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„Mailüfterl“ – so wird die österreichische 68er-Bewegung rückblickend gerne bezeichnet, um auszudrücken, dass sich hier keine mit Deutschland oder Frankreich vergleichbaren Unruhen abspielten. Das Jahr war für Österreich dennoch nicht nur durch Kontinuitäten geprägt, sondern brachte auch Veränderungen mit sich. Außenpolitisch war das Land unverändert an die „immerwährende“, auch in Friedenszeiten einzuhaltende Neutralität gebunden. Dieser hatte sich Österreich 1955 durch ein Bundesverfassungsgesetz verpflichtet. Erst kurz davor waren im Österreichischen Staatsvertrag die Beendigung der Besatzung durch die Alliierten, die Österreich sowie Wien nach dem Zweiten Weltkrieg in vier Zonen geteilt hatten, sowie die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich beschlossen worden. Bereits 1956 wurde der Neutralitätsgrundsatz im Zuge des Ungarnaufstandes herausgefordert, konnte jedoch durch ein konsequentes Handeln der österreichischen Regierung gewahrt werden.
Innenpolitisch brachte 1968 indessen eine neue Konstellation: Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) hatte nach den Nationalratswahlen 1966 die erste Alleinregierung der Zweiten Republik gebildet und damit die lange Ära der Großen Koalition zwischen der ÖVP und der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) beendet. Zu den innenpolitischen Leistungen des Bundeskanzlers Josef Klaus zählten unter anderem die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, der Erlass eines neuen Rundfunkgesetzes sowie Reformen in der Bildungs-, Forschungs- und Arbeitsmarktpolitik. Außenpolitisch versuchte Klaus, eine Assoziierung mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu erreichen, die jedoch durch Italien, unter anderem aufgrund der ungeklärten Südtirol-Frage, blockiert wurde. Gegenüber den Ostblock-Staaten betrieb Klaus eine Entspannungspolitik. Die Beziehungen zur Sowjetunion vertieften sich besonders in wirtschaftlicher Hinsicht und auch im Verhältnis mit der Tschechoslowakei konnte Klaus eine deutliche Verbesserung erreichen.
Zwar kam es 1968 auch in Österreich zu Demonstrationen, diese gingen aber im Grunde ohne größere Vorfälle vonstatten. Besonders zwei Ereignisse bilden jedoch die Ausnahme: Das erste geschah bereits 1965. So ist die österreichische 68er-Bewegung streng genommen nicht auf das Jahr 68 zu reduzieren, sondern bezeichnet vielmehr einen gesellschaftlichen Wandel, der im konservativ geprägten Österreich Mitte der 1960er Jahre eingesetzt hatte und zu Konflikten zwischen den Generationen, zwischen alten und neuen Denkmustern führte. Im März des genannten Jahres demonstrierten Studierende gegen den in Vorlesungen durch antisemitische und antidemokratische Äußerungen aufgefallenen Professor für Wirtschaftsgeschichte der Wiener Hochschule für Welthandel, Taras Borodajkewycz. Neben „Entnazifizierung“ forderten die Studierenden die Demokratisierung der Hochschulen sowie eine Reform der österreichischen Demokratie im Allgemeinen. Die Demonstrationen forderten mit Ernst Kirchweger das erste politische Todesopfer der Zweiten Republik. Abgesehen von den Studierendenprotesten prägte sich die Bewegung besonders in der Kunst aus. Das zweite herausstechende Ereignis war die Aktion „Kunst und Revolution“, die als „Uni-Ferkelei“ in die österreichische Kunstgeschichte einging. Dabei handelte es sich um einen Auftritt des Aktionskünstlers Günter Brus und einer Reihe anderer Aktionisten in einem Hörsaal der Wiener Universität im Juni 1968. Die Aktionisten provozierten das Publikum mit einer Performance, bei der sie nackt auftraten, onanierten, sich selbst verstümmelten, mit Exkrementen hantierten und dabei die Landeshymne sangen. Die Performance rief großen öffentlichen Aufruhr hervor und hatte für die Aktionisten ein juristisches Nachspiel. Auch wenn die Vorfälle so einschneidend erscheinen, waren es doch nur Einzelfälle. Während sich in Österreich somit nur ein laues Lüftchen regte, fegte durch die benachbarte Tschechoslowakei ein Sturm. Dessen Auswirkungen ließen auch Österreich nicht unberührt, sondern stellten das Land aufgrund der einzuhaltenden Neutralität, der direkten Nachbarschaft und eines Stroms an Flüchtlingen vor große Herausforderungen.
Berger, Peter, „Die Erörterungen über Österreichs Neutralität“ in: Der Donauraum (1957), Bd. 2, Heft 1, 84-96.
Bundespressedienst, Österreichisches Jahrbuch 1967, Bd. 39, Wien 1968.
Cede, Franz & Christian Prosl, Anspruch und Wirklichkeit. Österreichs Außenpolitik seit 1945, Innsbruck 2015.
Eger, Reiner, Krisen an Österreichs Grenzen. Das Verhalten Österreichs während des Ungarnaufstandes 1956 und der tschechoslowakischen Krise 1968. Ein Vergleich, Wien / München 1981.
Keller, Fritz, Wien, Mai 68 – Eine heiße Viertelstunde, 2. erweiterte Aufl., Wien 1988.
Nevlacsil, Anton, „Die Alleinregierung der ÖVP und die neue Rolle der Opposition“ in: Reinhard Sieder, Heinz Steinert & Emmerich Tálos (Hrsg.), Österreich 1945-1995. Gesellschaft Politik Kultur, Wien 1995, 152-165.
Schwendter, Rolf, „Das Jahr 1968. War es eine kulturelle Zäsur?“ in: Reinhard Sieder, Heinz Steinert & Emmerich Tálos (Hrsg.), Österreich 1945-1995. Gesellschaft Politik Kultur, Wien 1995, 166-175.
Verosta, Stephan, „Die internationale Stellung der Republik Österreich seit 1918“ in: Institut für Österreichkunde (Hrsg.), 1918-1968 Österreich – 50 Jahre Republik, Wien 1968, 59-80.
Als direkter Nachbar war Österreich auf besondere Weise von dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei (ČSSR) betroffen. Zwar hatte der sowjetische Botschafter der österreichischen Regierung zugesichert, dass sich die Intervention auf die ČSSR beschränken werde, doch konnte er damit nicht alle Befürchtungen vor einer militärischen Bedrohung ausräumen. Außerdem war damit zu rechnen, dass viele Flüchtlinge um Aufnahme bitten würden. Österreich stand vor der Herausforderung, auf die Lage zu reagieren, ohne mit dem Neutralitätsstatus zu brechen. Die österreichische Regierung versuchte einerseits, jede unnötige Provokation gegenüber den Warschauer-Pakt-Staaten zu vermeiden. So wurde das österreichische Bundesheer nicht direkt an der österreichisch-tschechoslowakischen Grenze eingesetzt, sondern 30 Kilometer von dieser entfernt stationiert. Auch einigte sich die Regierung darauf, in ihren Stellungsnahmen nicht von einem „Krisenfall“, sondern lediglich von einer „krisenhaften Situation“ zu sprechen. Andererseits zeigte sich das Land den Flüchtlingen gegenüber großzügig. Alle Ankommenden – und das waren in den Monaten nach dem August 1968 mehr als 100.000 tschechoslowakische Bürger – fanden Aufnahme. Diese Aufgabe wäre ohne die Hilfsbereitschaft vieler österreichischer Bürger nicht zu bewältigen gewesen.
