lediglich um größere Dörfer handelte – und eine der restlichen Gemeinden (d. h. nominell eine Kammer der Bauerschaft).[34] Die Großstädte wurden zu großen Teilen von jüdischen Vertretern repräsentiert, die hier als Delegierte der jeweiligen Industrie- und Handelskammern saßen. In dieser Kurie saßen akkulturierte Juden, aus Krakau wurde ein Vertreter der polnischen, aus Lemberg und Brody jeweils einer der deutschen Orientierung entsandt.[35] Die Deputierten der Städte konnten ihre Interessen kaum durchsetzen, denn sie wurden gewöhnlich von den „Agrariern“ überstimmt.

Der Großgrundbesitz, also der Adel, hielt weiter an der politischen Macht fest und dominierte die galizische Politik, wobei er – verständlicherweise – am Erhalt des status quo interessiert war. Eine bedeutende Rolle im politischen Leben spielte der Klerus, der von den entsandten Bischöfen (Virilisten) im Landesparlament repräsentiert wurde und manchmal der Aristokratie entstammte. Auch im alltäglichen Leben besaßen die Kultusdiener aller Religionen Einfluss und Autorität. Die Dezemberverfassung vom Jahr 1867 musste in den Parlamenten der Kronländer bestätigt werden. Die diesbezüglichen Diskussionen im galizischen Landesparlament in Lemberg führen vor Augen, dass der christliche Widerstand gegenüber der bürgerlichen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung beachtlich war.[36] Viele konservative Deputierte empfanden die rechtliche Gleichstellung von Juden eher als eine ungerechte Privilegierung, nicht aber als Aufhebung einer überkommenen Diskriminierung. Sie fürchteten die jüdische Dominanz, der angeblich vor allem die Bauern automatisch zum Opfer fallen würden. Trotz dieser Bedenken musste man sich mit der von oben angeordneten bürgerlichen Gleichstellung der Jüdinnen und Juden arrangieren. Eine Abhilfe versprach jedoch die gerade zuerkannte Landesautonomie, die es den Kronländern erlaubte, bei der Behandlung von als kontrovers angesehenen Angelegenheiten regionale Lösungen anzustreben.[37] In Galizien ermöglichte dies eine Weiterführung der Privilegierung von Christen – darunter auch die Protestanten – gegenüber den Juden. Dies lässt sich gut anhand des Gemeindegesetzes vom 5. März 1861 zeigen. Seine in Galizien am 12. August 1866 bestätigte Version enthielt Paragrafen, die eine Sonderbehandlung der jüdischen Angelegenheiten innerhalb der Verwaltungseinheiten zuließ.[38] Es stand zwar geschrieben, dass sich nur die Mitgläubigen einer konkreten Konfession um die religiösen Bedürfnisse kümmern sollten, allerdings wurden „israelitische Angelegenheiten“ dabei besonders herausgestellt. Somit war einerseits der Besitzstand der jeweiligen Konfession bestätigt, andererseits wurden für den Unterhalt konfessioneller Einrichtungen anfallende Kosten auf die jeweilige Religions- bzw. Konfessionsgemeinschaft umgelegt. Soziale Fürsorge wurde im 19. Jahrhundert als religiöses Gebot verstanden, darunter ordnete man unterschiedliche wohltätige Dienste, so auch die Versorgung mittelloser Alter, Kranker und Waisen sowie die Unterhaltung konfessioneller Schulen. Die Wohltätigkeit war ein wichtiger Bereich der damaligen Vergesellschaftung. Sie war der Daseinszweck vieler konfessioneller Vereine und bot dem Stadtbürgertum vielfältige Möglichkeiten der Mobilisierung und Konsolidierung; sie diente der Präsentation und Repräsentation von sozialem Prestige. Die soziale Frage gewann zudem immer mehr an Bedeutung, was mit den Tendenzen der zunehmenden Urbanisierung, Industrialisierung und Demokratisierung einherging.[39] Die Sozialpolitik stand jedoch trotzdem nicht im Mittelpunkt des kommunalen Verwaltungsinteresses; sie blieb bis zum Ende der Monarchie nahezu ausschließlich konfessionell geordnet und verwirklicht. In der gesamten Provinz Galizien und weder in Lemberg noch in Krakau existierten konfessionsneutrale Wohltätigkeits- oder Sozialpflegeinstitutionen.[40] Dieses konfessionelle Verständnis zementierte die Abgrenzung der jüdischen Lebenswelten von ihrem christlichen Gegenüber und konservierte gleichzeitig den überkommenen Standescharakter dieser Konfession, der sich auch in der Sozialverwaltung widerspiegelte. Somit wurden Jüdinnen und Juden von christlichen Deutschen separiert; Möglichkeiten für eventuelle lokale Interferenzen sowie soziale Kontakte blieben auf ein Minimum reduziert. Es gab jedenfalls kaum wohltätige Initiativen nichtstaatlicher Akteure, die von Juden und Christen im Verein vorangetrieben worden wären und in denen sie sich gleichberechtigt hätten engagieren können.

