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1. Die Sowjetunion im Jahr 1968

Das Jahr 1968 war in der Sowjetunion geprägt von dem Bestreben der KPdSU, ihren innenpolitischen Kurs zu halten und im eigenen Block Stabilität zu wahren. Um dies zu verstehen, ist es notwendig in die 1950er Jahre zurückzublicken. Nach dem Tode Stalins im März 1953 wurde Nikita Chruščëv Erster Sekretär der KPdSU. Mit seinem Namen ist die „Entstalinisierung“ verknüpft, die er 1956 auf dem XX. Parteitag mit seiner berühmten Geheimrede einleitete. Chruščëv half die personale Diktatur stalinistischer Prägung und den Massenterror zu überwinden. So wurden viele Straflager des Gulags nach 1953 geschlossen. Mit dem Einsetzen des sogenannten „Tauwetters“ machte sich eine Aufbruchsstimmung breit, welche in die öffentliche Diskussion um Reformen mündete und von heftigen innerparteilichen Kontroversen begleitet war. Besonders die Kunst und die Literatur erlebten einen Aufschwung. Darüber hinaus begannen sich die Menschen erstmals in ihrer Freizeit in privaten Gruppen zu organisieren, die unabhängig von den offiziellen sowjetischen Organisationen waren. In der Sowjetunion, wie auch im restlichen Ostblock entstanden reformkommunistische und nationalistische Strömungen als alternative politische Ideen. Der Reformkommunismus wollte eine ernsthafte neue sozialistische Alternative zur alten Ordnung darstellen, der Nationalismus arbeitete auf eine Abkehr vom Kommunismus hin. Während die ostmitteleuropäischen Staaten für eine Umstrukturierung des Sozialismus offen waren, vermochte es die Sowjetunion nicht, die Grundstrukturen der eingefahrenen stalinistischen Ordnung abzuschaffen. Dies zeigte sich bereits 1956, als die Armee der UdSSR die Aufstände der Reformkommunisten in Ungarn und Polen gegen die Kommunistische Partei und den Einfluss der Sowjetunion blutig niederschlug.

Der Wechsel in der Parteispitze im Jahr 1964 von Chruščëv zu Leonid Brežnev, der versprochen hatte die „kollektive Herrschaft“ wiederherzustellen, erfolgte durch einen gut vorbereiteten Sturz. Bereits von 1954 bis 1964 hatte Brežnev in der sowjetischen Führungsspitze an Chruščëvs Seite gedient. Gemeinsam brachten sie die Entstalinisierung voran und arbeiteten an der Modernisierung von Partei und Staat. Nichtsdestotrotz gilt Brežnev bis heute als der Parteiführer, der Stalin rehabilitierte, die Öffnung der Gesellschaft zurückdrehte und erneut kritische Stimmen durch Lagerhaft unterdrückte. Tatsächlich kam es während seiner Regierungszeit zu einer gewissen innenpolitischen und wirtschaftlichen Stagnation. Auch die Aufbauleistungen der Stalinzeit und der Sieg im Zweiten Weltkrieg wurden unter Brežnev glorifiziert. Gleichzeitig sprach er sich jedoch immer wieder gegen Stalin und seine Repressionsmaßnahmen aus. Die restriktiven Kurskorrekturen, die sich durch eine konservative Wende im öffentlichen und kulturellen Leben sowie durch eine Verschärfung der Zensur auszeichneten, sind als Zugeständnisse an die „Hardliner“ innerhalb der Führungselite zu verstehen, zu denen er sich aufgrund seines Führungsstils der Konsensfindung gezwungen sah.

Brežnev beobachtete die Reformbewegungen, die Alexander Dubček in der Tschechoslowakei 1968 einige Wochen nach seiner Wahl zum Ersten Sekretär der KSČ einleitete, mit Skepsis. Gegenüber Dubček empfand er jedoch persönliche Sympathie und war anfangs zu Zugeständnissen bereit. So vermied es Brežnev lange, mit Voranschreiten der Reformen des Prager Frühlings Dubček der Konterrevolution zu bezichtigen. Letztlich galt es jedoch für die sowjetische Führung, angesichts des in Vietnam stattfindenden Stellvertreterkrieges zwischen den USA und der UdSSR, ihre Vorherrschaft als Hegemonialmacht innerhalb des Ostblocks zu stabilisieren. Man befürchtete nicht nur ein Überspringen des Reformgedankens auf die Ukraine, das Baltikum sowie die sowjetische Intelligenz, sondern verstand es auch als historische Pflicht, die Errungenschaften des Zweiten Weltkrieges zu verteidigen. Bekanntermaßen folgte schließlich am 21. August 1968 der Einmarsch der Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei. Hochrangige Politiker, darunter Alexander Dubček, wurden festgenommen. Der tschechoslowakischen Regierung wurde ein als „Normalisierung“ bezeichneter politischer Kurswechsel diktiert. Im April 1969 setzte die UdSSR schließlich eine Marionettenregierung unter Gustáv Husák ein.