Doch nicht nur die Regierung und die Bürger waren mit dem Ereignis konfrontiert – auch die österreichische Presse. Sie folgte dem Geschehen im Nachbarland mit großer Aufmerksamkeit, und das nicht erst seit der Intervention, sondern bereits seit Jahresbeginn. Wie ordnete sie die Ereignisse ein? War sie so neutral wie die Regierung? Welche Haltung vertrat sie gegenüber Alexander Dubček und welche Erwartungen hatte sie an seinen Reformkurs? Diese Fragen sollen im Folgenden anhand von vier unterschiedlich ausgerichteten Zeitungen beantwortet werden: der Tageszeitungen Salzburger Nachrichten und Die Presse sowie der Wochenzeitungen Die Furche und Wochenpresse. Die Salzburger Nachrichten war eine der ersten parteiunabhängigen, demokratischen Tageszeitungen, die in Österreich nach Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden. Die Zeitung nahm eine Sonderstellung in der österreichischen Presselandschaft ein: Sie hatte sich als Regionalblatt für Stadt und Land Salzburg etablieren können, gleichzeitig aber überregionale Bedeutung erzielt – bis hin zur Funktion als Sprachrohr Österreichs im Ausland. Im vierten Quartal 1967 betrug ihre Auflage wochentags durchschnittlich 44.041, samstags 69.800. Die 1848 gegründete überregionale, politisch unabhängige Tageszeitung Die Presse galt als österreichische Traditionszeitung und wurde besonders wegen der hohen Qualität ihrer Berichterstattung geschätzt. Sie verfügte über das umfangsreichste Korrespondentennetz unter den österreichischen Zeitungen. Die Presse vertrat eine liberalkonservative, wirtschaftsnahe Grundlinie und wurde besonders von der oberen Mittelschicht gelesen. Im vierten Quartal 1967 lag die Auflage wochentags durchschnittlich bei 51.830, samstags bei 70.100 Exemplaren. Die Furche wurde im Dezember 1945 von dem katholischen Publizist Friedrich Funder als kulturpolitische Wochenzeitung gegründet. Zwar verstand sie sich nicht als katholisches Blatt, folgte jedoch katholischen Grundsätzen. Sie sollte einen Beitrag zum geistigen Wiederaufbau nach dem Krieg leisten und eine Plattform des kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Dialogs bieten. Zum Jahreswechsel 1967/68 befand sie sich in einem personellen und programmatischen Umbruch. Dieser ging mit einem Fall der Auflagenzahl, die zu Lebzeiten Funders etwa 50.000 betragen hatte, auf 9.000 Exemplare einher. Infolge eines Streits um die Ausrichtung des Blattes wurde dem langjährigen Chefredakteur Kurt Skalnik gekündigt und sein Amt an Willy Lorenz übergeben. Auch der Großteil der Redakteure verließ die Zeitung. Im Zuge dieser Vorkommnisse gab Die Furche ihr Ideal der politischen Unabhängigkeit und des offenen Dialoges auf und wandte sich dem politischen Konservativismus bzw. der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) zu. Die Wochenpresse war ein politisches Wochenblatt, das 1955 erstmals erschien. In ihrem Gründungsprozess war sie eng an die Tageszeitung Die Presse gebunden, sie entwickelte sich aber zu einer unabhängigen Wochenzeitung. Ihre durchschnittliche Auflagenzahl lag 1967 bei 45.115 Exemplaren.
Die Ablösung Antonín Novotnýs als Erster Sekretär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ) durch Alexander Dubček, die im Rückblick oft als Beginn des Prager Frühlings interpretiert wird, war für die österreichische Presse kein großes Thema. Doch schon in den spärlichen Kommentaren vom Januar 1968 zeigt sich, wie unterschiedlich die Erwartungen der Zeitungen an Dubček wie auch ihre Haltungen gegenüber Novotný waren. Die Salzburger Nachrichten deuteten die Absetzung als längst überfälligen Schritt der Entstalinisierung und Beginn eines größeren Umbruches in der ČSSR.[1] Der Korrespondent Franz Theodor Zölch sagte weitere (Personal-)Veränderungen voraus: es sei höchst unwahrscheinlich, „daß die einmal ins Rollen gekommene Lawine sich mit Novotny als einzigem Opfer begnügen sollte“[2]. Von Dubček erwartete Zölch allerdings keinen völlig neuen Kurs, denn er sei „gewiß kein unbeschriebenes Blatt“, sondern ein „‚Mann Moskaus‘“[3]. Anstatt Dubček herauszuheben, nahm Die Furche die Absetzung Novotnýs als Anlass für einen kritischen Rückblick auf dessen Amtsführung. Während er es lange geschafft habe, „alle antistalinistischen Wellen zu überdauern“[4], sei Dubček nun endlich sein Sturz gelungen.[5] Mehr erfuhr der Leser über diesen allerdings nicht. Auch Die Presse schrieb Novotný die Rolle des Opfers, des Verlierers im „Ringen um die Macht“[6] zwischen ihm und den Reformern zu. Sie brachte damit im Gegensatz zu den Salzburger Nachrichten und der Furche allerdings eine gewisse Sympathie gegenüber Novotný zum Ausdruck. Volle zehn Wochen hätten die Reformer ein „Dauerfeuer“[7] gegen Novotný gerichtet, dem er am Ende nicht habe standhalten können. Ähnlich, wenn auch in abgeschwächter Form, unterstrich die Wochenpresse den Druck, dem Novotný ausgesetzt war. Dubček stand sie eher skeptisch gegenüber. Er habe „eine widerspruchsvolle Karriere hinter sich“[8]. Inwiefern mit seinem Amtsantritt ein Wandel einhergehe, sei noch ungewiss und hänge vor allem davon ab, ob der KSČ-Chefideologe Jiří Hendrych im Amt bleibe.[9]
Die Antwort auf diese Frage folgte im März, wobei die Ablösung Hendrychs und die Aufhebung der Zensur in der österreichischen Presse mit widersprüchlichen Erwartungen aufgenommen wurden. Während die Salzburger Nachrichten nur beiläufig über die Ablösung Hendrychs und die Auswirkungen dieses Schrittes informierten, berichteten die anderen drei Zeitungen umfassender – aber auch skeptischer. Sie werteten die Aufhebung der Zensur nicht als Beginn einer umfassenden Liberalisierung. Die Wochenpresse zeigte sich zu Beginn noch erwartungsvoll. Mitte März konstatierte sie: „Der Trend zur ‚Demokratisierung‘ wurde jetzt nicht nur offen zugegeben, sondern zur Doktrin erhoben.“[10] In den darauffolgenden Ausgaben relativierte sie dies jedoch: Dubček steuere die Entwicklung von oben und sei mehr und mehr bestrebt, die Freiheit wieder zu zügeln.[11] Ob dies nur „[e]ine Atempause oder der erste Rauhreif des heurigen Prager Frühlings“[12] sei, würden die nächsten Wochen zeigen.
Erich Grolig schrieb in der Tageszeitung Die Presse, dass es Dubček zwar gelingen könnte, einen „neuen Kommunismus“ zu etablieren und „in Gesellschaft wie Wirtschaft die drückendsten Fesseln abzustreifen“[13], der Weg dorthin würde jedoch keineswegs mit einer Demokratisierung nach westlichem Verständnis einhergehen. Dubček ermögliche eine größere Freiheit, ohne dabei aber die enge Verbindung mit der Sowjetunion aufzugeben.[14] Daran anknüpfend war Klemens Maria Hora in der Zeitung Die Furche überzeugt, dass die KSČ, auch wenn sie öffentlich gerne von einer Demokratisierung spreche, gar kein Interesse an einer Entwicklung in diese Richtung habe, da sie die Macht der Partei begrenzen würde. Die Reformer wüssten nur zu gut: „Jeder weitere Schritt einer Demokratisierung […] ist für die KP lebensgefährlich“[15]. Daher seien statt weiteren Liberalisierungsmaßnahmen Restriktionen zu erwarten.[16] Die Ursache für das Ausbleiben einer Liberalisierung sah Die Furche nicht bei den tschechoslowakischen Parteimännern, sondern im Kommunismus selbst: Eine Liberalisierung sei mit diesem einfach nicht vereinbar. Doch dies kritisierte Die Furche nicht, sondern amüsierte sich stattdessen über die Naivität des „freien Westens“. Obwohl Dubček ganz offensichtlich ein „überaus getreuer und gutgeschulter Parteigänger Moskaus“[17] sei, preise das westliche Publikum ihn im Glauben, er demokratisiere die ČSSR. Der „freie Westen“ merke dabei nicht, „daß nur alter Wein in neue Schläuche gegossen wird, damit das Regime umso fester im Sattel sitzt“[18].