 

Statutarstädte

Diese rechtliche Separierung trat auch in den beiden hier im Mittelpunkt stehenden Städten deutlich zu Tage. Die Diskussionen um die Gleichberechtigung, die sich im Landesparlament abspielten, wurden auch auf kommunaler Ebene geführt. Die beiden einzigen galizischen Großstädte, nämlich Lemberg und Krakau, waren rechtlich von der sie umgebenden Region getrennt, denn sie galten als Statutarstädte, d.h. als Städte mit eigenem Stadtstatut und eigenständiger Verwaltung.[41] Das hatte unter anderem zur Folge, dass die städtischen Eliten die allgemein verpflichtende Stadtstatuten so abänderten, dass diese besser zum wirtschaftlichen Profil der jeweiligen Stadt passten. Beide Stadtstatuten – das Krakauer und Lemberger – besaßen einen Hauptteil, der Kompetenzen der Stadtverwaltung, ihre Wahlmodi, Pflichten und Rechte der Bürger festlegte und sich von den Statuten anderer Städte in der Monarchie nicht wesentlich unterschied.[42] Jedoch stellte hier die Stadt Lemberg wiederum eine Ausnahme dar, denn in dieser Stadt wurde nicht wie gewöhnlich in drei Kurien, sondern nur in einer gewählt. In die Kurien wurden die jeweils berechtigten Wähler nach Besitz, Steuerlast und Bildungsniveau eingetragen. Die Lemberger Verhältnisse stellten insofern eine Ausnahme innerhalb der gesamten Monarchie dar, wo gewöhnlich in mehreren Kurien abgestimmt wurde. Diese Ausnahmewahlordnung war wohl deswegen eingeführt worden, um die politische Partizipation vermögender Juden in der Stadt einzuschränken. Diese Regelung zeugt daher vom christlichen Widerstand gegen die Tendenzen der Gleichberechtigung der signifikanten jüdischen Minderheit in der Stadt. Leider ist nicht bekannt, warum diese Ausnahme von der höheren Verwaltung akzeptiert wurde. Beide Stadtstatuten – sowohl das Krakauer wie das Lemberger – besaßen zudem Abschnitte, die das Verhältnis der Munizipalität zu der örtlichen jüdischen Konfessionsgemeinde regulierten: „Vom Einflusse der Gemeindebehörde auf die Angelegenheiten der verschiedenen Religionsbekenntnisse“.[43] Beide Abschnitte wiederholten die Sonderbestimmungen, die schon in das Gemeindegesetz aufgenommen waren; sie wurden während der galizischen Zeit nur wenig abgeändert.[44]

Die hier erwähnten Abschnitte der Stadtstatuen sind im Anhang beigefügt. Die ersten Paragrafen führten die Lebensbereiche an, die in die Aufgabenbereiche der Konfessionsgemeinde fallen. Im letzten Paragrafen wurde eine munizipale Abteilung erwähnt, die speziell dafür berufen war, sich ausschließlich mit jüdischen (für Krakau) oder mit christlichen (für Lemberg) Angelegenheiten zu beschäftigen. Damit war die Separierung der Konfessionen auf der kommunalen Ebene institutionell fixiert. Diese rechtliche Sonderbehandlung hat möglicherweise die Tendenz verstärkt, die Juden kollektiv als eine von den Christen abgesonderte konfessionelle Gruppe zu betrachten, was mit dem bereits erwähnten Desinteresse der habsburgischen Verwaltung dem „jüdischen Kollektivsubjekt“ gegenüber parallel ging.