Damit verlieh die Sowjetunion mit militärischen Machtmitteln dem Nachdruck, was nach der Niederschlagung des Prager Frühlings als „Brežnev-Doktrin“ bezeichnet wurde: Die Sicherung sowjetischer Hegemonie im Machtbereich, den sie in der Nachkriegszeit erworben hatte und den der Westen faktisch anerkannte.

Innerhalb der sowjetischen Gesellschaft spielte der Prager Frühling hauptsächlich in intellektuellen Kreisen eine Rolle. Unter Studenten, Schriftstellern und Künstlern wurden die Reformen in der Tschechoslowakei kontrovers diskutiert. Teile der liberalen und reformkommunistischen Intelligenzia sahen die Entwicklung im Nachbarland als hoffnungsvolles Vorbild für eine mögliche Liberalisierung in der Sowjetunion.

Von der staatlichen Propaganda desinformiert, hatten die meisten Sowjetbürger nicht mit einer Invasion der Warschauer-Pakt-Truppen gerechnet. Einige kritisieren diese, die meisten jedoch glaubten der staatlichen Berichterstattung, die die Invasion als notwendige Hilfe für die Tschechoslowakei darstellte. Echten Protest gab es nur wenig. Am 25. August demonstrierten sieben Sowjetbürger auf dem Roten Platz unter den Bannern „Für eure und unsere Freiheit“ oder „Freiheit für Dubček“ gegen den Einmarsch und wurden sofort vom KGB festgenommen. Für die intellektuellen Reformkommunisten und Liberalen in der UdSSR war die Invasion ein harter Schlag, der ihren Glauben an einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz in der Sowjetunion endgültig vernichtete. Gleichzeitig wuchs die Aggressivität der Konservativen und Reformgegner, die von nun an hart gegen Andersdenkende vorging. So beschreibt Michail Gorbačёv die Situation 1968 wie folgt: „Mit dem 21. August setzte eine ‚Verhärtung‘ der ideologischen Fronten ein, die eine Unterdrückung allen freien Denkens zur Folge hatte.“[1] Diesen neostalinistischen und nationalistischen Regierungsstil hielt die KPdSU bis in seine Amtszeit bei.

 

Verwendete Literatur:

Altrichter, Helmut, Kleine Geschichte der Sowjetunion:  1917 - 1991, München 2013.

Bütow, Hellmuth, Länderbericht Sowjetunion, Bonn 1988.

Hildermeier, Manfred, Die Sowjetunion 1917 – 1991, Berlin 2016.

Karner, Stefan, Natalja Tomilina & Alexander Tschubarjan (Hrsg.), Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968, Köln 2008.

Pauer, Jan, Prag 1968. Der Einmarsch des Warschauer Paktes, Bremen 1996.

Schattenberg, Susanne, Leonid Breschnew. Staatsmann und Schauspieler im Schatten Stalins. Eine Biographie, Köln 2017.

Schulze-Wessel, Martin, Der Prager Frühling. Aufbruch in eine neue Welt, Ditzingen 2018.

Skilling, H. Gordon, Czechoslovakia's interrupted revolution, Princeton 1976.

 

Endnoten:

[1] Zitiert nach Karner, Stefan et al., Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968, Köln 2008, 846.


2. „Den Brüdern zur Hilfe!“

„Schulter an Schulter für Frieden und Sozialismus“ – Der Prager Frühling in der sowjetischen Presse

Wie überall auf der Welt verfolgten auch die Menschen in der Sowjetunion 1968 die Geschehnisse in der Tschechoslowakei. Aufgrund der strengen Zensur, welche die Regierung ihren Staatsmedien auferlegt hatte, drangen die Informationen jedoch nur stark gefiltert zu ihnen durch. Zwar bestand die Möglichkeit, westliche Radiosender wie „Radio Free Europe“ als „feindlichen Sender“  mithilfe eines Kurzwellenradios zu hören, eine Methode die hauptsächlich von der Intelligenzia angewandt wurde, doch die staatliche Propaganda dominierte allein durch ihre Omnipräsenz.[1] Die enorme Größe des Landes machte es zu einer Herausforderung, in allen Teilrepubliken die wichtigen Zeitungen gleichzeitig und inhaltlich einheitlich herauszubringen – zumal diese aufgrund der Multiethnizität der UdSSR in verschiedenen Sprachen erscheinen mussten. Allerdings war die flächendeckende Verbreitung von Informationen essentiell für den Erhalt der Sowjetmacht. Die drei größten Zeitungen der Sowjetunion, die Komsomol‘skaja Pravda, die Izvestia und die Pravda hatten daher Auflagenzahlen von 8 bis 11 Millionen Exemplaren täglich.[2] Zu den wichtigsten Printmedien der Sowjetunion zählten zweifellos die beiden großen traditionsreichen sowjetischen Zeitungen Pravda und Izvestia, deren Berichterstattung über die Ereignisse des Prager Frühlings in dieser Analyse beschrieben wird.