Mit dem Treffen der KSČ und der KPdSU in Čierna nad Tisou sowie mit den folgenden Verhandlungen in Preßburg (Bratislava) nahm das Interesse der Zeitungen deutlich zu. Sie berichteten nicht nur aus verschiedenen Blickwinkeln, sondern änderten im Verlauf der Verhandlungen auch ihren Ton. In den Tagen vor dem Treffen in Čierna nad Tisou waren die Tageszeitungen in großer Besorgnis über den Druck, den Moskau über die andauernden Manöver auf die ČSSR ausübte.[19] Besonders sticht der in den Salzburger Nachrichten erschienene Kommentar „Das Manöver mit dem Manöver“ hervor. Hier wurde der Verdacht geäußert, die Sowjets wollten die Reformer mithilfe der Manöver dazu bringen, ihren liberalen Kurs zu beenden, der eine „Bedrohung der ‚gemeinsamen sozialistischen Sache‘ durch konterrevolutionäre Umtriebe“[20] darstelle. Der Kommentar kam zu dem Schluss, dass eine militärische Intervention nicht ausgeschlossen sei, denn der Nervenkrieg bilde nur den ersten Versuch, diesen Umtrieben zu entgegnen.[21]
Nach dem Abschluss der Verhandlungen in Preßburg war von dieser Sorge nichts mehr zu spüren. Die Tageszeitungen zeigten sich zuversichtlich, dass sich die Spannungen innerhalb des Ostblocks lösen würden. Die Salzburger Nachrichten erschienen am 5. August unter der Schlagzeile „In Preßburg: ‚Alles in Ordnung‘. Die Fünf erlagen Dubceks Taktik“. Ähnlich titelte Die Presse: „Konflikt Prag – Ostblock beigelegt“. Dank seines Verhandlungsgeschicks und seiner Standhaftigkeit habe Dubček einen Sieg erzielen können und die Gefahr einer Intervention abgewendet. Nun könne er seinen Liberalisierungskurs mit der Erlaubnis Moskaus weiterführen – wenn auch in gelenkten Bahnen.[22]
Der Kontrast zur Wochenzeitung Die Furche könnte kaum schärfer gewesen sein. Diese betonte, dass die Verhandlungen, anders als viele Europäer dachten, keine „Gespräche zwischen kommunistischen Freunden“[23] gewesen seien. Chefredakteur Lorenz bezeichnete ihr Ergebnis als „Zweites München“ und prophezeite der ČSSR damit ein arges Schicksal.[24] Dabei unterstrich er, dass sich die Sowjets in den Verhandlungen viel klüger als Hitler 1938 und auch klüger als 1956 in Ungarn verhalten hätten, denn es sei ihnen gelungen, den in der ČSSR ausgebrochenen „Virus der Freiheit“[25] zu ersticken und seine Ausbreitung im Ostblock zu verhindern. Damit sei Dubčeks Liberalisierungskurs ein Ende gesetzt. Momentan bestehe also kein akuter Anlass, militärisch einzugreifen; dieser lasse sich jedoch in Zukunft leicht konstruieren.[26] Auch darin sah Lorenz eine Parallele zwischen dem Preßburger Kommuniqué und dem Münchner Abkommen. Wie schon bei der Aufhebung der Pressezensur mokierte sich Die Furche darüber, dass die Weltöffentlichkeit auf die sowjetische Taktik reingefallen sei, die eigene Errungenschaft nicht als Triumph zu inszenieren, sondern den Westen glauben zu lassen, Dubček habe einen Erfolg erzielt. In der Tat feiere „die ganze freie Welt“ „einen kommunistischen Sieg, der keinen Kern einer echten Liberalisierung enthält“[27].
Die Wochenpresse nahm eine Position zwischen den Tageszeitungen und der Wochenzeitung Die Furche ein. Sie schwankte zwischen Optimismus und Pessimismus. Unmittelbar vor den Verhandlungen hielt sie den Fortgang der Entwicklung weiterhin für ungewiss. Offen sei, ob der von der ČSSR eingeschlagene „Weg […] aus der zwanzigjährigen Dunkelheit des orthodoxen und militanten Marxismus stalinistischer Prägung“[28] zu einer Demokratisierung führe, oder ob Moskau wie 1956 in Ungarn fähig sein würde, diese Route zu versperren.[29] Nach den Preßburger Verhandlungen vermied es die Zeitung, das Verhandlungsergebnis eindeutig als Erfolg oder Niederlage zu interpretieren. Einerseits habe Dubček Standhaftigkeit und politisches Fingerspitzengefühl gezeigt, sodass Moskau seinem Kurs gewissermaßen „den marxistischen Segen“[30] gegeben habe. Andererseits sei zu befürchten, dass Dubček für das Einlenken der Warschauer-Pakt-Staaten einen hohen Preis zahle und die Liberalisierung nun bremsen müsse.[31]
Da der Einmarsch inmitten der Nacht zum 21. August und damit nach Redaktionsschluss erfolgte, konnten die Zeitungen erst am 22. August bzw. in der nächsten Wochenausgabe über das Ereignis berichten. Ab diesem Zeitpunkt waren die Ausgaben aller Zeitungen voll mit Artikeln über das Geschehen. Ins Auge sticht der illusionäre, aber dennoch vorausahnende Artikel der Wochenpresse vom 21. August: „Ruhe vor dem Sturm. Vorbereitungen für den außerordentlichen Parteitag der KPdCSSR“[32]. Der „Sturm“ kam zweifellos – aber nicht in Form des Parteitages.
Die Furche, die seit Beginn des Prager Frühlings überzeugt gewesen war, die Entwicklung im Nachbarland zu durchschauen, sah sich durch die Intervention bestätigt. Mit einem gewissen Triumph hieß es auf ihrer Titelseite vom 24. August: „Zum Unterschied von so vielen Blättern der freien Welt und anderen Stimmen war die ‚Furche‘ in Bezug auf die Entwicklungen in der CSSR niemals optimistisch.“[33] Ihr sei stets klar gewesen, „daß es zu einem neuen ‚München‘ kommen würde und nach diesem München zu einer weiteren endgültigen Kapitulation“[34]. Voller Nostalgie schrieb das Blatt, dass es nie zu einer solchen Tragödie gekommen wäre, wenn die Donaumonarchie nicht zerbrochen wäre.[35]
Abgesehen von dieser prononcierten Position ähnelten sich die Berichte der Zeitungen mehr als je zuvor. Durch alle zog sich die Auffassung, dass die Intervention nicht die Stärke der Warschauer-Pakt-Staaten demonstriere, sondern ein Zeichen ihrer Schwäche sei, da hinter der Intervention die Angst vor dem Freiheitsstreben der ČSSR stehe.[36] Um dieser Sichtweise Ausdruck zu verleihen, bediente sich der stellvertretende Chefredakteur und Verantwortliche für Außenpolitik der Salzburger Nachrichten, Bruno K. Skrehunetz-Hillebrand, einer scharfen Rhetorik: Der Einmarsch sei eine aus Angst und Schwäche hervorgehende, „verdammenswerte Maßnahme eines freiheitsfeindlichen, despotischen politischen Systems“[37]. Von Schwäche zeuge die Intervention zudem, da sie demonstriere, dass der Kommunismus nicht reformierbar sei. Während Dubček auf dem besten Weg gewesen sei, der Welt zu beweisen, wie der Kommunismus mit Demokratie und Liberalismus zumindest annähernd zu vereinen sei, gestünden die Sowjets mit der Intervention ein, „daß der Kommunismus sich ohne Unterdrückung der Wahrheit und des freien Wortes, ohne bewaffnete Gewalt, ohne Rechtsbrüche nicht an der Macht erhalten und nicht existieren kann“[38]. Damit näherten sich die Salzburger Nachrichten der Position an, die Die Furche bereits in den vergangenen Monaten vertreten hatte und auch nun wieder bestätigte: Trotz aller Skepsis gegenüber Dubček und seinem Kurs betonte das Blatt, dass „[d]er leichte Windhauch gebremster und lauwarmer Reformen eines Dubceks genügten, um den Koloß des Weltkommunismus als das zu entlarven, was er ist: ein tönernes Gebilde, hohl und angestopft mit Phrasen“[39].