 

Schlussfolgerung

Die These von der engen deutsch-jüdischen Verflechtung an der Peripherie der Habsburgermonarchie wurde mit Blick auf kulturelle Gipfelphänomene formuliert und traf lebensweltlich nur auf ausgewählte Vertreter der jüdischen Eliten in Galizien zu. Diese wenigen Persönlichkeiten schufen die deutschsprachige Kultur mit, beteiligten sich an der Politik und blieben in regem Kontakt mit den nichtjüdischen deutschen Österreichern. In vielen anderen Fällen trug das jüdische Bekenntnis zum Deutschtum überwiegend ideellen Charakter und war mit gegenseitigem sozialem Austausch sowie Verflechtungen des Alltags beider Gruppen nicht gleichzusetzen. Dies erklärt partiell das Ausbleiben alltagsgeschichtlicher Fragestellung in der Forschung bis heute: es handelt sich in diesem Fall wohl um ein weiteres Beispiel für den fest verankerten Mythos von der vielbeschworenen deutsch-jüdischen Symbiose. Es wäre interessant zu untersuchen, ob es sich dabei um einen Bestandteil des „galizischen Mythos“ handelt, der diese Region Österreich-Ungarns als ein multikonfessionelles und multiethnisches Arkadien beschreibt. Bei den Deutschen und Juden in Galizien, und somit in den beiden galizischen Großstädten, handelt es sich eher um zwei Bevölkerungsgruppen, die von Anfang an einen unterschiedlichen rechtlichen und sozialen Status besaßen, voneinander separiert und somit rechtlich wie sozial wenig „verflochten“ waren. Ausgerechnet jene Themenfelder, wo diese Verflechtungen in Einzelfällen eventuell nachweisbar wären, sind bis heute nicht analysiert worden. In Galizien hielt sich die überkommene Sozialstruktur bis zum Ende der Monarchie, in der Juden als eine soziale Gruppe quasi-ständischen Charakters wahrgenommen wurden. Dies behinderte im Alltag weitgehend eine Verflechtung mit nichtjüdischen Gruppen, wie etwa den Deutschen, in Galizien. Während nationale Zuschreibungen im 19. Jahrhundert noch situativ, temporär und austauschbar blieben, erwies sich die konfessionelle Zuordnung von erstaunlicher Zählebigkeit. Die unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kapitalreservoire beider Städte konnten nicht verhindern, dass das munizipale Recht Juden und Christen (und somit Juden und Deutsche in Galizien) in der Ausübung von Wohltätigkeit und bei der Erfüllung sozial-religiöser Verpflichtungen voneinander separierte. Eine der wenigen lebensweltlichen Gemeinsamkeiten zwischen Juden und Deutschen in Galizien mag im gemeinsamen Bezugsrahmen des dynastischen und übernationalen sowie überkonfessionellen Bezugsrahmen der Monarchie bestanden haben – aber darin lag eben keine galizische Besonderheit begründet.

 

Endnoten

[1] Polonsky, Antony, The Jews in Poland and Russia, Vol. I, Oxford 2010, S. 259f.

[2] Kłańska, Maria, Daleko od Wiednia. Galicja w oczach pisarzy niemieckojęzycznych 1772–1918 [Weit von Wien. Galizien aus der Sicht deutschsprachiger Schriftsteller 1772–1918], Kraków 1991.

[3] Ich gehe hier nicht auf die Verflechtungen zwischen Juden und deutschen Kolonisten ein, die sich seit den Zeiten Josephs II. in geschlossenen Dörfern niedergelassen haben. Urbanitsch, Peter, „Die Deutschen“, in: Wandruszka, Adam, Peter Urbanitsch (Hrsg.), Die Habsburgermonarchie 1848–1918, Bd. III: Die Völker des Reiches, Teilbd. 1, Wien 2003, S. 40.

[4] Rudolf Mark stellt fest, dass nur diese beide größeren Städte Galiziens Anschluss an das Niveau der westlichen Zivilisation fanden, siehe Mark, Rudolf A., Galizien unter österreichischer Herrschaft. Verwaltung – Kirche – Bevölkerung, Marburg 1994, S. XI.

[5] Binder, Harald, „Politische Öffentlichkeit in Galizien. Lemberg und Krakau im Vergleich“, in: Hofmann, Andreas R., Anna Veronika Wendland (Hrsg.), Stadt und Öffentlichkeit in Ostmitteleuropa 1900–1939. Beitrage zur Entstehung moderner Urbanität zwischen Berlin, Charkiv, Tallinn und Triest, Stuttgart 2001, S. 259-280.