Die Izvestia diente nach ihrer Gründung während der Oktoberrevolution als Sprachrohr des Präsidiums des obersten Sowjets der UdSSR zu den Bürgern der Sowjetunion. Im Zentrum der Aufmerksamkeit der Izvestia stand die Arbeit der sowjetischen Regierung, sowie Nachrichten über internationale Politik und die auswärtigen Beziehungen der Sowjetunion. Im Gegensatz zu den meisten anderen sowjetischen Zeitungen verfügte die Izvestia über viele eigene Auslandskorrespondenten, unter anderem auch im westlichen Ausland.[3]

Die Pravda erschien erstmals am 5. Mai 1912 in St. Petersburg. Innerhalb des zaristischen Russischen Reichs hatte die Zeitung stark mit Zensur und staatlichen Repressionen zu kämpfen. Mit der Oktoberrevolution und der kommunistischen Machtübernahme etablierte sich die Pravda zum offiziellen Organ der KPdSU. Fortan verkörperte und verbreitete sie die offizielle Staatsdoktrin über das gesamte Gebiet der Sowjetunion. Als Parteizeitung war die Pravda das bevorzugte Medium für die Veröffentlichung von Artikeln, die das Parteiprogramm und die Parteiideologie betrafen. Dies machte sich auch für Diplomaten, Intellektuelle und die Presse auf der gesamten Welt zu einer Informationsquelle über die Themen und den Kurs der KPdSU. [4] Das Medium Zeitung sollte in der Sowjetunion als Mittel der Bildung des Volkes dienen. Themen wie Verbrechen, Sex oder Skandale erfüllten der Meinung der Partei nach diesen Zweck nicht und sind deshalb nicht in den Zeitungen zu finden.[5]

 

Der Prager Frühling in sowjetischen Zeitungen

In der Geschichtsschreibung begann der Prager Frühling mit der Ernennung Alexander Dubčeks zum Ersten Sekretär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ). Auch die sowjetischen Zeitungen berichten ausführlich über dieses Ereignis. Sie präsentierten Dubček als harmlosen Mann und musterhaften Kommunisten. In der Pravda und der Izvestia vom 6. Januar 1968 findet sich kein Hinweis darauf, dass der neue Erste Sekretär der Tschechoslowakei sich schon bald zum Dorn im Auge der sowjetischen Führung entwickeln würde. Beide Zeitungen warteten an diesem Tag mit der identischen großformatigen Biographie Dubčeks auf, in der dieser als „Kind einer revolutionären Arbeiterfamilie“[6] vorgestellt wurde. Der Artikel schließt mit dem Satz: „Sein ganzes Leben widmete Alexander Dubček dem Kampf des tschechoslowakischen Proletariats, dem Kampf der kommunistischen Partei der Tschechoslowakei und der Stärkung der nach allen Seiten gerichteten sozialen, ökonomischen und politischen Entwicklung unserer Völker in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, treu den Prinzipien des proletarischen Internationalismus“[7]. Die folgende Seite der Izvestia enthält neben anderen Artikeln ein detailliertes Protokoll der Plenarsitzung des Zentralkomitees der KSČ, das sämtliche wichtige Teilnehmer namentlich aufführt.[8] Das war typisch für die sowjetische Zeitung. Fuhren sowjetische Delegationen ins Ausland, führte sie alle Teilnehmer mit Rang und Namen auf, während man über die Inhalte oder Ziele der Reise wenig oder mitunter auch gar nichts erfuhr. Auf diese Weise versuchte man dem Leser zu suggerieren, dass er alles Wesentliche erfuhr, obwohl die Artikel faktisch keine nennenswerten Informationen enthielten. Ein bezeichnendes Beispiel für diese Praxis ist die Berichterstattung über das Treffen der Delegation der KPdSU und der KSČ in Čierna nad Tisou Ende Juli 1968. Während des gesamten Zeitraums des Treffens, bei dem die beiden Delegationen über die Situation in der ČSSR diskutierten, enthielten die Berichte meist kaum mehr als die Namen und Ämterbezeichnungen der einzelnen Teilnehmer. Nach Beendigung der Gespräche in Čierna nad Tisou erschien ein abschließender Artikel, in dem über drei Absätze hinweg die Namen der anwesenden Politiker aufgelistet wurden. Der Text endete mit einer Bekräftigung der sowjetisch-tschechoslowakischen Freundschaft, der guten Beziehungen zwischen den beiden kommunistischen Parteien und stellte ein weiteres Treffen in Aussicht. Nur wer genau las, entdeckte in der Mitte des Berichts, zwischen zwei Absätzen, einen Satz, der den Inhalt des Gesprächs betraf. Er lautete: „Die Teilnehmer des Treffens tauschten detaillierte Informationen über die Lage in ihren beiden Ländern aus.“[9]