Auch wenn das Vorgehen der Sowjets von Schwäche zeuge, reiche die militärische Kraft dennoch aus, um die ČSSR wieder unter sowjetische Kontrolle zu bringen, so waren sich die Zeitungen einig. Ähnlich wie Die Furche zog nun auch die Wochenpresse die Parallele zu 1938 und betonte, die ČSSR sei erneut zu einem „Protektorat“ herabgewürdigt worden.[40] Die tschechoslowakischen Parteifunktionäre seien nur noch „Schaufiguren im Schatten des neuen ‚Reichsprotektors‘“[41]. Es herrschte Einigkeit, dass Dubčeks Liberalisierungskurs ein abruptes Ende gefunden habe und auch auf lange Sicht nicht weitergeführt werden könne. Die Wochenpresse fand hierfür pathetische Worte: „Der rauhe Ostwind hat die letzten Reste des Prager Frühlings hinweggefegt“ und „Der große Traum von der Freiheit ist ausgeträumt“[42].
Zwar stand in diesen Tagen die Tschechoslowakei im Zentrum der Berichterstattung. Doch warfen viele Journalisten auch die Frage auf, was die Niederschlagung des Prager Frühlings für Österreich bedeutete. Dabei war es nicht die Furcht, dass auch Österreich besetzt werden könnte, vielmehr erschien im Lichte der Ereignisse die österreichische Neutralität als Last. Die Wochenpresse klagte die österreichische Regierung dafür an, nicht klar genug Stellung zu beziehen, sondern „hartherzige Gleichgültigkeit“[43] zu zeigen und den Neutralitätsgrundsatz zu weit zu fassen. Österreich hätte sich einer militärischen Neutralität verpflichtet, nicht aber einer geistigen, die sie daran hindere, die Intervention sowie die vielzähligen Verletzungen des österreichischen Luftraumes durch sowjetische Maschinen strikt zu verurteilen.[44] Ähnlich kritisierten auch Die Presse und die Salzburger Nachrichten die „Neutralität mit Augenzwinkern“[45] bzw. „Gesinnungsneutralität“[46] der Regierung. Aufgrund ihrer Nähe zur ÖVP überrascht es nicht, dass sich Die Furche der Kritik an der Regierung enthielt.
Der Prager Frühling stand von Beginn an auf der Agenda der österreichischen Presse. Der Umfang, mit dem die Zeitungen über die Reformbewegung berichteten, nahm mit den Monaten stetig zu und fand mit seiner gewaltsamen Beendigung einen Höhepunkt. In der ersten Jahreshälfte durchzog die Berichte der Tageszeitungen sowie der Wochenpresse eine Skepsis gegenüber Dubčeks Kurs. Trotz einer gewissen Lockerung erwarteten sie keine Demokratisierung westlicher Art, da Dubček ein getreuer Parteimann und Verbündeter Moskaus sei und bleibe. Nach den Verhandlungen wendete sich jedoch das Blatt: Während die Wochenpresse skeptisch blieb und eine Rücknahme der Lockerungen nicht ausschloss, berichteten die Tageszeitungen höchst euphorisch, dass die Sowjets in den Verhandlungen unterlegen gewesen seien und Dubček seinen Kurs nun weiterführen könne. Damit rückte Dubček ins Zentrum des medialen Interesses und die Tageszeitungen – darunter auch Die Presse, die den neuen Mann an der Spitze der KSČ anfangs skeptisch gesehen hatte – unterstützen ihn nun offen.
Die Furche bildete einen Gegenpol zu der Berichterstattung der Tageszeitungen. Sie sah die tschechoslowakische Seite als die, die in den Verhandlungen mit den Sowjets den Kürzeren gezogen hatte. Der verbliebene Spielraum für Lockerungen sei damit verschwunden, eine Intervention aber dennoch nicht vollkommen ausgeschlossen. Über das gesamte Jahr hinweg vertrat Die Furche die Ansicht, dass die Liberalisierung nur eine Illusion des Westens sei, denn der Kommunismus sei nicht reformierbar. Nicht ohne eine gewisse Überheblichkeit ironisierte das Blatt, dass der Westen dies nicht verstehe, sondern Dubčeks „Demokratisierung“ feiere.
Nach der militärischen Intervention sah sich Die Furche in ihrer Deutung bestätigt. Die vorher so markanten Unterschiede zwischen der Wochenzeitung und besonders den Tageszeitungen waren vergessen und die Berichterstattung glich sich mehr als je zuvor. Es herrschte Einigkeit, dass die Sowjets mit der Intervention zwar ihre eigene Verwundbarkeit zugeben hätten, die ČSSR fortan aber unter sowjetischem Diktat stehe und eine Liberalisierung undenkbar sei.
Mit Ausnahme der Furche folgten die untersuchten Zeitungen im Frühjahr und Frühsommer in ihren Berichten zur Entwicklung in der ČSSR zumindest in Ansätzen dem Gebot der österreichischen Neutralität. Dahinter stand die Skepsis, dass sich im Nachbarland wirklich etwas ändern werde und die Angst vor vorschnellen Deutungen. Vom Beginn der Verhandlungen an schwand ihre Zurückhaltung und vor allem die Kommentare bezogen klar Stellung und machten ihre Position auch rhetorisch deutlich. Die Furche war nie neutral. Ihre Haltungen gegenüber dem Prager Frühling, dem Kommunismus und dem Westen waren durch ihre konservative Leitlinie bedingt. Auffällig ist, dass gerade die Wochenpresse, welche bis zum Einmarsch ständig den noch ungewissen Fortgang der Entwicklung betont und voreilige Schlüsse vermieden hatte, die zu weite Neutralitätsauslegung der österreichischen Regierung am stärksten kritisierte. Insgesamt war Österreich also ein nicht ganz so neutraler Beobachter.
Brandstaller, Trautl, Die zugepflügte Furche. Geschichte und Schicksal eines katholischen Blattes, Wien 1969.
Cede, Franz & Christian Prosl, Anspruch und Wirklichkeit. Österreichs Außenpolitik seit 1945, Innsbruck 2015.
Chorherr, Thomas, „Die Presse. Unabhängige Tageszeitung für Österreich. Bestandteil des Landes und seiner Geschichte“ in: Franz Ivan, Helmut W. Lang & Heinz Pürer (Hrsg.), 200 Jahre Tageszeitung in Österreich 1783-1983. Festschrift und Ausstellungskatalog, Wien 1983, 257-267.
Eger, Reiner, Krisen an Österreichs Grenzen. Das Verhalten Österreichs während des Ungarnaufstandes 1956 und der tschechoslowakischen Krise 1968. Ein Vergleich, Wien 1981.
Fischer, Dieter, Die Nato im Kalten Krieg. Der Prager Frühling, Saarbrücken 2007.