[6] Holzer, Jerzy, „Vom Orient die Fantasie, und in der Brust der Slawen Feuer…. Jüdisches Leben und Akkulturation im Lemberg des 19. und 20. Jahrhunderts“, in: Fäßler, Peter, Thomas Held, Dirk Sawitzki (Hrsg.), Lemberg­­-Lwów-Lviv. Eine Stadt im Schnittpunkt europäischer Kulturen, Köln u. a. 1995, S. 83f.

[7] Hödl, Klaus, Als Bettler in die Leopoldstadt. Galizischen Juden auf dem Weg nach Wien, Wien 1994.

[8] Statistische Übersichten 1857, nach Zamorksi, Krzysztof, Informator statystyczny do dziejów społeczno-gospodarczych Galicji. Ludność Galicji w latach 1857–1910 [Statistische Auskunft zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Galiziens. Die Bevölkerung Galiziens in den Jahren 1857–1910], Kraków, Warszawa 1989, S. 72f.; Bihl, Wolfdieter, „Die Juden“, in: Wandruszka, Adam, Peter Urbanitsch (Hrsg.), Habsburgermonarchie 1848–1918, Bd. III: Die Völker des Reiches, Teilbd. 2, Wien 2003, S. 885.

[9] Zamorski 1989, S. 11-14.

[10] Pacholkiv, Svjatoslav, „Zwischen Einbeziehung und Ausgrenzung: Die Juden in Lemberg“, in: Binnenkade, Alexandra et al. (Hrsg.), Vertraut und fremd zugleich. Jüdisch-christliche Nachbarschaften in Warschau – Lengnau – Lemberg, Köln u. a. 2009, S. 162. Von Juden bewohnte Straßen: Żydowska, Ruska, Serbska, Boimów, Nowa, Karola Ludwika, św. Anny, Sykstuska; Stadtviertel Krakowska und Żółkiewska.

[11] Gąsowski, Tomasz, „Struktura społeczno-zawodowa Żydów galicyjskich na początku XX w.“ [Sozial- und Berufsstruktur der galizischen Juden zu Beginn des 20. Jahrhunderts], in: Biuletyn Żydowskiego Instytutu Historycznego w Polsce 1-2, 1988, S. 61-76.

[12] Bihl 2003, S. 914.

[13] Der Begriff „Luftmenschen“ wird erklärt von: Berg, Nicolas, Luftmenschen. Zur Geschichte einer Metapher, Göttingen 2008.

[14] Gąsowski, Tomasz, Między gettem a światem. Dylematy ideowe Żydów galicyjskich na przełomie XIX i XX wieku [Zwischen Ghetto und Welt. Werte-Konflikte galizischer Juden an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert], Kraków 1996, S. 52.

[15] Es gab ca. 100 der deutsch-jüdischen Schulen, die bis 1806 existierten und am Widerstand der Orthodoxie scheiterten. In den zwanziger Jahren besuchten jüdische Kinder normale deutsche Volksschulen und nach 1848 jüdisch-deutsche Elementarschulen, siehe Bałaban, Majer, Z historii Żydów w Polsce. Szkice i studja  [Zur Geschichte der Juden in Polen. Skizzen und Studien], Warszawa 1920, S. 196, 202, 235; Holzer 1995, S. 75-91.

[16] Bałaban 1920, S. 91, Zitat nach Holzer 1995, S. 80.

[17] Łapot, Mirosław, Szkolnictwo żydowskie we Lwowie (1772–1939) [Jüdisches Schulwesen in Lemberg (1772–1939)], Częstochowa 2016.

[18] Sadowski, Dirk, Herz Homberg und die jüdischen deutschen Schulen in Galizien 1782–1806, Göttingen 2010. Zu Herz Homberg, siehe: Luity, Rieti van, Herz Homberg, in: The YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe.

[19] Łapot 2016, S. 85-90.

[20] „The aim to Germanize Galicia’s Jews was not intended as a nationalizing measure, but was born out of the conviction of contemporary Gentile and Jewish Enlighteners that the German language per se had already a progressive and civilizing effect on people“ in: Kuzmany, Börries, „The Rise and Limits of Participation. The Political Representation of Galicia´s Urban Jewry from the Josephine Era to the 1914 Electoral Reform“, in: East Central Europe 42, 2015, S. 216-248, hier S. 218; Śliż, Małgorzata, Galicyjscy Żydzi na drodze do równouprawnienia 1848–1914 [Galizische Juden auf dem Weg zur Gleichberechtigung 1848–1914], Kraków 2006, S. 102. Zu den rechtlichen Grundlagen: Gesetz vom 21. März 1890, betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft, RGBL 57/1890. Siehe auch Bihl 2003, S. 897-899. 