Ende März wurde in der Tschechoslowakei die Zensur abgeschafft, ein Ereignis, das Medien vieler Staaten weltweit diskutierten. Aus naheliegenden Gründen sucht man die Erwähnung dieses wichtigen Schrittes für den tschechoslowakischen Reformkommunismus in den sowjetischen Staatszeitungen vergeblich. Denn es konnte weder im Interesse der UdSSR liegen, zuzugeben, dass die Medien einer strengen Zensur unterlagen, noch den Wahrheitsgehalt der eigenen Nachrichten in Frage zu stellen. Erst einige Monate später, bereits nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei, findet sich ein Hinweis auf die Abschaffung der Zensur. In einem sehr ausführlichen Artikel über die Lage in der ČSSR steht in einem Absatz: „(Bereits) auf dem Dresdener Treffen stritten die tschechoslowakischen Genossen nicht ab, dass sich in der Tschechoslowakei einige negative Prozesse entwickeln, dass Radio, Fernsehen und Presse sich der Kontrolle der Partei entzogen haben und sich faktisch in den Händen antisozialistischer Elemente befinden und dass rechte Kräfte beginnen sich zu konsolidieren“[10]. Die sowjetischen Medien interpretierten die Aufhebung der Zensur in der Tschechoslowakei eindeutig negativ, als Kontrollverlust der Partei im Medienbereich. Diesen erklärten sie mit der Infiltration des Landes durch neofaschistische und imperialistische Kräfte. Die Bedrohung komme dabei von außen, nicht aus der kommunistischen Partei selbst, doch diese sei offenbar nicht in der Lage, der Situation aus eigener Kraft Herr zu werden. Sie und auch die Bevölkerung wurden also als Opfer einer ideologischen Invasion portraitiert. Nachdem die Aufhebung der Zensur erst verschwiegen worden war, wurde dann der eigentliche Hergang der Ereignisse verdreht.

 

„Zum Schutz der Errungenschaften des Sozialismus“[11]

In der Nacht zum 21. August 1968 überschritten die Truppen der Staaten der Fünferkoalition (UdSSR, Bulgarien, DDR[12], Polen und Ungarn) die tschechoslowakische Grenze und besetzten das Land.[13] Anlässlich der militärischen Aktion veröffentlichte die Pravda am 21. August 1968 eine Erklärung der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS.[14] Darin ist von einer Bereitstellung von Streitkräften auf Antrag der tschechoslowakischen Führung die Rede. Parteifunktionäre und Staatsmänner der ČSSR hätten die Sowjetunion und die mit dieser verbündeten Staaten gebeten, dem brüderlichen tschechoslowakischen Volk dringend benötigte militärische Hilfe zu gewähren. Ganz in diesem Sinn argumentierte die Pravda, eine „weitere Verschärfung“[15] der Situation in der ČSSR hätte das Leben und die Interessen der UdSSR sowie der sozialistischen Staaten und darüber hinaus sogar die Grundpfeiler der europäischen Welt bedroht.

Der Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei wurde hauptsächlich mit dem angeblichen Hilferuf aus Prag begründet. Dem brüderlichen tschechoslowakischen Volk werde im Geist des Internationalismus und mit tiefem Respekt für die Souveränität der sozialistischen Staaten die „helfende Hand“[16]gereicht. Legitimiert wurde dieser Schritt mit der gefährlichen Lage in der ČSSR, die längst aus dem Ruder gelaufen sei. Diese Entwicklung sei vor allem auf die Feinde des Sozialismus zurückzuführen – an erster Stelle die BRD, von der eine starke Bedrohung durch konterrevolutionäre und revanchistische Kräfte ausgehe. Daher bringe die militärische Intervention nicht nur der ČSSR Ruhe und Ordnung, sie sei auch eingebettet in den internationalen Kampf gegen den Imperialismus. Die Pravda postulierte besonders, dass die UdSSR im Einklang mit geltendem internationalem Recht und auf der Basis bestehender Verträge gehandelt habe. So beruft sich die Staatszeitung auf das Recht der Staaten auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung, welches in den alliierten Verträgen zwischen den sozialistischen Bruderstaaten festgeschrieben ist. Auch habe die UdSSR nicht im Alleingang gehandelt, sondern sich in jeder Phase – im Hinblick auf die Entwicklungen in der ČSSR – mit den Partnern abgestimmt. So sei auf den bilateralen Meinungsaustausch von Čierna nad Tisou das Treffen in Bratislava gefolgt,[17] und die Intervention als ein gemeinsamer Schritt der sozialistischen Staatengemeinschaft beschlossen worden. Ihre Truppen würden das Gebiet der ČSSR verlassen, sobald die Bedrohung der Sicherheit eliminiert sei.[18] Wichtig war aus der Sicht der Pravda zudem, dass nicht nur die sozialistischen Bruderstaaten die militärische Aktion einhellig unterstützen, sondern auch die gesamte sowjetische Bevölkerung. So hieß es in dem Artikel „Im Interesse des Sozialismus und des Friedens“[19], das sowjetische Volk billige einstimmig die Entscheidung der Regierung der UdSSR sowie der verbündeten Länder, dem brüderlichen tschechoslowakischen Volk die benötigte Hilfe zu leisten. Dass es jedoch am 25. August 1968 zu einer Demonstration sieben Andersdenkender gegen die Invasion auf dem Roten Platz kam, blieb sowohl in der Pravda, als auch in der Izvestia unerwähnt.