Harmat, Ulrike, „Die Medienpolitik der Alliierten und die österreichische Tagespresse 1945-1955“ in: Gabriele Melischek & Josef Seethaler (Hrsg.), Die Wiener Tageszeitungen. Eine Dokumentation, Bd. 5: 1945-1955, Frankfurt am Main 1999, 57-96.
Janyr, Premysl, „Tschechisch-Österreichische zivilgesellschaftliche Kontakte in den sechziger Jahren“ in: Der Donauraum (2008), Jg. 48, Heft 1-2, 129-133.
Melischek, Gabriele & Josef Seethaler, „Zur Pressekonzentration in Österreich nach 1945“ in: dies. (Hrsg.), Die Wiener Tageszeitungen. Eine Dokumentation, Bd. 5: 1945-1955, Frankfurt am Main 1999, 97-158.
Reichl, Thomas, „Der Einsatz des Bundesheeres im Spiegel der Printmedien“ in: Horst Pleiner & Hubert Speckner (Hrsg.), Zur Verstärkung der nördlichen Garnisonen… Der „Einsatz“ des Österreichischen Bundesheeres während der Tschechenkrise im Jahr 1968, Wien 2008, 231-266.
Ritschel, Karl Heinz, „Salzburger Nachrichten. Unabhängige Tageszeitung für Österreich. Eine Zeitung, die gehört werden muß“ in: Franz Ivan, Helmut W. Lang & Heinz Pürer (Hrsg.), 200 Jahre Tageszeitung in Österreich 1783-1983. Festschrift und Ausstellungskatalog, Wien 1983, 269-284.
Schmidl, Erwin A., „Österreich und die CSSR-Krise 1968“ in: Der Donauraum (2008), Jg. 48, Heft 1-2, 109-127.
Schulmeister, Otto, „Freiheit und Bedrohung der Presse! – Zweihundert Jahre Tageszeitungen in Österreich“ in: Franz Ivan, Helmut W. Lang & Heinz Pürer (Hrsg.), 200 Jahre Tageszeitung in Österreich 1783-1983. Festschrift und Ausstellungskatalog, Wien 1983, 17-40.
Seethaler, Josef, „Daten zu den Stichtagserhebungen österreichischer Tageszeitungen 1946-1996“ in: Gabriele Melischek & Josef Seethaler (Hrsg.), Die Wiener Tageszeitungen. Eine Dokumentation, Bd. 5: 1945-1955, Frankfurt am Main 1999, 253-274.
Steinmaurer, Thomas, Konzentriert und verflochten. Österreichs Mediensystem im Überblick, Innsbruck 2002.
Verband Österreichischer Zeitungsherausgeber (Hrsg.), Österreichs Presse Werbung Graphik Handbuch 1968, 16. Jg., Wien 1968.
Die Furche
Die Presse
Salzburger Nachrichten
Wochenpresse
[1] Musulin, Janko, „Der Fall CSSR als Beispiel“ in: Salzburger Nachrichten, 05./06./07.01.1968, 1-2. | „Heftige Auseinandersetzungen in Prag – Seit Mittwoch tagt wieder das ZK-Plenum – Die dritte Tagung seit der Vorweihnachtszeit“ in: Salzburger Nachrichten, 05./06./07.01.1968, 2. | „Führungswechsel in Prag dauert an. Proporz beherrscht Veränderungen“ in: Salzburger Nachrichten, 08.01.1968, 1.
[2] Zölch, Franz Theodor, „Der Sturz Antonin Novotnys“ in: Salzburger Nachrichten, 08.01.1968, 1-2.
[3] Ebd.
[4] „Novotny und Soldat Schwejk“ in: Die Furche, 13.01.1968, 1.
[5] Ebd.
[6] Turecek, Otto, „Zehn Wochen Ringen um die Macht. Prags neuer KP-Chef Dubcek hat in Moskau die Parteihochschule besucht“ in: Die Presse, 08.01.1968, 3.
[7] Ebd.
[8] „Technokraten vor. Der CSSR-Parteichef Novotny mußte dem Druck der ‚Technokraten‘ weichen. Umschichtung im ZK. Was wird aus dem Ideologen Hendrych?“ in: Wochenpresse, 10.01.1968, 9.
[9] Ebd.
[10] „Die große Säuberung. Beschleunigte Liberalisierung in der CSSR“ in: Wochenpresse, 13.03.1968, 13.
[11] „Revolution von oben. Die wahren Hintergründe der Umsturzbewegung in der CSSR. Die Entwicklung begann schon 1966. Novotny im Kreuzfeuer“ in: Wochenpresse, 20.03.1968, 11. | Meysels, Lucian O., „Schwejks Revolution. CSSR-Parteichef Dubcek für ‚gebremste Freiheit‘“ in: Wochenpresse, 27.03.1968, 10. | Meysels, Lucian O., „Freiheit ohne Kaiser. Tschechoslowakische Revolution in engen Grenzen“ in: Wochenpresse, 03.04.1968, 12.
[12] „Prager Frühling 1968. Macht und Ohnmacht der Reformer“ in: Wochenpresse, 03.04.1968, 14.
[13] Grolig, Erich, „Experimentierfeld CSSR“ in: Die Presse, 08.03.1968, 1-2.
[14] Ebd.
[15] Hora, Klemens Maria, „Prager ‚Frühling‘“ in: Die Furche, 30.03.1968, 6-7.
[16] Ebd.
[17] „Alexander Dubcek / Der grosse Unbekannte“ in: Die Furche, 06.04.1968, 4.
[18] Stary, Jan Nep., „Der alte Mann und nichts mehr. Zu den Vorgängen in der Tschechoslowakei“ in: Die Furche, 06.04.1968, 3.
[19] „Moskau verschärft Druck auf Prag. Manöver an Westgrenze der UdSSR“ in: Salzburger Nachrichten, 24.07.1968, 1. | „Krise um CSSR bleibt in Schwebe. Über Verhandlungen nichts bekannt“ in: Salzburger Nachrichten, 25.07.1968, 1. | „Kreml erweitert die Großmanöver. Vergleich Prags mit Maos Gruppe“ in: Salzburger Nachrichten, 26.07.1968, 1. | „Moskau setzt Nervenkrieg fort. Weiter Pressebeschuldigungen gegen Prag – ‚Rude Pravo‘ repliziert“ in: Die Presse, 24.07.1968, 2. | „Moskau: Prag droht ‚Staatsstreich‘. Immer stärkere Einschüchterungsversuche gegenüber der CSSR“ in: Die Presse, 27./28.07.1968, 2.
[20] Hutter, Clemens M., „Das Manöver mit dem Manöver“ in: Salzburger Nachrichten, 24.07.1968, 1-2.
[21] Ebd.
[22] „Konferenz von Schwarzau beendet. Gegensätze scheinbar überbrückt“ in: Salzburger Nachrichten, 01.08.1968, 1. | „Kleiner Ostgipfel in Preßburg. Die CSSR bleibt auf ihrem Kurs“ in: Salzburger Nachrichten, 02.08.1968, 1. | „Der Slowake mit den guten Nerven“ in: Salzburger Nachrichten, 02.08.1968, 7. | Hutter, Clemens M., „Vom Einschlafen einer Krise“ in: Salzburger Nachrichten, 03./04.08.1968, 1-2. | „Prag vor neuer Konfrontation. Verhandlungen mit Sowjets beendet – Schon Samstag Sechsertreffen in Preßburg“ in: Die Presse, 02.08.1968, 1. | Schulmeister, Otto, „Vielleicht eine Chance“ in: Die Presse, 03./04.08.1968, 1. | „In Preßburg: ‚Alles in Ordnung‘. Die Fünf erlagen Dubceks Taktik“ in: Salzburger Nachrichten, 05.08.1968, 1 | Turecek, Otto, „Konflikt Prag – Ostblock beigelegt. Versöhnliche Erklärung nach Preßburger Gipfel – Sowjettruppen abgezogen“ in: Die Presse, 05.08.1968, 1.