[21] Polonsky, Antony, The Jews in Poland and Russia, Vol. II, Oxford u. a. 2010, S. 113.

[22] Bihl 2003, S. 894f.

[23] Stourzh, Gerald, Die Gleichberechtigung der Nationalitäten in der Verfassung und Verwaltung Österreichs 1848–1918, Wien 1985.

[24] Gąsowski 1996, S. 52-53.

[25] „[…] the Polonization of the Jewish elites meant their self-inflicted removal from the international and suprastate networks as manifested from their turn away from German language. When Brody´s municipal council agree to switch the language of instruction at the high school from German to Polish, we can interpret this as a recognition of the fact that the city was more than anything a part of the crownland“, Kuzmany, Börries, Brody: A Galician Border City in the Long Nineteenth Century, Leiden u. a. 2017, S. 359; Bekenntnis zur polnischen Umgangssprache, siehe Bihl 2003, S. 906f.

[26] Röskau-Rydel, Isabel, Niemiecko-austriackie rodziny urzędnicze w Galicji 1772–1918 [Deutsch-Österreichische Beamte in Galizien 1772–1918], Kraków 2011.

[27] Die meisten Deutschen im Galizien waren katholisch (1,1% der Gesamtbevölkerung im Jahr 1910), Batowski, Henryk, „Die Polen“, in: Wandruszka, Adam, Peter Urbanitsch (Hrsg.), Die Habsburgermonarchie 1848­–1918, Bd. III: Die Völker des Reiches, Teilbd. 1, Wien 2003, S. 527.

[28] „At least until 1867 the Habsburg state functioned as a collectivity where patriotism or loyalty to the dynasty rather than an ideology of shared nation-ness bound subjects and later citizens to the great polity. After 1867 this tradition lived on the Austrian half of the Monarchy, known as Cisleithenia […]“, Judson, Pieter, „Introduction“, in: Judson, Pieter M., Marsha L. Rozenblit (Hrsg.), Constructing Nationalities in East Central Europe, New York, Oxford 2005, S. 2; Judson, Pieter, Habsburg. Geschichte eines Imperiums 1740–1918, München 2017, S. 24; Schulze Wessel, Martin, „'Loyalität' als geschichtlicher Grundbegriff und Forschungskonzept: zur Einleitung“, in: Schulze Wessel, Martin (Hrsg.), Loyalität in der Tschechoslowakischen Republik 1918–1938. Politische, nationale und kulturelle Zugehörigkeiten, München 2004, S. 1-22.

[29] Plaschka, Richard Georg, „Polnisches 'Piemont' im Norden der Donaumonarchie. Galizien, als Element des multinationalen Staates und als Kern nationaler Dynamik – Akzente und Gesamtbild einer Tagung“, in: Mack, Karlheinz (Hrsg.), Galizien um die Jahrhundertwende. Politische, soziale und kulturelle Verbindungen mit Österreich, Wien, München 1990, S. 11-25; Mark, Rudolf. A. „'Polnisches Bastion und ukrainisches Piemont' – Lemberg 1772 –1921“, in: Fäßler, Peter, Thomas Held, Dirk Sawitzki (Hrsg.), Lemberg-Lwów-Lviv. Eine Stadt im Schnittpunkt europäischer Kulturen, Köln u. a. 1995, S. 46-74.

[30] Pacholkiv 2009, S. 161.

[31] Śliż-Marciniec, Małgorzata, „The Contribution of Scholars of Jewish Origin into the Development of Selected Fields of Study and Academic life, based on the example of the Jagiellonian University in Cracow in the Days of the Galician Autonomy“, in: Obolevitch, Teresa, Józef Bremer (Hrsg.), The Influence of Jewish Culture on the Intellectual Heritage of Central and Eastern Europe, Kraków 2011, S. 67-76; Śliż-Marciniec, Małgorzata, Zasłużony krakowski nauczyciel religii mojżeszowej – dr Dawid Rosenman (1884–1926) [Ein verdienstvoller Krakauer Lehrer der mosaischen Religion – Dr. Dawid Rosenman (1884–1926)], in: Maślak-Maciejewski, Alicja, Wojciech Strokowski, Kamila Wasilewski-Prędki (Hrsg.), Żydzi w krakowskim Gimnazjum św. Anny (Nowodworskiego) [Juden im Krakauer Gymnasium St. Anna (Nowodworski)], Kraków, Budapest 2020, S. 285-303.