Die Argumentationsfigur von der gemeinsamen, durch Verträge sowie durch die Volksmassen gestützten Hilfe für den in Krise geratenen Verbündeten, erhielt Ergänzung durch den Hinweis auf den notwendigen Kampf gegen den Imperialismus, hauptsächlich verkörpert durch die BRD. Eine Karikatur aus der Pravda vom 3. September 1968 bringt das auf den Punkt (Zur entsprechenden Ausgabe der Pravda via Nationallizenz):[20]

Obwohl sich die bundesdeutsche Regierung während der Ereignisse in der Tschechoslowakei zurückhielt, identifizierte der Karikaturist sie als den wahren Unruheherd. Er zeigt Franz Josef Strauß mit einem Schild in den Händen, auf dem „Wir sind für Nichteinmischung – Bonn“ geschrieben steht. Ein rückwärtig platzierter Spiegel lässt aber nicht nur ein Hakenkreuz, sondern auch eine Pistole und die Aufschrift „Sabotage“ erkennen und vermittelt dem Betrachter so, was er als das wahre Wesen westdeutscher Politik anzusehen hat.

Das Titelblatt der sowjetischen Staatszeitungen vom 23. August 1968 bekräftigte einmal mehr die freundschaftlichen Prinzipien in der sozialistischen Staatengemeinschaft „zum Schutz der Errungenschaften des Sozialismus“[21]. Doch wich dieser Beitrag von der bisherigen Argumentationslogik ab, denn plötzlich schien die Gefahr von Aktivitäten rechter, antisozialistischer Kräften innerhalb der ČSSR auszugehen, die sich auf einen konterrevolutionären Staatsstreich und die nachfolgende Wiederherstellung des Kapitalismus vorbereiteten. Aber auch dieser Artikel ließ den Leser über das Konkrete im Unklaren, so erfuhr man nichts über ebenjene konterrevolutionären Aktivitäten und deren Ursprung. Die TASS Mitteilung vom 23. August wurde hingegen deutlicher und suchte die Schuldigen innerhalb der Partei. Dabei wurde vor allem Außenminister Jiří Hájek scharf angegriffen, der sich um eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen bemühte und diplomatische Gespräche mit der BRD begonnen hatte.

Zwei Tage nach Beginn der Intervention, am 23. August 1968, zitierte die sowjetische Staatsführung den tschechoslowakischen Präsidenten Ludvík Svoboda zu offiziellen Verhandlungen nach Moskau. Die Pravda berichtete am 24. August über dieses Ereignis. Unter der Überschrift „Ankunft des Präsidenten der Tschechoslowakei Ludvík Svoboda in Moskau“[22] brachte sie eine detaillierte Namensliste der teilnehmenden sowjetischen und tschechoslowakischen Verhandlungsführer. Der Artikel schilderte zudem den herzlichen Empfang, den die Moskauer den „hohen Gästen aus der sozialistischen Tschechoslowakei“ bereitet hätten. Über die inhaltlichen Punkte erfuhr der Leser erneut nichts. Stattdessen konnte man auf der Titelseite der Pravda ein Foto sehen, auf dem unter anderem Staatspräsident Ludvík Svoboda und Leonid Brežnev zu sehen waren, wie sie einträchtig in einem Cabriolet durch Moskaus Straßen fuhren und den Menschen zuwinkten. Offiziell dauerten die Verhandlungen bis zum 26. August 1968, doch publizierte die Pravda bis zum 28. August täglich Artikel über diese Gespräche, wobei die Inhalte nicht angesprochen wurden. Anlässlich des Abschlusses der Verhandlungen konstatierte sie an diesem Tag, die Sowjetunion und ihre Streitkräfte würden sich  nicht in die innenpolitischen Angelegenheiten der ČSSR einmischen.  Auch suche die Tschechoslowakei – ganz im Sinne der sozialistischen Freundschaft – keinen Konflikt mit der UdSSR.[23]

Bereits kurz nach der Intervention setzte der Historiker Jurij Žukov den Geschehnissen in der ČSSR einen größeren historischen Rahmen: Er verwies auf den Kampf gegen den Imperialismus, der sich vor allem in Südostasien und dem Nahen Osten vollziehe und darauf, dass die Konterrevolution mit Unterstützung des Westens schon einmal versucht habe, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Bereits 1956 hätten die Sowjettruppen in Ungarn mutig dabei geholfen, die konterrevolutionären Kräfte zu stoppen. Es ging an dieser Stelle also nicht mehr nur um Prag und nicht allein um die Tschechoslowakei, sondern um den allgegenwärtigen Kampf der UdSSR gegen die imperialistische Aggression.[24] Dieser Lesart folgend resümierte die Pravda Ende August, dass die Truppen der UdSSR und der verbündeten Länder nicht als Eindringlinge in die Tschechoslowakei gekommen seien, sondern um den Sozialismus zu schützen und den arbeitenden Menschen zu helfen. Auch künftig würden die Sowjetunion und die Tschechoslowakei entschlossen gegen militaristische, revanchistische und neonazistische Kräfte vorgehen, die die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges revidieren wollten und die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa missachteten.[25]