[23] Lorenz, Willy, „‘Verdammt in alle Ewigkeit?‘ Die CSSR zwischen erstem und zweitem ‚München‘?“ in: Die Furche, 03.08.1968, 1-2.
[24] Ebd.
[25] Lorenz, Willy, „Preßburg“ in: Die Furche, 10.08.1968, 1-2.
[26] Ebd.
[27] Ebd.
[28] „Bannfluch vom Erzvater. Die tschechoslowakischen Liberalisierungstendenzen und ihr Echo in den Ostblockstaaten. Moskau vor der Alternative: Gesichtsverlust oder Gewalt?“ in: Wochenpresse, 24.07.1968, 8.
[29] Ebd.
[30] „Einmal davongekommen. Der ‚Punktesieg‘ Dubceks in Schwarzau und Preßburg löste nicht alle Probleme in den Beziehungen zwischen Prag und Moskau. Wie hoch ist die ‚Hypothek‘, die Dubcek aufnehmen mußte? Unterschiedliches Echo im In- und Ausland“ in: Wochenpresse, 07.08.1968, 7.
[31] Ebd.
[32] „Ruhe vor dem Sturm. Vorbereitungen für den außerordentlichen Parteitag der KPdCSSR. Wünsche der Slowaken. Der Kampf um die Pressefreiheit verschärft sich“ in: Wochenpresse, 21.08.1968, 7.
[33] „Eine späte Revanche“ in: Die Furche, 24.08.1968, 1.
[34] Ebd.
[35] Ebd.
[36] Skrehunetz-Hillebrand, Bruno K., „Der Schwache mit der eisernen Hand“ in: Salzburger Nachrichten, 22.08.1968, 1-2. | Schulmeister, Otto, „Den Stiefel im Nacken“ in: Die Presse, 22.08.1968, 1. | Svitak, Ivan, „Die Angst vor der Infektion durch Freiheit. Vorgeschichte und Hintergründe der Sowjet-Intervention in der Tschechoslowakei“ in: Die Presse, 24./25.08.1968, 5. | Liess, Otto Rudolf, „Produzierte Konterrevolution. Nach Prag ist die Schicksalsstunde des Weltkommunismus angebrochen“ in: Die Furche, 31.08.1968, 1.
[37] Skrehunetz-Hillebrand, Bruno K., „Der Schwache mit der eisernen Hand“ in: Salzburger Nachrichten, 22.08.1968, 1-2.
[38] Skrehunetz-Hillebrand, Bruno K., „Die Bankrotterklärung der Moskowiter“ in: Salzburger Nachrichten, 28.08.1968, 1-2.
[39] Magenschab, Hans, „Die vierte Spaltung. Nach Prag stellt sich der Marxismus selbst den Totenschein aus“ in: Die Furche, 14.09.1968, 1
[40] Meysels, Lucian O., „Der Raub der CSSR. Sowjetunion und ihre Verbündeten provozieren eine Weltkrise“ in: Wochenpresse, 28.08.1968, 9.
[41] Meysels, Lucian O., „Auf Stalins Spuren. KP-Breschnjew stellt die Uhren des Ostblocks zurück“ in: Wochenpresse, 04.09.1968, 5.
[42] Ebd.
[43] Pokorny, Bert, „Im Schatten der Prager Tragödie“ in: Wochenpresse, 28.08.1968, 2.
[44] Pokorny, Bert, „Im Schatten der Prager Tragödie“ in: Wochenpresse, 28.08.1968, 2. | „Das verspielte Vertrauen. Die falsche Informationspolitik der Monocoloren ließ die Sicherungsmaßnahmen in der CSSR-Krise unglaubwürdig erscheinen. Spekulationen blieben unwidersprochen“ in: Wochenpresse, 04.09.1968, 4.
[45] Nussbaum, Ernst-Werner „Nicht mit Augenzwinkern“ in: Die Presse, 05.09.1968, 1.
[46] Feichtlbauer, Hubert, „Humanität kann nicht neutral sein“ in: Salzburger Nachrichten, 24./25.08.1968, 1.
Günter Brus (*1938) – ist ein österreichischer Maler, Grafiker und Schriftsteller. Er zählt zu den wichtigsten österreichischen Künstlern nach 1945 und gilt als einer der Mitbegründer des Wiener Aktionismus. Zu seinen Aktionen gehören schwarz-weiße Körperbemalungen und Selbstverstümmelungen. Nach der Beteiligung an der Aktion „Kunst und Revolution“ wurde er zu sechs Monaten Arrest verurteilt, entging der Haftstrafe jedoch, indem er nach Berlin floh. 1979 kehrte er nach Österreich zurück. Er wendete sich vom Aktionismus ab und verband in seinen folgenden Werken zeichnerische und literarische Elemente.
Verwendete Literatur:
Ackerl, Isabella & Weissensteiner, Friedrich, „Brus, Günter“ in: Österreichisches Personenlexikon der ersten und zweiten Republik, Wien 1992, 61.
„Brus, Günter“, zuletzt geändert: 26. April 2017, zuletzt aufgerufen am 19.07.2018.
Čierna nad Tisou – ist eine slowakische Kleinstadt im Dreiländereck zwischen der Slowakei, der Ukraine und Ungarn. Vom 29. Juli bis zum 1. August 1968 fanden in der Grenzstadt zwischen der Tschechoslowakei und der Sowjetunion bilaterale Verhandlungen zwischen Vertretern des sowjetischen Politbüros und der tschechoslowakischen Regierung statt. Zu den Teilnehmern gehörten unter anderem Leonid Brežnev, Alexej Kossygin, Nikolaj Podgorny, Alexander Dubček und Ludvík Svoboda. Für die Sowjetunion waren die Verhandlungen der letzte Versuch, dem Prager Frühling und Dubčeks Reformkurs ohne Anwendung von Gewalt Einhalt zu gebieten. Den beiden Seiten gelang, in Čierna nad Tisou zumindest eine kurzfristige Einigung zu erreichen, die wenig später in Bratislava ratifiziert wurde.
Verwendete Literatur:
Schulze Wessel, Martin, Der Prager Frühling. Aufbruch in eine neue Welt. Stuttgart 2018, 271-280.
Alexander Dubček (1921-1992) – war ein tschechoslowakischer Politiker und eine der zentralen Figuren des Prager Frühlings. Dubček wuchs größtenteils in der UdSSR auf, wo sein Vater im Rahmen der „Internationalen Arbeiterhilfe“ als Tischler tätig war. In den 1930er Jahre machte er eine Ausbildung zum Schlosser. 1939 trat er der illegal gegründeten Kommunistischen Partei der Slowakei (Komunistická strana slovenska – KSS) bei und war im antifaschistischen Widerstand tätig. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann sein Aufstieg innerhalb der KSČ. 1958 vollendete er sein Studium an der Parteihochschule des Zentralkomitees (ZK) der KPdSU in Moskau mit Auszeichnung. Danach studierte er an der juristischen Fakultät der Comenius-Universität in Bratislava und beschloss sein Studium mit einer sozialwissenschaftlichen Dissertation.
Am 6. Januar 1968 wurde er zum neuen Ersten Sekretär des ZK der KSČ gewählt und avancierte in der ersten Hälfte des Jahres 1968 zur Symbolfigur des Prager Frühlings. Nach dessen Niederschlagung wurde er nach Moskau verschleppt und gezwungen das "Moskauer Protokoll", das alle Reformprozess in der ČSSR beenden sollte, zu unterschreiben.
Im Gegensatz zu vielen seiner Mitstreiter distanzierte er sich nie von seinem Engagement für den Reformsozialismus. Aus der KSČ wurde er ausgeschlossen. Daraufhin war er als Aufsicht im Fuhrpark eines Forstbetriebs in Bratislava tätig, wo er bis zu seiner Pensionierung 1986 arbeitete.