[32] „Caste“, in: Hertz, Aleksander, The Jews in Polish Culture, Evanston (Ill.) 1988, S. 59-62. Antony Polonsky widerspricht zwar dieser These, gibt allerdings keine Gründe seiner Kritik an, siehe: Polonsky, Antony, „Stan dzisiejszy badań nad historią Żydów w Polsce“ [Zum aktuellen Forschungsstand der Geschichte der Juden in Polen], in: Kaźmierczyk, Adam, Alicja Maślak-Maciejewska (Hrsg.), Żydzi polscy w oczach historyków. Tom dedykowany pamięci Profesora Józefa A. Gierowskiego [Die polnischen Juden in der Sicht der Historiker. Zum Gedenken an Professor Józef A. Gierowski], Kraków 2018, S. 23.

[33] „Trotz der theoretischen Gleichberechtigung seit dem Protestantenpatent vom Jahr 1861 und den verschiedenen Gesetzen der liberalen Ära genossen die Protestanten im öffentlichen Leben bloß eine bedingte Gleichstellung“ Urbanitsch 2003, S. 69.

[34] Grodziski, Stanisław, Sejm krajowy galicyjski 1861–1914 [Der galizische Landtag 1861–1914], Warszawa 1993, Bd. 1, S. 47-52.

[35] Kuzmany 2017, S. 229-230.

[36] Hein-Kircher, Heidi, „Jewish Participation in the Lemberg Local Self-Government: The Provisions of the Lemberger Statut of 1870“, in: Simon-Dubnow-Institut Jahrbuch 10, 2011, S. 247-248.

[37] „Die Statthalter einiger Kronländer zögerten, die umstrittenen Bestimmungen der neuen liberalen Gesetze , die beispielweise die öffentliche Erziehung oder die Stellung der Kirche betrafen, in die Tat umzusetzen, weil sie die Gegenreaktion der Bevölkerung auf deren Durchsetzung fürchteten. Einige brachten die neuen Gesetze nur teilweise zur Anwendung oder schoben ihr Inkrafttreten hinaus. Gerade die Neuartigkeit des konstitutionellen Systems gewährte ihnen einen gewissen Spielraum, den sie ausnutzten, um seine Auswirkung auf die Gesellschaft abzumildern oder abzuschwächen.“, Judson 2005, S. 357, auch S. 368-369.

[38] Gąsowski 1996, p. 18.

[39] Lenger, Friedrich, Metropolen der Moderne. Eine europäische Stadtgeschichte seit 1850, München 2013.

[40] Kozińska-Witt, Hanna, „Support Your Own, On Your Own: Local Government Subsidies for Jewish Institutions during the Period of Galician Autonomy, 1866–1914“, in: Scripta Judaica Cracoviensia 15, 2017, S. 99-114.

[41] Klabauch, Jiři, Die Gemeindeselbstverwaltung in Österreich 1848–1918, Wien 1968, S. 41; Herget, Beate, Die Selbstverwaltung Krakaus 1866–1915: Ein rechtshistorischer Beitrag zur Bedeutung der Statutarstädte in der Habsburger Monarchie, Regensburg 2005, S. 26.

[42] Brockhausen, Karl, Richard Weiskircher (Hrsg.), „Provisorisches Gemeindestatut für die königliche Stadt Krakau (LG.V. 1. April 1866 Nr. 7)“, in: Österreichische Städteordnungen: Die Gemeindeordnungen und Gemeindewahlordnungen der mit eigenen Stauten versehenen Städte der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder mit den Nachtragsgesetzen, sowie den einschlägigen Judicaten des Reichsgerichtes und Verwaltungsgerichtshofes, Wien 1895, S. 154-185; „Statut für die königliche Hauptstadt Lemberg (LG.V. 14. Oct. 1870, Nr. 79)“, in: Ebd., S. 109-154.