Die Analyse der beiden großen traditionsreichen sowjetischen Tageszeitungen während des Prager Frühlings offenbart ein konstantes Narrativ: Die Invasion diente nicht der Sicherung der Einflusssphäre der UdSSR, sondern der Hilfe für das tschechoslowakische Brudervolk zum Schutz vor konterrevolutionären Umtrieben. Als imperialistischer Feind, vor dem es die Tschechoslowakei zu schützen galt, wurde immer wieder der Westen portraitiert. Was die Deutung der Ereignisse betraf, sorgten die beiden Zeitungen für keinerlei Überraschungen. Doch ist die schiere Menge der Artikel zum Prager Frühling überwältigend und vermittelt einen Eindruck von der omnipräsenten Indoktrinierung des sowjetischen Volkes. Niemand, der Tageszeitungen las, entging den ständig wiederholten Floskeln von brüderlicher Hilfe und dem höheren Ziel, den Sozialismus zu schützen. Dass in der Sowjetunion dennoch die Möglichkeit bestand – wenn auch auf illegalem Wege – zu „neutraleren“ Informationen über die Geschehnisse in der ČSSR zu gelangen, soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Wer Zugang zu Samisdat-Publikationen hatte oder Radiosender wie „Radio Free Europe“ hörte, konnte sich eine eigene Meinung zum Handeln der UdSSR zu bilden, wenn auch diese Meinung im Verborgenen blieb.[26]

 

Verwendete Literatur:

Karner, Stefan, Natalja Tomilina & Alexander Tschubarjan (Hrsg.), Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968, Köln 2008.

Merill, John C. & Harold A. Fisher, The World’s Great Dailies: Profiles of Fifty Newspapers, New York 1980.

Pauer, Jan, Prag 1968. Der Einmarsch des Warschauer Paktes, Bremen 1996.

 

Quellen:

Известия [Izvestia]

Правда [Pravda]

 

Endnoten:

[1] Karner, Stefan et al., Prager Frühling. Das internationale Krisenjahr 1968, Köln 2008, 823.

[2] Merill, John C. & Harold A. Fisher, The World’s Great Dailies: Profiles of Fifty Newspapers, New York 1980, 172.

[3] Ebd., S. 172 - 176.

[4] Ebd., S. 242 – 250.

[5] Ebd., S. 172 – 176.

[6] „…Александр с детских лет росли в сознательной рабочей революционной семье.“ in: Izvestia, 06.01.1968, 1.

[7] Вся жизнь товарища Дубчека тесно связана с борьбой чехословацкого пролетариата, с борьбой Коммунистической партии Чехословакии и с усилиями, направленныим на всесторонний социальный, экономический и политический прогресс наших народов в Чехословацкой Социалистической Республике, с верностью принципами пролетарского интернационализма.“ in:  Izvestia, 06.01.1968, 1.

[8] Izvestia, 06.01.1968, 3.

[9] „Участники встречи обменялись подробной информацией о положении в своих странах.“ in: Izvestia, 01.08.1968, 1.

[10] „На Дрезденской встрече чехословацкие товарищи не отрецали, что в стране развиваются некоторые отрицательные процессы, что радио, телевидение, пресса вышли из-под контроля партии и оказываются фактически в руках антисоциалистических элементов, что правые силы консолидируются.“ in: Izvestia, 22.08.1968, 3.

[11] „На защите завоеваний социализма“ in: Pravda, 23.08.1968, 1.

[12] Die NVA der DDR griff mit ihren Truppen nicht ein, sondern beteiligte sich auf der Ebene von Verbindungsoffizieren und der Logistik. Vgl. Pauer, Jan, Prag 1968. Der Einmarsch des Warschauer Paktes, Bremen 1996, 228.

[13] Pauer 1996, 228.

[14] In der UdSSR war TASS die einzige Nachrichtenagentur mit internationalem Nachrichtenaustausch.

[15] „Заявление тасс“ in: Pravda, 21.08.1968, 1.

[16] „Верность братскому долгу“ in: Pravda, 22.08.1968, 1.

[17] Auf der Konferenz von Bratislava, die vom 3. bis 6. Juni 1968 stattfand, verhandelten Repräsentanten der kommunistischen Parteien von Bulgarien, Ungarn, DDR, Polen, der UdSSR, sowie der ČSSR ein mögliches Vorgehen als Antwort auf den Prager Frühling.

[18] „Верность братскому долгу“ in: Pravda, 22.08.1968, 1.

[19] „В интересах социализма и мира“ in: Pravda, 22.08.1968, 1.

[20] Pravda, 03.09.1968, 5.

[21] „На защите завоеваний социализма“ in: Pravda, 23.08.1968, 1.

[22] „Прибытие в Москву Президента Чехословакии Людвика Свободы“ in: Pravda, 24.08.1968, 1.

[23] „Коммюнике о советско-чехословаких перегоаорах“ in: Pravda, 28.08.1968, 1.

[24] „Кто им покровительствует?“ in: Pravda, 23.08.1968, 4.

[25] „Верность интернационализму“ in: Pravda, 29.08.1968, 1.

[26] Karner et al. 2008, 823.

