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Im Jahr 1968 wagte die Tschechoslowakei den „Sprung ins Ungewisse“ mit einem bisher nicht dagewesenen Experiment: Unter dem unkonventionellen Ersten Sekretär Alexander Dubček wurden Reformen durchgeführt, die einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zum Ziel hatten. Das Unternehmen nahm mit dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes im August desselben Jahres ein gewaltsames Ende. Doch das Experiment, das als Prager Frühling in die Geschichte einging, hatte Auswirkungen über die Grenzen der Tschechoslowakei – ja des Eisernen Vorhangs – hinweg. Im gesamten Jahr 1968, das auch in anderen Ländern eine Zäsur darstellte, zogen die Vorgänge in Prag die internationale Aufmerksamkeit auf sich. Die Presse berichtete mal hoffnungsfroh, mal resigniert – besonders am Ende.
Die Studierenden des Elitestudiengangs Osteuropastudien aus München und Regensburg haben diese Entwicklung im Rahmen einer umfassenden Presseanalyse untersucht. Daraus entstanden ist das Themenportal „Sprung ins Ungewisse – Der Prager Frühling im Spiegel der internationalen Presse“, das Untersuchungen zur Berichterstattung über die Tschechoslowakei im Jahr 1968 aus unterschiedlichen Perspektiven präsentiert:
Zu Wort kommen einerseits Zeitungen aus den Staaten des Warschauer Pakts – aus der Sowjetunion und der DDR, aus Polen und Ungarn. Andererseits wurden große Tageszeitungen aus dem Westen untersucht – aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Frankreich, Großbritannien und Italien. Das Bild wird ergänzt durch eine Auswertung der tschechoslowakischen Exilzeitungen, die in den USA erschienen, sowie der Pressestimmen aus dem neutralen Österreich und dem franquistischen Spanien.
Der Fokus liegt auf den oft impliziten Gemeinsamkeiten und den Unterschieden. Welche Trennlinien verliefen zwischen, welche innerhalb der Blöcke? Wie sichtbar waren die Grenzen zwischen den politischen Lagern, denen die verschiedenen Presseorgane nahestanden? Jeder Text legt einen eigenen Schwerpunkt, doch einige Grundfragen durchziehen das gesamte Projekt: Wie schätzten Berichterstatter in Ost und West Alexander Dubček ein, der im Januar 1968 Antonín Novotný in der Funktion des Ersten Sekretärs der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei ablöste? Sahen die zeitgenössischen Kommentatoren die Aufhebung der Zensur zwei Monate darauf als Wendepunkt? Was erwartete die Weltöffentlichkeit vom Treffen im slowakischen Čierna nad Tisou, bei dem Brežnev die tschechoslowakische Führung dazu bringen wollte, den Reformprozess zu stoppen bzw. zurückzunehmen? Und welche Prognosen für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Ost und West aber auch für die Zukunft des Sozialismus gaben Journalisten im August und September 1968 ab?
Neben einer detaillierten Aufarbeitung des internationalen Blicks auf den Prager Frühling bietet das Portal Hintergrundinformationen zum Jahr 1968 in den untersuchten Staaten und ein umfangreiches Glossar der wichtigsten Personen, Ereignisse und Institutionen. Die interessierte Öffentlichkeit, an die sich das Projekt wendet, findet hier wichtige Ressourcen, um über den Prager Frühling selbst zu diskutieren. Gleichzeitig erlauben die Berichte und Einschätzungen aus unterschiedlichen Ländern und politischen Richtungen, über die Berichterstattung eines Ereignisses zu reflektieren, das die Presse als weltbewegend ansieht.
Die Studierenden des 14. Jahrgangs der Osteuropastudien begrüßen Sie herzlich auf dem osmikon-Themenportal „Sprung ins Ungewisse – Der Prager Frühling im Spiegel der internationalen Presse“, das in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsbibliothek und als gemeinsames Forschungsprojekt der Studiengruppe entstanden ist.
Elitestudiengang Osteuropastudien
The Prague Spring and Soviet Intervention in Czechoslovakia, 1967-1968