Dubček unterstützte 1989 die Protestbewegung und den demokratischen Umbruch. Dass danach keine zentrale Rolle mehr spielte, lag auch daran, dass seine Person in den Augen vieler Menschen zu stark mit dem Kommunismus verknüpft war. Dennoch wurde er Parlamentspräsident, trat allerdings im Juli 1991 zurück, da er die slowakischen Abspaltungsbestrebungen nicht unterstützte.
Dubček starb am 7. Oktober 1992 an den Folgen eines Autounfalls.
Verwendete Literatur:
„Dubček, Alexander“ in: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, zuletzt abgerufen von Bayerische Staatsbibliothek Bestandsentwicklung und Erschließung 2 am 31.8.2018.
Friedrich Funder (1872-1959) – war ein österreichischer Publizist. Nach dem Abitur nahm er zunächst ein Studium der Theologie und Kunstgeschichte und dann der Rechtswissenschaften auf, welches er 1898 mit der Promotion abschloss. Er wirkte als Chefredakteur und Herausgeber der christlich-sozialen Tageszeitung „Die Reichspost“ bis diese 1938 von den Nationalsozialisten eingestellt wurde. Während des Kriegs war Funder in den Konzentrationslagern Dachau und Flossenbürg interniert. 1945 gründete er die Wochenzeitung „Die Furche“, deren Herausgeber und Chefredakteur er bis zu seinem Tod war.
Verwendete Literatur:
Skalnik, Kurt, „Funder, Friedrich“ in: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Neue Deutsche Biographie, Fünfter Band, Berlin 1961, 730-731.
Jiří Hendrych (1913-1979) – war ein tschechoslowakischer Parteifunktionär. Schon während seiner Jugend engagierte er sich in verschiedenen kommunistischen Vereinigungen. In den 1930er Jahren wurde er wegen politischer Agitation der Karls-Universität verwiesen und von 1941 bis 1945 war er im Konzentrationslager Mauthausen inhaftiert.
1945 wurde er Mitarbeiter im Sekretariat des Zentralkomitees der KSČ, in der er rasch aufstieg. Er galt als Vertrauter Novotnýs, tolerierte aber die Reformbestrebungen des Prager Frühlings. Aus diesem Grund musste er im März 1968 seine Ämter niederlegen, 1971 wurde er aus dem Zentralkomitee entfernt. Später verurteilte er die Reformbestrebungen des Prager Frühlings offiziell.
Verwendete Literatur:
„Hendrych, Jiří“ in: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, zuletzt abgerufen von Bayerische Staatsbibliothek Bestandsentwicklung und Erschließung 2 am 31.8.2018.
Ernst Kirchweger (1898-1965) – war ein österreichischer kommunistischer Widerstandskämpfer. Er arbeitete bis zu seiner Pensionierung 1963 im Verlagswesen. 1916 war er der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs beigetreten, wechselte 1934 jedoch zur Kommunistischen Partei und war während der austrofaschistischen Diktatur im kommunistischen Widerstand aktiv. 1965 nahm er an der Demonstration gegen Taras Borodajkewycz teil, bei der er von einem Rechtsextremisten niedergeschlagen wurde und zwei Tage später den Verletzungen erlag. Die Trauerkundgebung war mit mehr als 25 000 Teilnehmenden die bis dahin größte antifaschistische Kundgebung der Zweiten Republik.
Verwendete Literatur:
Manfred Mugrauer: Biographie des Monats März 2015. Das erste Opfer politischer Gewalt in der Zweiten Republik. Ernst Kirchweger, zuletzt aufgerufen am 20.07.2018.
Josef Klaus (1910-2001) – war ein österreichischer Politiker. Er studierte Rechtswissenschaften und wurde 1934 in diesem Fach promoviert. Nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft eröffnete er 1948 eine Rechtsanwaltskanzlei. Bevor er 1964 Bundeskanzler wurde, war er Landeshauptmann von Salzburg, Finanzminister sowie Bundesparteiobermann der ÖVP.
Verwendete Literatur:
Weinmann, Beatrice, Josef Klaus. Ein großer Österreicher, Wien 2000.
Ackerl, Isabella & Weissensteiner, Friedrich, „Klaus, Josef“ in: Österreichisches Personenlexikon der ersten und zweiten Republik, Wien 1992, 226.
Komunistická strana Československa (KSČ) [Kommunistische Partei der Tschechoslowakei] – war in den Jahren 1948 bis 1989 alleinige Regierungspartei in der Tschechoslowakischen Republik. Die Partei gründete sich im Mai 1921 durch die Abspaltung von der Tschechoslowakischen Sozialdemokratischen Partei (ČSSD). 1929 erfolgte die Stalinisierung. Während des Zweiten Weltkriegs war die KSČ verboten, arbeitete aber illegal weiter und stellte ein Zentrum der Widerstandsbewegung dar. Das brachte ihr nach Kriegsende viele Sympathien ein, so war sie die stärkste Kraft der 1945 gegründeten Nationalen Front und erhielt in den Wahlen von 1946 den größten Stimmenanteil. Im Februar 1948 setzte die die KSČ ihr Machtmonopol durch, es begann eine Phase der Verfolgung und Schauprozesse. 1968 strebte die KSČ unter der Führung von Alexander Dubček eine eigene Form des Sozialismus an. Die sowjetische Führung betrachtete dieses reformsozialistische Experiment als konterrevolutionär. Nach der militärischen Intervention im August 1968 wurde eine konservative, Moskau-treue Parteiführung unter Gustáv Husák eingesetzt, die einen Prozess der „Normalisierung“ einleitete. Das Machtmonopol der KSČ wurde am 17. November 1989 durch die Samtene Revolution beendet. Die heutige Nachfolgeorganisation der KSČ in Tschechien ist die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens KSČM.
Verwendete Literatur:
Malíř, Jiří & Pavel Marek (Hrsg.), Politické strany. Vývoj politických stran a hnutí v českých zemích a Československu 1861-2004 [Politische Parteien. Entwicklung der politischen Bewegungen in Böhmischen Ländern und der Tschechoslowakei 1861-2004] Bd. 2. Brno 2005.
Kommunističeskaja Partija Sovjetskogo Sojusa (KPSS) [Kommunistische Partei der Sowjetunion, KPdSU] – war die regierende Partei der Sowjetunion. Sie ging 1925 aus der seit 1918 existierenden Kommunistischen Partei Russlands (Bolschewiki) hervor und verfolgte das Ziel, die marxistisch-leninistische Ideologie zu verwirklichen. Die KPdSU war eine Kaderpartei, die sich nach den Grundsätzen des sogenannten demokratischen Zentralismus organisierte. Höchstes Parteiorgan war der Parteitag, der das Zentralkomitee als Leitorgan für fünf Jahre wählte. Aus diesem gingen die beiden höchsten Entscheidungsgremien, das Politbüro und das Sekretariat des ZK, hervor. Das Machtmonopol der KPdSU wurde 1990 aufgehoben, nach dem Putschversuch vom August 1991 wurde die Partei verboten.
Verwendete Literatur:
„Kommunistische Partei der Sowjetunion“ in: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 12, Kir-Lag, Mannheim 1990.
„Tschistka“ in: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 22, Tep-Ur, Mannheim 1993.
Willy Lorenz (1914-1995) – war ein österreichischer Historiker und Journalist. Ab 1946 war er Redakteur der Wochenzeitung „Die Furche“, deren Chefredaktion er später übernahm. Gleichzeitig war er im Herold-Verlag tätig, den er zu einem der wichtigsten katholischen Verlage ausbaute. Als Historiker publizierte er insbesondere über die Geschichte Böhmens und lehrte an der Universität Graz. Ab 1974 war er österreichischer Kulturrat in Prag, wo er oppositionelle Intellektuelle unterstützte.