[43] Hein-Kircher 2011, S. 249-252; Kozińska-Witt, Hanna, „Krakauer Munizipalität und jüdische Konfessionsgemeinde: 'Provisorisches Gemeindestatut für die königliche Hauptstadt Krakau' (1866) und seine Wirkung“, in: Historica. Revue pro historii a přibuzenĕ vĕdy 1, 2015, S. 58-68, dies: Kozińska-Witt, Hanna, „Austrian Law, Cracovian Habitus and Jewish Community. How the Municipal Statute in Cracow (1866) Contributed to the Construction of New Municipal and Jewish Communal Hierarchy“, in: Kleinmann, Yvonne et al. (Hrsg.), Religion in the Mirror of Law. Eastern European Perspectives from the Early Modern Period until 1939, Frankfurt a. M. 2016, S. 127-148. Wolfdieter Bihl meint, dass die Gemeindeordnungen von Lemberg und Krakau den Juden nur als religiöser Gemeinschaft eine Sonderstellung verliehen hätten; siehe Bihl 2003, S. 895.

[44] Gąsowski 1996, S. 18.

Literaturverzeichnis

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Quellenauszug

Brockhausen, Karl, Richard Weiskircher (Hrsg.), „Statut für die königliche Hauptstadt Lemberg (LG.V. 14. Oct. 1870, Nr. 79)“, in: Österreichische Städteordnungen: Die Gemeindeordnungen und Gemeindewahlordnungen der mit eigenen Stauten versehenen Städte der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder mit den Nachtragsgesetzen, sowie den einschlägigen Judicaten des Reichsgerichtes und Verwaltungsgerichtshofes, Wien 1895, S. 109-154.

 

VI. Hauptstück. Von der Besorgung der speciellen Angelegenheiten der christlichen und israelitischen Bevölkerung.

 

Rechte der christlichen und israelitischen Bevölkerung.

§. 96. In der Stadtgemeinde Lemberg verbleibt sowohl die christliche als auch die israelitische Bevölkerung im Eigenthume, Besitze und in der Benützung der ausschließlich für ihre eigenen Religions-, Lehr- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten und Fond, und bestreitet aus eigenen Mitteln die Auslagen für solche Anstalten und andere Religions-, Lehr- und Wohltätigkeitszwecke, an welchen die ausschließliche Theilnahme nur ihr allein zukommt.

            Insoferne jedoch diese Ausgaben bisher aus den allgemeinen Einkünften der Gemeinde bestritten wurden, sind dieselben auch fernerhin aus diesen Einkünften zu bestreiten.        

 

Besorgung der speciellen Angelegenheit der christlichen Bevölkerung.

            §. 97. Die speciellen Angelegenheiten der christlichen Bevölkerung werden, insoferne die Gebahrung mit denselben gesetzmäßig dem Gemeinderathe zukommt, durch diesen Rath nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Statutes, jedoch mit der Beschränkung verwaltet, daß die israelitischen Mitglieder des Gemeinderathes an der Abstimmung über diese Angelegenheiten und an der Erledigung dieser Angelegenheiten im Allgemeinen nicht theilzunehmen haben.

            Sollten unter den Mitgliedern des Gemeinderathes nicht wenigstens achtzig (80) Räthe christlicher Religion vorhanden sein, so ist nach den Bestimmungen des §. 24 der Wahlordnung ein christlicher Administrationsrath einzusetzen, welcher die im §. 98 angeführten speciellen Angelegenheiten der christlichen Bevölkerung nach den Vorschriften des gegenwärtigen Statutes zu verwalten hat.

            Zur Giltigkeit der Beschlüsse in Angelegenheiten dieser Art ist die Gegenwart von mehr als der Hälfte der christlichen Gemeinderathsmitglieder, und beziehungsweise des christlichen Administrationsrathes, und die absolute Stimmenmehrheit dieser Mitglieder erforderlich.

            §. 98. Zu den speciellen Angelegenheiten der christlichen Bevölkerung gehören:

  1. die Angelegenheiten der Kirchen und anderer religiösen Orte, die Angelegenheiten des Kultus, die Ausübung des Patronatrechtes, die Präsentation oder die Ernennung der Seelsorger, Religionslehrer und Kirchendiener;
  2. die Angelegenheiten der für Christen, oder für Zwecke, an welchen bloß Christen teilnehmen, bestimmten Anstalten, Stiftungen, Stipendien und anderer Fonde;
  3. die Angelegenheiten des, ein einschließliches Eigenthum der christlichen Bevölkerung bildenden, oder auschließlich für diese Bevölkerung bestimmten, oder auch in deren ausschließlicher Benützung stehenden Vermögens.