Glossar:

Brežnev, Leonid Il'ič

Leonid Il'ič Brežnev (1906-1982) – war von 1964 bis 1982 Erster Sekretär (ab 1966 Generalsekretär) der KPdSU. Unter seiner Führung setzte in der UdSSR eine verschärfte Reglementierung des kulturellen Lebens sowie eine vorsichtige Rehabilitierung Stalins ein. Außenpolitisch verstärkte Brežnev den Einfluss auf die inneren Angelegenheiten der kommunistischen Staatenwelt, insbesondere in Europa. So wurde die Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 durch den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei mit der These der beschränkten Souveränität der Staaten (Brežnev-Doktrin) des sozialistischen Lagers gerechtfertigt.

Verwendete Literatur:

„Breschnew, Brežnev“ in: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 3, Bed-Brn, Mannheim 1987.

Chruščëv, Nikita Sergeevič

Nikita Sergeevič Chruščëv (1894-1971) – war von 1953 bis 1964 Erster Sekretär der KPdSU. Nach dem Tod Stalins leitete er auf dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 die sogenannte Entstalinisierung ein und brach dabei mit dem Personenkult um Stalin sowie dessen Herrschaftsmethoden. Außenpolitisch leitete Chruščëv mit der von ihm entwickelten These der friedlichen Koexistenz eine Entspannungsdiplomatie zwischen Ost und West ein. In seine Amtszeit fielen internationale Krisen wie der Ungarnaufstand 1956, das Berlin-Ultimatum 1958 und die Kubakrise 1961/62.

Verwendete Literatur:

„Chrustschow, Chruščëv“ in Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 4, Bro-Cos, Mannheim 1987.

Čierna nad Tisou

Čierna nad Tisou – ist eine slowakische Kleinstadt im Dreiländereck zwischen der Slowakei, der Ukraine und Ungarn. Vom 29. Juli bis zum 1. August 1968 fanden in der Grenzstadt zwischen der Tschechoslowakei und der Sowjetunion bilaterale Verhandlungen zwischen Vertretern des sowjetischen Politbüros und der tschechoslowakischen Regierung statt. Zu den Teilnehmern gehörten unter anderem Leonid Brežnev, Alexej Kossygin, Nikolaj Podgorny, Alexander Dubček und Ludvík Svoboda. Für die Sowjetunion waren die Verhandlungen der letzte Versuch, dem Prager Frühling und Dubčeks Reformkurs ohne Anwendung von Gewalt Einhalt zu gebieten. Den beiden Seiten gelang, in Čierna nad Tisou zumindest eine kurzfristige Einigung zu erreichen, die wenig später in Bratislava ratifiziert wurde.

Verwendete Literatur:

Schulze Wessel, Martin, Der Prager Frühling. Aufbruch in eine neue Welt. Stuttgart 2018, 271-280.

Dubček, Alexander

Alexander Dubček (1921-1992) – war ein tschechoslowakischer Politiker und eine der zentralen Figuren des Prager Frühlings. Dubček wuchs größtenteils in der UdSSR auf, wo sein Vater im Rahmen der „Internationalen Arbeiterhilfe“ als Tischler tätig war. In den 1930er Jahre machte er eine Ausbildung zum Schlosser. 1939 trat er der illegal gegründeten Kommunistischen Partei der Slowakei (Komunistická strana slovenska – KSS) bei und war im antifaschistischen Widerstand tätig. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs begann sein Aufstieg innerhalb der KSČ. 1958 vollendete er sein Studium an der Parteihochschule des Zentralkomitees (ZK) der KPdSU in Moskau mit Auszeichnung. Danach studierte er an der juristischen Fakultät der Comenius-Universität in Bratislava und beschloss sein Studium mit einer sozialwissenschaftlichen Dissertation.

Am 6. Januar 1968 wurde er zum neuen Ersten Sekretär des ZK der KSČ gewählt und avancierte in der ersten Hälfte des Jahres 1968 zur Symbolfigur des Prager Frühlings. Nach dessen Niederschlagung wurde er nach Moskau verschleppt und gezwungen das "Moskauer Protokoll", das alle Reformprozess in der ČSSR beenden sollte, zu unterschreiben.

Im Gegensatz zu vielen seiner Mitstreiter distanzierte er sich nie von seinem Engagement für den Reformsozialismus. Aus der KSČ wurde er ausgeschlossen. Daraufhin war er als Aufsicht im Fuhrpark eines Forstbetriebs in Bratislava tätig, wo er bis zu seiner Pensionierung 1986 arbeitete.

Dubček unterstützte 1989 die Protestbewegung und den demokratischen Umbruch. Dass danach keine zentrale Rolle mehr spielte, lag auch daran, dass seine Person in den Augen vieler Menschen zu stark mit dem Kommunismus verknüpft war. Dennoch wurde er Parlamentspräsident, trat allerdings im Juli 1991 zurück, da er die slowakischen Abspaltungsbestrebungen nicht unterstützte.

Dubček starb am 7. Oktober 1992 an den Folgen eines Autounfalls.