Verwendete Literatur:
Ackerl, Isabella & Weissensteiner, Friedrich, „Lorenz, Willy“ in: Österreichisches Personenlexikon der ersten und zweiten Republik, Wien 1992, 282.
Münchner Abkommen – bezeichnet einen am 29./30. September 1938 zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien zur Lösung der sogenannten Sudetenkrise, d.h. des Konfliktes um die in der Tschechoslowakei lebenden Deutschen, geschlossenen Vertrag. Die Tschechoslowakei selbst war von dessen Verhandlung ausgeschlossen. Das Abkommen bestimmte, dass die Tschechoslowakei ihre Randgebiete, in denen 3,5 Millionen Deutsche lebten, an das Reich abzugeben hatte. Die deutsche Wehrmacht besetzte dieses Gebiet im Oktober 1938.
Verwendete Literatur:
„Münchner Abkommen“ in: Brockhaus Online.
Antonín Novotný (1904-1975) – war ein tschechoslowakischer kommunistischer Politiker, Generalsekretär der KSČ und von 1957 bis 1968 zugleich der Präsident der Tschechoslowakei. Er stammte aus einer Prager Arbeiterfamilie. 1921 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Kommunistischen Partei in der Tschechoslowakei. Von 1941 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war er im Konzentrationslager Mauthausen inhaftiert. Nach seiner Entlassung wurde er Mitglied des Zentralkomitees der KSČ und folgte Klement Gottwald 1953 im Amt des Ersten Sekretärs. In den 1960er Jahren wuchs die Kritik an seiner rigiden Politik und seiner Person. Am 5. Januar 1968 wurde er als Parteichef von Alexander Dubček abgelöst. Am 22. März musste er auch von seinem Präsidentenamt zurückzutreten. Sein Nachfolger war der General Ludvík Svoboda. Im Juni gab er unter Druck auch seine Position im Zentralkomitee der KSČ auf und zog sich aus dem politischen Leben zurück. Während der Normalisierung wurde seine Mitgliedschaft im Zentralkomitee zwar erneuert, Novotný erreichte aber keinen nennenswerten Einfluss mehr.
Verwendete Literatur:
Jan Rataj (Hrsg.), Československo v proměnách komunistického režimu [Die Tschechoslowakei im Wandel des kommunistischen Regimes]. Praha 2010.
Österreichische Volkspartei (ÖVP) – gegründet 1945, ist eine christdemokratische, bürgerlich-konservative Partei, die sich als Vertretung aller österreichischen Bürgerinnen und Bürger versteht. Sie folgt einem christlichen Weltbild und bekennt sich zur parlamentarischen Demokratie und zur österreichischen Nation. Sie dominierte die österreichische Politik als stärkere Regierungspartei in der Koalition mit der Sozialistischen Partei Österreichs (1947-1966) sowie als Träger der ersten Alleinregierung (1966-1970).
Verwendete Literatur:
Die Geschichte der Volkspartei, zuletzt aufgerufen am 20.07.2018.
„Österreichische Volkspartei ÖVP“ in: Österreich Lexikon, zuletzt aufgerufen am 20.07.2018.
Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) – ist eine der ältesten noch bestehenden Parteien Österreichs. Sie entstand 1889 aus dem Zusammenschluss verschiedener Strömungen der österreichischen Arbeiterbewegung. Nachdem sie 1934 verboten worden war, wurde sie 1945 als Sozialistische Partei Österreichs wiedergegründet und bildete mit der Österreichischen Volkspartei bis 1966 eine Koalitionsregierung. Sie vertrat einen pragmatischen Kurs und entwickelte sich mehr und mehr zu einer Volkspartei. 1971 konnte sie die erste Alleinregierung stellen. 1991 wurde sie in Sozialdemokratische Partei Österreichs umbenannt.
Verwendete Literatur:
„Sozialdemokratische Partei Österreichs SPÖ“, zuletzt aufgerufen am 22.07.2018.
Ungarnaufstand – bezeichnet die am 23. Oktober 1956 begonnene Rebellion des ungarischen Volkes gegen die kommunistische Herrschaft. Sie hielt bis zum 10. November 1956 an. Die Anfänge der u.a. auch als „Ungarischer Volksaufstand“ bekannten Revolution reichten bis in das Jahr 1953, das Jahr des Todes Stalins, zurück. Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Mátyás Rákosi, der in Ungarn seit 1949 eine stalinistische Diktatur errichtet hatte, musste das Amt des Ministerpräsidenten an den liberaler eingestellten Imre Nagy abgeben. Dieser führte eine Reihe wirtschaftlicher und politischer Reformen durch, die den Lebensstandard in Ungarn erhöhten. Im Jahr 1955 unterlag Nagy im Machtkampf mit der stalinistischen Gruppe um Rákosi und wurde all seiner Ämter enthoben. Nachdem im Februar 1956 jedoch Chruščëvs Geheimrede bekannt wurde, in der er die stalinistischen Verbrechen kritisierte, wurden auch in Ungarn die Rufe nach einer Liberalisierung lauter. Zwar wurde Rákosi als Vorsitzender der Kommunistischen Partei abgesetzt, doch konnte dies die Unzufriedenheit im Land nicht mindern. Als Studenten auf einer genehmigten Demonstration am 23. Oktober 1956 in Budapest ihre Solidarität mit dem Arbeiteraufstand in Posen ausdrücken wollten, schlossen sich immer mehr Menschen an, um für Meinungs- und Pressefreiheit, freie Wahlen und die Wiedereinsetzung Imre Nagys als Ministerpräsident zu demonstrieren. Am Abend standen 200 000 Menschen vor dem ungarischen Parlament und Imre Nagy wurde erneut zum Ministerpräsidenten berufen. In den folgenden Tagen griff der Aufstand auf das ganze Land übe. Der wiederernannte Ministerpräsident Imre Nagy bildete eine Mehrparteienregierung und erklärte die Neutralität Ungarns und den Austritt aus dem Warschauer Pakt. Die Sowjetunion akzeptierte diese Entscheidung allerdings nicht. Am 1. November 1956 marschierte die Rote Armee in Ungarn ein und schlug den Aufstand nieder. In den folgenden drei Wochen kam es zu andauernden Kämpfen zwischen dem sowjetischen Militär und ungarischen Widerstandsgruppen. Mehr als 3000 Menschen starben bei den Kämpfen. Imre Nagy wurde am 22. November 1956 verhaftet und anderthalb Jahre später in Ungarn hingerichtet.
Verwendete Literatur:
Lachmann, Hannes, Die „Ungarische Revolution“ und der „Prager Frühling“. Eine Verflechtungsgeschichte zweier Reformbewegungen zwischen 1956 und 1968, Essen 2018.
Warschauer Pakt – gegründet am 14. Mai 1955 unter der Bezeichnung „Warschauer Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ und auch Warschauer Vertragsorganisation genannt. Der Vertrag trat am 4. Juni 1955 in Kraft. In ihm sicherten ie kommunistischen Mitgliedsstaaten Albanien, Bulgarien, DDR, Polen, Rumänien, die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und Ungarn einander gegenseitige militärische Unterstützung zu. Damit stellte der Warschauer Parkt eine Gegenallianz zur westlichen North Atlantic Treaty Organization (NATO) dar. Formaljuristisch waren alle Mitglieder gleichberechtigt, de facto hatte die Sowjetunion das militärische Oberkommando. Diese nutzte den Vertrag auch zur Stationierung von Truppen in den Mitgliedsstaaten, um die eigenen Interessen dort besser durchsetzen zu können. Der Warschauer Pakt bestand bis 1991.
Verwendete Literatur:
„Warschauer Pakt“ in: Brockhaus Online, zuletzt aufgerufen am 22.07.2018.