 

Besorgung der speciellen Angelegenheiten der israelitischen Bevölkerung

§. 99. Die Verwaltung der speciellen Angelegenheiten der israelitischen Bevölkerung verbleibt bei dem bisherigen Kultusvorstande dieser Bevölkerung.

            Zu diesen Angelegenheiten gehören:

  1. die Angelegenheiten der Bethäuser, der Friedhöfe, die Angelegenheiten des Kultus, die Bestellung der Rabbiner, Prediger, Religionslehrer und Religionsdiener;
  2. die Angelegenheiten der für Israeliten, oder für Zwecke, an welchen blos Israeliten teilnehmen, bestimmten Anstalten, Stiftungen, Stipendien und anderer Fonde;
  3. die Angelegenheiten des, ein einschließliches Eigenthum der israelitischen Bevölkerung bildenden, oder ausschließlich für diese Bevölkerung bestimmten, oder auch in deren ausschließlichen Benützung stehenden Vermögens.

 

Provisorisches Gemeindestatur Krakau

VI. Hauptstück

17. Abschnitt. Vom Einflusse der Gemeindebehörde auf die Angelegenheiten der verschiedenen Religionsbekenntnisse

§. 119. Jedes Religionsbekenntnis verbleibt im Besitze und in der Benützung der für dessen geistliche, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, und bestreitet die Kosten aus eigenen Mitteln.

            Jedes Gemeindemitglied der Stadt Krakau trägt zu den Auslagen nur desjenigen Religionsbekenntnisses bei, dem es selbst angehört, insoferne dieselben im Grunde der politischen Gesetze nicht als eine Last auf den von ihm besessenen Realitäten haften.

§. 120. Speciell christliche Angelegenheiten stehe unter der ausschließlichen Verwaltung der christlichen Mitglieder der Krakauer Gemeinde.

            Diese Angelegenheiten sind:

  1. jene, welche die geistlichen, Schul- und Wohltätigkeitsangelegenheiten, sowie die ausschließlich aus christlichen Fonden dortigen Anstalten betreffen;
  2. die Ausübung des Patronats- und Präsentationsrechtes, und die Ernennung der Seelsorger und Lehrer, sowie die Verleihung von Stipendien.

§. 121. In der Verwaltung der im obigen Paragraphe erwähnten Angelegenheiten wird die Gemeinde durch die dem christlichen Glaubensbekenntnisse angehörenden Mitglieder des Gemeinderathes vertreten.

Zur gilitigen Beschlußfassung in Angelegenheiten dieser Art ist die Gegenwart von zwei Dritttheiten der christlichen Mitglieder des Gemeinderathes erforderlich.

§. 122. Inwieferne die Anstalten für die unten ausgedrückten Zwecke nicht aus dem Vermögen der Gemeinde der Stadt Krakau dotirt werden, bestreitet die israelitische Gemeinde die Auslagen aus eigenen Mitteln:

  1. für ihre religiösen Zwecke;
  2. für die Versorgung ihrer Armen und Kranken;
  3. für die Erhaltung ihrer Schulen und Spitäler;
  4. für die Befriedigung ihrer anderweitigen eigenthümlichen Bedürfnisse.

Die Einkünfte, welche zur Befriedigung von Bedürfnissen dieser Art durch die Gesammtheit der Einwohner beigesteuert werden, werden für den Gebrauch eines jeden Bekenntnisses im Verhältnisse der Beitragsleistung seiner Angehörigen vertheilt. 

§. 123. In Angelegenheiten, welche die im obigen Paragraphe erwähnten Gegenstände betreffen, haben, insoferne dieselben zur Schlußfassung der Gemeinde gelangen, die israelitischen Mitglieder des Gemeinderathes, unter dem Vorsitze des Präsidenten, in der beschlußfähigen Anzahl von mindestens 2/3 Theilen der Mitglieder dieses Bekenntnisses, zu entscheiden.

Wenn die Zahl der gewählten israelitischen Mitglieder des Gemeinderathes 21 nicht betragen sollte, so wird diese Zahl mit den zu diesen Berathungen durch die israelitischen Mitglieder des Gemeinderathes zu berufenden Vertrauensmännern vervolständigt.

Autorin

Dr. Hanna Kozińska-Witt

Erschienen am 31.05.2021