Verwendete Literatur:

„Dubček, Alexander“ in: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, zuletzt abgerufen von Bayerische Staatsbibliothek Bestandsentwicklung und Erschließung 2 am 31.8.2018.

Kommunističeskaja Partija Sovjetskogo Sojusa

Kommunističeskaja Partija Sovjetskogo Sojusa (KPSS) [Kommunistische Partei der Sowjetunion, KPdSU] – war die regierende Partei der Sowjetunion. Sie ging 1925 aus der seit 1918 existierenden Kommunistischen Partei Russlands (Bolschewiki) hervor und verfolgte das Ziel, die marxistisch-leninistische Ideologie zu verwirklichen. Die KPdSU war eine Kaderpartei, die sich nach den Grundsätzen des sogenannten demokratischen Zentralismus organisierte. Höchstes Parteiorgan war der Parteitag, der das Zentralkomitee als Leitorgan für fünf Jahre wählte. Aus diesem gingen die beiden höchsten Entscheidungsgremien, das Politbüro und das Sekretariat des ZK, hervor. Das Machtmonopol der KPdSU wurde 1990 aufgehoben, nach dem Putschversuch vom August 1991 wurde die Partei verboten.

Verwendete Literatur:

„Kommunistische Partei der Sowjetunion“ in: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 12, Kir-Lag, Mannheim 1990.

„Tschistka“ in: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 22, Tep-Ur, Mannheim 1993.

Radio Free Europe

Radio Free Europe – auch Radio Liberty genannt, wurde während des Kalten Krieges gegründet, um unzensierte Informationen an das Publikum hinter dem „Eisernen Vorhang“ zu bringen. Heute berichten Journalisten aus 20 Ländern, in denen die Pressefreiheit eingeschränkt ist, für den vom amerikanischen Kongress finanzierten Radiosender.

Verwendete Literatur:

Bischof, Anna: Voices of Freedom - Western Interference? 60 years of Radio Free Europe, Göttingen 2015.

Svoboda, Ludvík

Ludvík Svoboda (1895-1979) – war ein tschechoslowakischer General und von 1968 bis 1975 Staatspräsident der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. Während des Ersten Weltkriegs desertierte er an der Ostfront aus der österreich-ungarischen Armee und schloss sich der tschechoslowakischen Legion in Russland an. Während des Zweiten Weltkriegs war er Befehlshaber des ersten tschechoslowakischen Bataillons, das  an der Seite der Sowjetunion gegen das nationalsozialistische Deutschland kämpfte. In der Nachkriegstschechoslowakei war er Verteidigungsminister und kurzzeitig stellvertretender Ministerpräsident. 1950 wurde er von diesem Amt abberufen, vor Gericht gestellt und inhaftiert. Seine Rehabilitierung erfolgte 1954. Svoboda, der große Popularität in der Bevölkerung genoss, wurde am 30. März 1968 zum tschechoslowakischen Präsidenten gewählt. Nach der Invasion der Warschauer-Pakt-Staaten befahl er der tschechoslowakischen Armee, keinen Wiederstand zu leisten und setzte sich dafür ein, dass Alexander Dubček und die anderen in Moskau festgehaltenen Reformpolitiker wieder freikamen. Anders als diese blieb er im Amt. Er war bis 1975 Präsident der Tschechoslowakei.

Verwendete Literatur:

Jan Rataj (Hrsg.), Československo v proměnách komunistického režimu [Die Tschechoslowakei im Wandel des kommunistischen Regimes], Praha 2010.

Telegrafnoe agentstvo Sovetskogo Sojuza

Telegrafnoe agentstvo Sovetskogo Sojuza (TASS) [Telegrafenagentur der Sowjetunion] – ist eine im Jahr 1904 gegründete Nachrichtenagentur, die in der Sowjetunion und im heutigen Russland ansässig war bzw. ist. Während der kommunistischen Zeit war die TASS die einzige Nachrichtenagentur in der Sowjetunion, die Nachrichten ausländischer Dienste verbreiten durfte.

Verwendete Literatur:

TASS History, zuletzt abgerufen am 16.08.2018.

Warschauer Pakt

Warschauer Pakt – gegründet am 14. Mai 1955 unter der Bezeichnung „Warschauer Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ und auch Warschauer Vertragsorganisation genannt. Der Vertrag trat am 4. Juni 1955 in Kraft. In ihm sicherten ie kommunistischen Mitgliedsstaaten Albanien, Bulgarien, DDR, Polen, Rumänien, die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und Ungarn einander gegenseitige militärische Unterstützung zu. Damit stellte der Warschauer Parkt eine Gegenallianz zur westlichen North Atlantic Treaty Organization (NATO) dar. Formaljuristisch waren alle Mitglieder gleichberechtigt, de facto hatte die Sowjetunion das militärische Oberkommando. Diese nutzte den Vertrag auch zur Stationierung von Truppen in den Mitgliedsstaaten, um die eigenen Interessen dort besser durchsetzen zu können. Der Warschauer Pakt bestand bis 1991.

Verwendete Literatur:

„Warschauer Pakt“ in: Brockhaus Online.